| # taz.de -- Umweltzerstörung in den USA: Osceola kämpft gegen Nestlé | |
| > Eine US-Gemeinde in Michigan verteidigt ihre Wasserquelle gegen den | |
| > Schweizer Lebensmittelkonzern. Der zahlt nur ein Almosen für die | |
| > Förderrechte. | |
| Bild: Die US-Bürger wollen immer mehr abgefülltes Wasser – Nestlé sitzt an… | |
| Osceola Township afp | In der winzigen US-Gemeinde Osceola Township ist ein | |
| Kampf ums Quellwasser entbrannt: Viele Einwohner machen den Schweizer | |
| Nahrungsmittelkonzern Nestlé für Umweltschäden verantwortlich und stemmen | |
| sich gegen Pläne des Unternehmens, mehr Wasser aus der örtlichen Quelle zu | |
| zapfen. | |
| Die pensionierte Lehrerin Maryann Borden lebt seit 1953 in dem Dorf im | |
| Westen des US-Bundesstaats Michigan und hat auf Fotos die Veränderungen im | |
| Twin Creek River dokumentiert, seit Nestlé in den frühen 2000er Jahren mit | |
| der Entnahme von Wasser für seine Marke „Ice Mountain“ begann. „Es ist | |
| nicht mehr derselbe Bach“, sagt die 73-Jährige. „Er ist enger und tiefer | |
| und deshalb wärmer“ – verglichen mit dem „beißend kalten“ Wasser ihrer | |
| Jugend. | |
| Konkret geht es um eine Pumpverstärkerstation, die Nestlé in dem | |
| 900-Einwohner-Ort etwa vier Stunden nördlich von Detroit bauen will. Sollte | |
| die Umweltbehörde von Michigan grünes Licht geben, könnte das Unternehmen | |
| damit künftig gut 1500 Liter Wasser pro Minute fördern – statt knapp 950 | |
| Liter wie bisher. Im Januar legte der Gemeinderat Berufung gegen die | |
| Entscheidung eines Bezirksgerichts ein, das für Nestlé entschieden hatte. | |
| „Sie müssen kein Geologe oder Hydrologe sein, um diese Wasserstände zu | |
| sehen: Die Grundwasserspiegel sind heute niedriger als vor zwei Jahren“, | |
| warnt Ortsvorsteher Tim Ladd. | |
| Nestlé will davon nichts wissen: „Es gibt keine messbaren Veränderungen an | |
| den Bächen und dem Leben im Gewässer“, betont Arlene Anderson-Vincent, | |
| Managerin für natürliche Ressourcen bei Nestlé Waters North America. | |
| Vielmehr würden nahe gelegene Dämme „diese Bäche beeinflussen“. Der | |
| Lebensmittelriese verweist auf eigene Untersuchungen, die diese Haltung | |
| untermauern – unabhängige Studien gibt es nicht. | |
| ## Sich bereichern für 200 Dollar im Jahr | |
| Viele Bürger der Gemeinde, die 2016 mehrheitlich für Präsident Donald Trump | |
| votierte, fühlen sich ausgebeutet und werfen dem mächtigen Konzern | |
| Profitgier vor: Für die Förderung von fast 500 Millionen Liter Wasser | |
| jährlich bezahlt Nestlé lediglich 200 Dollar (162 Euro) pro Jahr an den | |
| Staat Michigan. Andere US-Staaten haben ähnliche Vereinbarungen mit | |
| multinationalen Unternehmen: Solange Coca-Cola oder PepsiCo selbst für die | |
| Infrastruktur aufkommen, können sie für ein Almosen unbegrenzte Mengen | |
| Wasser fördern. | |
| „[1][Nestlé] ist weltweit bekannt dafür, in arme ländliche Gemeinden zu | |
| gehen, alle möglichen wirtschaftlichen Vorteile zu versprechen, aus denen | |
| dann nichts wird, so viel Wasser zu entnehmen, wie sie kriegen können, und | |
| dann zu verschwinden, wenn die Quellen versiegen“, sagt die Vorsitzende der | |
| Bürgervereinigung für Wasserschutz in Michigan, Peggy Case. | |
| Nach eigenen Angaben gibt Nestlé in Michigan jährlich 18 Millionen Dollar | |
| aus, davon 2,4 Millionen Dollar Steuern 2016. In seinem Werk im Bezirk | |
| Mecosta sind 280 Leute beschäftigt, 50 davon wohnen im 40 Minuten | |
| entfernten Osceola Township. Der Ortsvorsteher der Gemeinde Evart, Zackary | |
| Szakacs, lobt den Konzern für die niedrigen Leitungswasserkosten der | |
| Region: „Sie tragen dazu bei, unsere Wasserpreise für die ärmeren Bewohner | |
| niedrig zu halten.“ Nachdem 2015 in einigen Quellen die Chemikalie | |
| Perchlorat gefunden wurde, finanzierte Nestlé die Sanierung. | |
| Der Lebensmittelgigant will von der steigenden Nachfrage nach Tafelwasser | |
| auf dem US-Markt profitieren: Im Großhandel überholten die Umsätze für | |
| Tafelwasser 2016 mit 16,4 Milliarden Dollar erstmals die von Softdrinks mit | |
| 12,5 Milliarden, erklärt das US-Beratungsunternehmen Beverage Marketing. | |
| Gleichzeitig wird der Zugang zu Trinkwasser immer problematischer: Nach | |
| einer Studie der Michigan State University 2017 könnte Leitungswasser für | |
| bis zu 36 Prozent der US-Haushalte innerhalb der nächsten fünf Jahre | |
| unerschwinglich werden. | |
| 11 Feb 2018 | |
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