# taz.de -- Überblick zu Bundestagsbeschlüssen: Mehr Geld für alle | |
> Der Bundestag hat Steuererleichterungen beschlossen. Darunter die | |
> Verlängerung der Homeoffice-Pauschale, das 9-Euro-Ticket, Tankrabatt | |
> sowie Boni für Pflegepersonal. | |
Bild: Hat mehrere Wege freigemacht: Der deutsche Bundestag | |
## Steuererleichterungen für Bürger und Wirtschaft | |
Zur Abfederung der Corona-Folgen hat der Bundestag am Donnerstag mehrere | |
Steuererleichterungen für Bürger und Wirtschaft beschlossen. Damit wurden | |
unter anderem die Homeoffice-Pauschale und die Abgabefristen für die | |
Steuererklärung verlängert. [1][Corona-Boni für Beschäftigte in der | |
Pflege], in Krankenhäusern und Praxen bleiben bis 4.500 Euro steuerfrei. | |
Unternehmen bekommen bessere Möglichkeiten zur Abschreibung und Verrechnung | |
von Verlusten mit Gewinnen der Vorjahre. | |
Wer sich bei der Steuererklärung von einem Steuerberater helfen lässt, muss | |
die Erklärung für 2021 nun erst im August 2023 abgeben. Wer die | |
Steuererklärung selbst macht, bekommt bis Ende Oktober Zeit. Der Bund | |
erwartet durch die Hilfen in diesem Jahr Steuerausfälle von 235 Millionen | |
Euro. Bis 2026 sollen sie sich auf mehr als elf Milliarden summieren. Dem | |
Gesetz stimmte im Bundestag nicht nur die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen | |
und FDP zu, sondern auch die oppositionelle Union. Linke und AfD enthielten | |
sich. (dpa) | |
## Bau von Flüssigas-Terminals | |
Angesichts der deutschen Abhängigkeit von russischem Pipeline-Gas hat der | |
Bundestag Regelungen zu einem beschleunigten Bau von | |
[2][Flüssiggas-Terminals] beschlossen. Das Parlament stimmte am | |
Donnerstagabend mit den Stimmen der Koalition und auch der Union für das | |
Vorhaben, mit dem die Importe des verflüssigten Gases aus den USA oder der | |
arabischen Halbinsel deutlich erleichtert werden sollen. | |
Vorgesehen sind dafür Eingriffe in die sonst üblichen Genehmigungsprozesse. | |
Der Bau der Terminals und die Anbindung an das Gas-Leitungsnetz sollen mit | |
deutlich geringeren Auflagen verbunden sein, die sich an | |
EU-Minimalstandards orientieren. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung ist | |
beispielsweise bei den sogenannten Floating Terminals nicht mehr nötig. | |
Nach der erwarteten Billigung im Bundesrat am Freitag kann das Gesetz in | |
Kraft treten. | |
Begründet wird das Vorgehen mit der Ausnahmesituation in Deutschland | |
angesichts eines möglichen Stopps der Pipeline-[3][Gaslieferungen aus | |
Russland]. „Eine solche Gasmangellage muss mit allen Kräften vermieden | |
werden“, heißt es zur Begründung im Gesetz. „Im Ergebnis könnte die | |
staatliche Daseinsvorsorge- und die Energieversorgung für die Bürgerinnen | |
und Bürger der Bundesrepublik Deutschland dann nicht mehr gewährleistet | |
werden.“ | |
In Wilhelmshaven wurde bereits der symbolische erste Rammschlag für den Bau | |
eines Terminals gesetzt. Mit Hilfe des Gesetzes soll bereits im Winter | |
erstes Flüssiggas dort entladen werden. In Brunsbüttel ist ein ähnliches | |
Floating Terminal geplant. Es wird mit Hilfe eines Spezialschiffes genutzt, | |
das den flüssigen Brennstoff wieder in den Gas-Zustand zurückversetzt, | |
damit er in Leitungen eingespeist werden kann. In Brunsbüttel ist auch ein | |
festes Terminal geplant, dessen Bau aber mehrere Jahre dauern wird. | |
Bislang hat Deutschland überhaupt kein Flüssiggas-Terminal und die in | |
Nachbarländern sind bereits stark ausgelastet. Derzeit importiert | |
Deutschland noch etwa 35 Prozent seines Gas-Bedarfs aus Russland. Trotz der | |
geplanten Flüssiggas-Importe rechnet die Regierung noch bis 2024 mit einer | |
Abhängigkeit von russischem Gas. (rtr) | |
## Grünes Licht für Tankrabatt | |
Der Bundestag hat am Donnerstagabend grünes Licht für den [4][Tankrabatt] | |
gegeben. Die Abgeordneten stimmten mehrheitlich für den Gesetzentwurf der | |
Koalitionsfraktionen zur Senkung der Energiesteuer auf Kraftstoffe. Für den | |
Zeitraum von Juni bis August soll demnach die Energiesteuer auf Kraftstoffe | |
auf das europäische Mindestmaß sinken, damit die derzeit hohen Preise an | |
der Zapfsäule sinken. | |
Die Steuerentlastung für Benzin beträgt damit nach Angaben der Regierung | |
knapp 30 Cent pro Liter, für Diesel sind es 14 Cent pro Liter. Der Bund | |
rechnet mit verminderten Steuereinnahmen in Höhe von 3,15 Milliarden Euro. | |
Am Freitag steht der Tankrabatt auf der Tagesordnung des Bundesrats. Der | |
Rabatt gehört zum Entlastungspaket der Regierung, die damit die derzeit | |
hohe Inflation abfedern will. (afp) | |
## Finanzierung des Neun-Euro-Tickets | |
Der Bundestag hat am Donnerstagabend den Weg für das [5][Neun-Euro-Ticket] | |
im Bund freigemacht. Mit den Stimmen von SPD, Grünen, FDP und der Linken | |
votierte das Parlament für die Änderung des sogenannten | |
Regionalisierungsgesetzes. Der Gesetzentwurf der Ampel-Koalition sieht | |
zusätzliche Mittel zur Finanzierung des Öffentlichen Nahverkehrs für die | |
Länder in Höhe von 3,7 Milliarden Euro für dieses Jahr vor. Davon sind 2,5 | |
Milliarden Euro für das Neun-Euro-Ticket vorgesehen. | |
Mit dem Ticket sollen Bürgerinnen und Bürger von Juni bis August bundesweit | |
für neun Euro monatlich den Nahverkehr nutzen können. Es gehört zum | |
Entlastungspaket der Regierung, die damit die derzeit hohe Inflation etwas | |
abfedern und zugleich einen Anreiz zum Umstieg auf klimafreundliche | |
Verkehrsmittel bieten will. Am Freitag steht das Gesetz auf der | |
Tagesordnung des Bundesrats. | |
Im Vorfeld war erneut Kritik geäußert worden. Die Länder und auch viele | |
Verbände forderten grundsätzlich mehr Geld für den Nahverkehr. Der Bund | |
müsse die Länder auch bei den absehbaren Mehrkosten für zusätzliche Züge | |
und Personal unterstützen und Hilfen für die gestiegenen Dieselpreise | |
gewähren. Der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann | |
(Grüne) und sein bayerischer Kollege Christian Bernreither (CSU) warnten | |
gar vor einem Aus für das Ticket im Bundesrat. (afp) | |
## Bundestag beschließt Pflegebonus | |
Für die Belastungen in der Corona-Pandemie erhalten Pflegekräfte einen | |
Bonus. Der Bundestag beschloss am Donnerstagabend mit großer Mehrheit ein | |
entsprechendes Gesetz. Der Bund stellt dafür eine Milliarde Euro zur | |
Verfügung, je zur Hälfte für Prämien für Pflegerinnen und Pfleger in | |
Krankenhäusern und in der Altenpflege. Ausgezahlt werden soll die Prämie ab | |
Juli. | |
Dass Deutschland bisher die Pandemie habe bewältigen können, verdanke man | |
zu großen Teilen dem unermüdlichen Einsatz der Pflegekräfte, erklärte | |
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Neben dem Bonus bräuchten | |
Pflegekräfte aber auch deutlich bessere Arbeitsbedingungen und Bezahlung, | |
ergänzte er. | |
Dem Gesetz zufolge erhalten Altenpflegekräfte in Vollzeit eine Prämie in | |
Höhe von 550 Euro, andere Beschäftigte 370 Euro, wenn sie mindestens 25 | |
Prozent ihrer Arbeitszeit in der Pflege verbringen. Einen Bonus gibt es | |
auch für Auszubildende und Helferinnen und Helfer im | |
Bundesfreiwilligendienst. | |
Wie hoch die Prämie für Pflegekräfte im Krankenhaus ausfallen wird, ist | |
noch offen. Die Häuser müssen zunächst die Zahl der Anspruchsberechtigten | |
melden, auf deren Grundlage die Prämie berechnet wird. Infrage kommen | |
Pflegekräfte in Krankenhäusern, in denen im vergangenen Jahr mehr als zehn | |
Covid-19-Patienten behandelt wurden, die wiederum mehr als zwei Tage | |
beatmet werden mussten. | |
Das betrifft nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums 837 | |
Krankenhäuser in Deutschland. Für Intensivpflegekräfte soll der Bonus höher | |
ausfallen als für Pflegekräfte auf den Normalstationen, weil sie während | |
der Corona-Zeit unter besonders schwierigen Bedingungen und mit | |
persönlichem Risiko arbeiten mussten. (epd) | |
## Aussetzung von Hartz-IV-Sanktionen | |
Bis zum voraussichtlichen Inkrafttreten des von der Bundesregierung | |
geplanten Bürgergelds werden die Sanktionen für Sozialhilfeempfänger | |
entschärft. Mit den Stimmen von SPD, Grünen und FDP beschloss der Bundestag | |
am Donnerstag ein Gesetz zur Aussetzung der [6][Hartz-IV-Sanktionen] für | |
ein Jahr. Leistungskürzungen sind demnach nur noch nach einem wiederholten | |
Meldeversäumnis möglich und werden auf zehn Prozent des Regelbedarfs | |
begrenzt. | |
2019 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass eine Kürzung der | |
Grundsicherung um mehr als 30 Prozent das Existenzminimum gefährdet und | |
damit nicht zulässig ist. Die Pflicht zur Mitwirkung beurteilten die | |
Richter generell aber als verfassungsgemäß. | |
Zum nächsten Jahr will die Koalition aus SPD, Grünen und FDP ein | |
sogenanntes Bürgergeld einführen, das die bisherige Grundsicherung ablösen | |
und auch die sogenannten Mitwirkungspflichten von Arbeitslosen neu regeln | |
soll. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat einen Gesetzentwurf zur | |
Einführung des Bürgergelds für den Sommer angekündigt. | |
Die Union kritisierte die weitgehende Abschaffung der Sanktionen. Die Linke | |
forderte dagegen, auch die Sanktionen bei Meldeversäumnissen aufzugeben. | |
Das Moratorium wird nach Einschätzung der Bundesregierung Mehrausgaben von | |
rund zwölf Millionen Euro für dieses Jahr zur Folge haben. Der allergrößte | |
Teil – rund 11,6 Millionen Euro – entfällt dabei auf den Bund, der Rest auf | |
die Länder. (epd) | |
## Neubau von „Polarstern II“ | |
Der Bundestag macht den Weg frei für den lange erwarteten Bau des | |
Forschungsschiffes „Polarstern II“. Der Haushaltsausschuss genehmigte am | |
Donnerstag Zusatzmittel, damit das für die Klimaschutzforschung wichtige | |
Großprojekt ausgeschrieben werden kann. | |
Der Neubau soll 2027 die [7][alternde „Polarstern“ ersetzen], die zuletzt | |
als Basis der spektakulären Mosaic-Mission diente. Das Schiff trieb 2019/20 | |
ein Jahr lang im Eis um den Nordpol, während Wissenschaftler aus vielen | |
Ländern die Auswirkungen des Klimawandels erforschten. | |
Auf den lukrativen Auftrag für die „Polarstern II“ warten deutsche Werften | |
seit Jahren. Allerdings muss eine Bestellung im Wert von mehreren Hundert | |
Millionen Euro europaweit ausgeschrieben werden. Die Planungen für den | |
Neubau laufen seit 2012, doch 2020 wurde ein erster Anlauf zur Vergabe | |
abgebrochen. Damals war von einem Preis von etwa 500 Millionen Euro die | |
Rede. | |
Seitdem wurden die Anforderungen an Einsatzfähigkeit und | |
Umweltfreundlichkeit des Forschungseisbrechers noch einmal erweitert, so | |
dass das Schiff deutlich teurer werden dürfte. Das Alfred-Wegener-Institut | |
für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven als Betreiber des Schiffes | |
hat die Ausschreibung formuliert, zuständig ist das | |
Bundesforschungsministerium. Für das laufende Haushaltsjahr 2022 wurden | |
zwei Millionen Euro Zusatzmittel genehmigt. | |
„Mit der „Polarstern II“ wollen wir eines der modernsten und nachhaltigst… | |
Forschungsschiffe der Welt aufs Wasser bringen, welches neue, innovative | |
Technologien erprobt und wegweisende Grundlagenforschung ermöglicht“, | |
erklärten die Koalitionsabgeordneten Dennis Rohde (SPD), Sven-Christian | |
Kindler (Grüne) und Otto Fricke (FDP) in Berlin zu dem Beschluss. „Die | |
„Polarstern II“ ist essenziell für die Erforschung des Polarmeeres und die | |
Grundlagenforschung zum Klimawandel und dessen Folgen.“ (dpa) | |
## Mehr Geld für Kultur | |
Der Haushaltsausschuss des Bundestages hat den Kulturetat des Bundes | |
deutlich aufgestockt. Mehr als 120 Millionen Euro zusätzlich sollen | |
beispielsweise für Investitionen in Erhalt und Modernisierung von | |
Kulturdenkmälern beziehungsweise kulturellen Einrichtungen zur Verfügung | |
stehen, teilte der Bundestag am Donnerstag mit. Von sieben auf jetzt 66 | |
Millionen Euro wurden die Mittel für die Substanzerhaltung und | |
Restaurierung von unbeweglichen Kulturdenkmälern von nationaler Bedeutung | |
erhöht. Über die endgültige Freigabe muss allerdings noch entschieden | |
werden. | |
Für die Modernisierung, Sanierung oder Restaurierung von kulturellen | |
Einrichtungen, Objekten und Kulturdenkmälern sind im Haushalt zusätzliche | |
60 Millionen Euro vorgesehen. Insgesamt stehen dafür 99,8 Millionen Euro | |
zur Verfügung. | |
Auch die Mittel für das „Zukunftsprogramm Kino“ werden demnach von 15 auf | |
25 Millionen Euro erheblich erhöht. Gekürzt werden dagegen die Mittel für | |
das Berliner Humboldt Forum um fünf Millionen Euro auf 49,1 Millionen Euro. | |
In den Etat des Ostbeauftragten wird eine Million Euro für die Durchführung | |
eines Standortwettbewerbs und die Vorbereitung der Gründung des geplanten | |
„Zukunftszentrums für Deutsche Einheit und Europäische Transformation“ | |
eingestellt. (epd) | |
20 May 2022 | |
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