# taz.de -- Verstoß von „CDUconnect“ gegen DSGVO: Prüfverfahren gegen CDU… | |
> Die Partei erhob in ihrer Wahlkampf-App Daten tausender Menschen. Nun | |
> prüft die Berliner Datenschutzbeauftragte einen Verstoß gegen die DSGVO. | |
Bild: Womöglich wird es für die CDU wegen ihrer Wahlkampf-App bald richtig te… | |
Berlin taz | Die Berliner Landesdatenschutzbeauftragte prüft, ob die | |
CDU-Wahlkampf-App „CDUconnect“ womöglich gegen die | |
Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) verstößt, wie aus einer Antwort der | |
Behörde auf die Aktivistengruppe „UnionWatch“ [1][auf Twitter hervorgeht]. | |
Ziel sei es, zu prüfen, ob die App den Anforderungen des Datenschutzes | |
entsprochen hat. Die Behörde bezieht sich in ihrer Antwort [2][auf den | |
externen Prüfbericht der IT-Sicherheitsexpertin Lilith Wittmann], die im | |
Mai auf massive Sicherheitslücken in der App hinwies. | |
Daraufhin hatte die CDU Anzeige erstattet, das Landeskriminalamt Berlin | |
ermittelt seitdem gegen die ehrenamtliche IT-Sicherheitsforscherin. Nach | |
massivem öffentlichen Druck zog die CDU die Anzeige zurück und | |
entschuldigte sich bei Wittman. | |
Unklar ist, ob auch das Verfahren eingestellt wird. Bis Donnerstagvormittag | |
gab die Staatsanwaltschaft Berlin dazu keine Stellungnahme ab. Wittmann | |
[3][sammelt Gelder für die Strafverteidigung]. Mehr als 2.300 Euro sind | |
laut Patreon für die Anzahlung der Strafverteidigung bislang | |
zusammengekommen. | |
## Bußgelder in Millionenhöhe | |
Im Mai 2021 hatte die Sicherheitsforscherin in der CDU-Wahlkampf-App | |
„CDUconnect“ gravierende Sicherheitslücken entdeckt und den zuständigen | |
Behörden weitergeleitet: dem Bundesamt für Sicherheit in der | |
Informationstechnik, der Berliner Datenschutzbeauftragten und den | |
verantwortlichen Stellen in der Union. | |
Die CDU nutzt „CDUconnect“, um den Haustür-Wahlkampf digital zu | |
koordinieren. Dabei werden Daten erfasst, etwa ob die Haustür geöffnet | |
wurde oder nicht und welche die politischen Meinungen zur CDU im | |
entsprechenden Haushalt waren. Die CDU bestritt vor Wittmanns Nachhaken, | |
dass die App überhaupt Daten erhebe. | |
Witmann bewies nicht nur das Gegenteil. [4][Mit ein paar Kniffen konnte sie | |
sogar auf den Datensatz zugreifen]. So waren persönliche Daten von 18.500 | |
Wahlkampfhelfer:innen mit Fotos und Mailadresse, bei 1.350 | |
CDU-Unterstützer:innen sogar die Adresse, Geburtstage und Interessen, | |
ungeschützt im Netz einsehbar. [5][In Googles Play Store] verzeichnet | |
„CDUconnect“ eine Wertung von 1,4 von 5 Sternen – „Die App zeigt perfekt | |
die Kompetenz der CDU im Internet“, schreibt ein User. | |
Auch mitgeschriebene Gesprächsverläufe konnte die Sicherheitsforscherin | |
einsehen. „Bundeskanzler soll ein Mann sein und keine links-grün versiffte | |
Frau“, sagte etwa eine 50-Jährige aus Göttingen den CDU-Mitarbeitenden. | |
Wittmann konnte zudem auf die Daten von rund 500.000 befragten Personen | |
zugreifen. Daraufhin wurde die unsichere Datenbank zwischenzeitlich vom | |
Netz genommen, die CDU versprach, die Fehler zu beheben. | |
Da es sich bei den Daten auch um besondere Kategorien im Sinne von Artikel | |
9 der DSGVO handele, also etwa politische Meinungen und weltanschauliche | |
Überzeugungen, „besteht die Möglichkeit, dass ein hohes Risiko für die | |
persönlichen Rechte und Freiheiten einer Vielzahl von natürlichen Personen | |
bestanden hat“, sagt die Landesdatenschutzbeauftragte. | |
Verstöße gegen die DSGVO können Bußgelder von bis zu 20 Millionen Euro oder | |
bis zu 4 Prozent des Jahresumsatzes des Unternehmens verhängt werden. | |
## CCC wünscht CDU viel Glück | |
„Schon im Austausch mit der Sicherheitsforscherin stellte die CDU | |
rechtliche Schritte in Aussicht; ein häufiger erster Impuls aus Frustration | |
und Inkompetenz“, sagt Linus Neumann, Sprecher des CCC. | |
Der CCC kritisiert das Vorgehen der CDU [6][in seiner Stellungnahme] | |
scharf. So verstoße die Partei gegen das in der IT-Sicherheitskultur | |
etablierte [7][Prinzip der responsible disclosure]. Der Ausdruck bezeichnet | |
das Verfahren, wenn Entdecker:innen die Sicherheitslücken an die | |
zuständigen Stellen weiterleiten und die Lücken erst öffentlich machen, | |
wenn sie behoben sind. Normalerweise wird den Entdecker:innen gedankt, | |
manchmal eine Belohnung gezahlt, mitunter [8][sogar in Millionenhöhe]. | |
Nicht bei der CDU. Die „Shooting the Messenger“-Strategie der Union | |
kritisiert der CCC. Anstatt die Sicherheitslücken einer App zu schließen, | |
werde die Person angegriffen, die auf das Problem hinwies. | |
„Das macht die CDU nicht nur in diesem Fall, sondern auch mit der | |
Digitalisierung und anderen wichtigen politischen Problemfeldern“, sagt | |
Neumann. Insofern sei dieses destruktive Vorgehen nur konsequent. Um | |
künftige rechtliche Auseinandersetzungen mit der CDU zu vermeiden, will der | |
CCC künftig auf das Melden von Sicherheitslücken bei der CDU verzichten. | |
Für künftige IT-Probleme wünscht Neumann der Partei viel Glück. | |
Der Artikel wurde am 06.08.2021 um 09:45 Uhr aktualisiert. | |
4 Aug 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://twitter.com/watch_union/status/1423331396320432133 | |
[2] https://lilithwittmann.medium.com/wenn-die-cdu-ihren-wahlkampf-digitalisier… | |
[3] https://twitter.com/LilithWittmann/status/1422997468439007233?s=20 | |
[4] https://lilithwittmann.medium.com/wenn-die-cdu-ihren-wahlkampf-digitalisier… | |
[5] https://play.google.com/store/apps/details?id=de.connect17.app&hl=de&am… | |
[6] https://www.ccc.de/de/updates/2021/ccc-meldet-keine-sicherheitslucken-mehr-… | |
[7] https://en.wikipedia.org/wiki/Responsible_disclosure | |
[8] https://www.forbes.com/sites/daveywinder/2019/12/20/apple-confirms-iphone-h… | |
## AUTOREN | |
Denis Gießler | |
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