# taz.de -- Vorstoß für Parität in Niedersachsen: Der schwache Wille der CDU | |
> Die Vorschläge der niedersächsischen SPD für ein Paritätsgesetz werden | |
> dank der mutlosen CDU wohl nur Vorschläge bleiben. Wie schade. | |
Bild: Trägt zur schlechten Frauenquote bei: Die CDU-Fraktion im niedersächsis… | |
Paritätsgesetze sind juristisch umstritten, ja. Die Parteienautonomie und | |
das Benachteiligungsverbot aufgrund des Geschlechts übertrumpfe [1][Artikel | |
3, Absatz 2 des Grundgesetzes], so die Kritik. Darin heißt es: „Der Staat | |
fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und | |
Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“ | |
Trotzdem haben Brandenburg und Thüringen 2019 mutig vorgelegt und | |
Paritätsgesetze verabschiedet, die bereits bei den nächsten Landtagswahlen | |
gelten und quotierte Landeslisten vorsehen. CDU und AfD stimmten in beiden | |
Landtagen gegen das Gesetz – weil es verfassungswidrig sei. | |
Aber noch hat das Bundesverfassungsgericht nicht geurteilt – und über was | |
sollte es urteilen, wenn die Landtage aus Sorge, es könnte kassiert werden, | |
erst gar nichts beschließen? Paritätsgesetze sind die logische Konsequenz | |
auf ein massives Problem mit der gesellschaftlichen Repräsentanz in den | |
Parlamenten: Die Frauenquoten von [2][gut 30 Prozent im Bundestag] und von | |
[3][20 bis 40 Prozent in den Landtagen] sprechen für sich. | |
Und es hat sich gezeigt, dass Selbstverpflichtungen keinen | |
zufriedenstellenden Effekt haben. Auch wenn die niedersächsische CDU sagt, | |
sie sei auf einem guten Weg: [4][Ihre männlich dominierte Landesliste und | |
zahlreiche Direktkandidaten] sagen etwas anderes. Und dabei erkennt die | |
Partei das Problem ja an, wie sie behauptet. Sie traut sich jedoch nicht, | |
eine gewagte, aber naheliegende Lösung mitzutragen. Das ist mutlos. | |
## Niedersachsen könnte Neuland beschreiten | |
Sollten die Paritätsgesetze tatsächlich vom Bundesverfassungsgericht | |
kassiert werden, so kann dem vom Gesetzgeber mit einer Grundgesetzänderung | |
begegnet werden. Selbigen Weg beschritt Frankreich bereits im Jahr 2000, um | |
den Weg für ein Paritätsgesetz freizumachen. Und die Präzedenzwirkung eines | |
Urteils aus Karlsruhe, welches den Grundsatz der Geschlechtergerechtigkeit | |
höher gewichtet als die Parteienautonimie, ist leicht auszumalen. | |
Ebenfalls verfassungsrechtlich kritisch: die Rolle des dritten Geschlechts. | |
Hier kann sich Niedersachsen aber an Brandenburg und Thüringen orientieren, | |
wo Menschen, die sich weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht | |
zuordnen, auf allen Listenplätzen kandidieren dürfen. So könnte in | |
Niedersachsen künftig in einem Wahlkreis etwa eine Trans*-Person der SPD | |
und eine Frau der CDU gewinnen. Alles machbar also, genauso wie monetäre | |
Sanktionen für Parteien, die einfach nicht genug Frauen zu finden meinen. | |
Mit zwei Vorschlägen könnte die SPD in Niedersachsen sogar Neuland | |
beschreiten, denn sie wollen im Gegensatz zu Thüringen und Brandenburg die | |
Direktmandate antasten, nicht nur die Landeslisten. Dies bietet mehr | |
Kritikpunkte, aber auch weit mehr erhoffte Wirkung. | |
Aber soweit ist Niedersachsen wohl noch nicht. Dank der CDU wird das Land | |
in dieser Legislaturperiode wohl nicht mehr mit Brandenburg und Thüringen | |
gleichziehen. Vieles ist am Ende eben eine Frage des politischen Willens. | |
9 Jan 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://www.bundestag.de/gg | |
[2] https://www.bundestag.de/abgeordnete/biografien/mdb_zahlen_19/frauen_maenne… | |
[3] https://www.lpb-bw.de/frauenanteil-laenderparlamenten#c46221 | |
[4] /Fraktionsvorstand-als-Maennerdomaene/!5643735 | |
## AUTOREN | |
Alina Götz | |
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