# taz.de -- Vor den Wahlen in Belarus: Regierung bleibt lieber unbeobachtet | |
> Für OSZE-Beobachter*innen hat die Regierung in Belarus keine Einladung | |
> ausgesprochen. Man wolle die Wahl „für sich selbst durchführen“. | |
Bild: Der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko in einem Wahllokal in … | |
BERLIN taz | In Belarus werden die sogenannten Parlaments- und | |
Kommunalwahlen am 25. Februar 2024 erneut ohne Beobachter*innen der | |
Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) | |
stattfinden. Laut Andrei Dapkiunas, belarussischer Vertreter bei der OSZE | |
sowie weiterer internationaler Organisationen in Wien, habe die Regierung | |
Minsk dem Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte (OHDIR) | |
mitgeteilt, dass keine entsprechende Einladung ausgesprochen werde. | |
Zuvor hat der Chef der belarussischen Zentralen Wahlkommission (ZIK), Igor | |
Karpenko, gesagt, dass Belarus die Wahlen „für sich selbst durchführe“. U… | |
es sei geplant, Vertreter*innen von Wahlkommissionen aus Ländern der | |
Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) als Beobachter*innen | |
zuzulassen. Der GUS gehören zehn [1][Nachfolgestaaten der Sowjetunion an – | |
darunter Russland]. | |
Die OSZE reagierte umgehend. Minsks Entscheidung widerspreche dem Prinzip | |
der Transparenz, die für die Durchführung demokratischer Wahlen wichtig | |
sei, heißt es in einer Erklärung der OSZE. „Sie steht im Widerspruch zu den | |
von Belarus eingegangenen Verpflichtungen und widerspricht sowohl dem | |
Buchstaben als auch dem Geist der Zusammenarbeit, auf denen die OSZE | |
basiert“, sagte der Direktor des OHDIR Matteo Mecacci. | |
Führende Vertreter*innen der größtenteils exilierten belarussischen | |
Opposition forderten ihre Landsleute in Belarus dazu auf, die Abstimmung zu | |
boykottieren. Bereits von der Präsidentenwahl am 9. August 2020 waren | |
OSZE-Beobachter*innen ausgeladen worden. Damals wollte der autoritäre | |
Staatschef Alexander Lukaschenko mit 80 Prozent der Stimmen gewonnen haben. | |
Die Wahl wurde von wochenlangen Massenprotesten begleitet. | |
## Lebenslange Privilegien für Lukaschenko | |
Zur geplanten belarussischen „Privatveranstaltung“ passt auch eine | |
Entscheidung Lukaschenkos, der [2][seit 1994 im Amt ist], vor wenigen | |
Tagen. Er unterzeichnete ein Gesetz, das dem Staatschef sowie seiner | |
Familie lebenslange Immunität vor Strafverfolgung garantiert. | |
Die Betreffenden erhalten lebenslangen staatlichen Schutz, medizinische | |
Versorgung sowie eine Lebens- und Krankenversicherung. Nach seinem | |
Rücktritt wird der Präsident ständiges Mitglied des Oberhauses des | |
Parlaments sein – auch das lebenslang. | |
Bei Präsidentschaftswahlen – die nächste soll 2025 stattfinden – dürfen … | |
Kandidat*innen antreten, die mindestens 20 Jahre ständig in Belarus | |
gelebt haben und nie im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis eines anderen | |
Landes waren. Das schließt [3][oppositionelle Bewerber*innen von einer | |
Kandidatur] aus. | |
Die Massenproteste 2020 gegen die gefälschte Präsidentenwahl hatte das | |
Regime mit äußerster Brutalität niederschlagen lassen. Mehr als 35.000 | |
Menschen wurden festgenommen. Viele wurden in der Haft gefoltert oder | |
verließen das Land. Angaben der belarussischen Menschenrechtsorganisation | |
Vjasna (Frühling) zufolge sind derzeit 1.420 politische Gefangene im | |
Gefängnis, darunter der Träger des Friedensnobelpreises von 2022 Ales | |
Bjaljazki. | |
Im Zusammenhang mit Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine wird | |
Lukaschenko beschuldigt, in die Verschleppung ukrainischer Kinder nach | |
Russland verstrickt zu sein. Die belarussische Opposition fordert, in | |
diesen Fällen zu ermitteln. „Lukaschenko hat das Schicksal tausender | |
Belaruss*innen ruiniert“, zitiert der britische Guardian die | |
Oppositionspolitikerin Swetlana Tichanowskaja. „Er wird nach | |
internationalem Recht bestraft und keine Immunität wird ihn davor schützen. | |
Das ist nur eine Frage der Zeit.“ | |
9 Jan 2024 | |
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## AUTOREN | |
Barbara Oertel | |
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