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# taz.de -- SPD Niedersachsen für Paritätsgesetz: Mehr Frauen durch Wahlrecht…
> Mit einem Paritätsgesetz will die niedersächsische SPD die Frauenquote im
> Landtag anheben. Wie das Gesetz aussehen könnte, soll nun diskutiert
> werden.
Bild: Frau, Mann oder drittes Geschlecht? Ist bei einer Wahlrechtsreform mitzud…
Bremen taz | Um die Frauenquote im Niedersächsischen Landtag künftig zu
erhöhen, hat die SPD Vorschläge für eine Wahlrechtsreform vorgelegt. Eine
Anfang 2019 aus Vorstands- und Fraktionsmitgliedern gegründete
Arbeitsgruppe der Landespartei, geleitet von der Landtagsabgeordneten und
stellvertretenden SPD-Landesvorsitzenden Petra Tiemann, stellte am Dienstag
drei Modelle vor, die nun innerparteilich und mit zivilgesellschaftlichen
Akteur*innen diskutiert werden sollen.
Der [1][Frauenanteil im Niedersächsischen Landtag] mit seinen insgesamt 137
Abgeordneten beträgt derzeit nur knapp 30 Prozent. Gründe dafür liegen in
der Besetzung der Landeslisten, aber auch in der Vergabe der Direktmandate,
für die in der Regel mehr Männer als Frauen aufgestellt werden. Gerade bei
SPD und CDU, die klassischerweise bei Wahlen viele Direktmandate gewinnen,
ist die Frauenquote also dementsprechend niedrig.
Hier setzen die jetzt vorgelegten Vorschläge der SPD an. Es gibt das
„Paritätische Wahlkreismodell“ und das „Ausgleichsmodell“. Das
„Paritätische Wahlkreismodell“ sieht eine Reduzierung der Wahlkreise in
Niedersachsen von 87 auf 50 vor. In diesen Wahlkreisen sollten dann, so die
Idee, zwei Direktmandate, jeweils an eine Frau und einen Mann, vergeben
werden.
Dann splittet sich die Idee vom „Paritätischen Wahlkreismodell“ in zwei
weitere Varianten auf: Die erste Variante sieht vor, dass die Kandidaten
und Kandidatinnen unabhängig von ihrer Partei gewählt werden, sodass
beispielsweise die Wahl einer Frau von der CDU und die Wahl eines Mannes
von der SPD im selben Wahlkreis möglich wäre. Wähler*innen könnten künftig
drei Stimmen vergeben – für eine Frau, einen Mann und für die Landesliste
einer Partei.
In der zweiten Variante könnten die Parteien paritätisch besetzte
Kandidat*innen-Duos aufstellen, die auch nur gemeinsam wählbar wären. Hier
bliebe es bei zwei Stimmen – eine für ein Duo und eine für die Landesliste.
Das „Ausgleichsmodell“, das die SPD auch vorschlägt, sieht keine
Wahlkreisreform vor. Es setzt bei der Vergabe der Listenplätze an: Erzielt
eine Partei mehrheitlich männlich besetzte Direktmandate, ziehen über die
Landesliste so viele Frauen in den Landtag ein, bis die
Geschlechterverteilung ausgeglichen ist.
Bisher sieht [2][das niedersächsische Wahlrecht] zwei Stimmen für jeden
Wähler und jede Wählerin vor: Mit der Erststimme wird ein*e
Direktkandidat*in für den jeweiligen Wahlkreis gewählt, mit der Zweitstimme
die Landesliste einer Partei. Die Besetzung des Landtages erfolgt zunächst
mit den direkt gewählten Personen, je nach Stimmverteilung nach
Zweitstimmen wird über die Landesliste aufgestockt.
Die zweite Variante des „Paritätischen Wahlkreismodells“, bei dem die
Wähler*innen zwei Stimmen hätten, würde eine Näherung an eine vollständige
Parität, innerhalb des Landtags und der einzelnen Fraktionen, ermöglichen,
erklärt Petra Tiemann.
Da es in allen drei Reformvorschlägen der SPD aber zu einer Aufstockung der
Mandate über die Landeslisten kommen könne, sei eine Besetzung der
Listenplätze im sogenannten Reißverschlussverfahren nötig – also
abwechselnd mit Frauen und Männern. Derzeit vergeben lediglich SPD, Grüne
und Linke ihre Listenplätze paritätisch, die CDU stellte bei der letzten
Landtagswahl immerhin auf jedem dritten Platz eine Frau auf.
Die Vorschläge des Arbeitskreises liegen nun in den Parteibezirken, die
sich bis Ende Februar positionieren können, sagt Tiemann. „Auf die Debatte
schaue ich mit Spannung, Wahlkreisreformen sind immer eine umstrittene
Veränderung.“
## Rechtliche Prüfung der Modelle soll nach Beratung folgen
[3][Anfang nächster Woche] sollen die Modelle mit Fachleuten außerhalb der
Partei, mit Frauenverbänden und Gewerkschaften, diskutiert werden. „Wenn
alles nach Plan läuft, können wir auf Grundlage der Rückmeldungen dem
Landesvorstand einen Vorschlag unterbreiten, der dann auf dem
Landesparteitag im April diskutiert werden kann“, sagt Tiemann.
Da einige der vorgeschlagenen Modelle [4][juristisch nicht unumstritten]
sind, werde die Partei am Ende der Debatte eine rechtliche Bewertung
vornehmen, erklärt sie weiter. Dabei müsse es darum gehen, ob ein
verändertes Wahlrecht trotzdem noch den Wähler*innenwillen abbilde – und,
wie die Einbindung des dritten Geschlechts gelingen könne.
Dass das Vorhaben noch in dieser Legislaturperiode in einen
Gesetzesvorschlag gegossen wird, ist unwahrscheinlich. „Es geht erst einmal
um die Bekenntnis, das Problem anzugehen, dann um die Entscheidung für
einen Weg“, sagt Tiemann.
Zudem zeigt sich der Koalitionspartner kritisch: Kai Seefried,
Generalsekretär der niedersächsischen CDU, sagt der taz: „Wir wollen die
Erhöhung des Frauenanteils in der Politik als Schwerpunktaufgabe der
Parteien durch ein Maßnahmenbündel aus Anreizen, Förderprogrammen und
Selbstverpflichtungen erreichen.“
9 Jan 2020
## LINKS
[1] https://www.landtag-niedersachsen.de/statistik/
[2] https://www.wahlrecht.de/landtage/niedersachsen.htm
[3] https://www.spdnds.de/termin/pariteveranstaltung/
[4] /Geschlechtergerechtigkeit-im-Parlament/!5625526
## AUTOREN
Alina Götz
## TAGS
SPD Niedersachsen
Parité-Gesetz
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Frauenquote
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Lesestück Recherche und Reportage
Schwerpunkt Landtagswahlen
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