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# taz.de -- Bundestag debattiert über Pflegebonus: Ein „Danke“ nur als Ali…
> Der Bundestag befasst sich am Donnerstag mit dem Pflegebonus. Dieser sei
> zu kurz gegriffen, kritisieren Praxismitarbeiter*innen und
> Verbände.
Bild: Mehr Arbeitsbelastung durch Corona: Szene aus einem Pflegeheim in Baden-W…
Berlin taz | Zwei Jahre lang kümmerten sie sich um die Menschen, die wegen
einer schweren Coronaerkrankung nicht mehr zu Hause versorgt werden
konnten. Sie schlossen Beatmungsgeräte an und wieder ab, organisierten
[1][Schutzmaßnahmen] sowie die Verteilung und Betreuung anderer
Patient*innen – und das alles in einer vielerorts ohnehin [2][knappen
Personalsituation].
Pfleger*innen sollen nun für ihre „besonderen Leistungen während der
Coronapandemie“ honoriert werden: mit einer Prämie von 1.700 Euro für
Pfleger*innen im Krankenhaus, für Intensivpfleger*innen sogar
2.500 Euro. Altenpfleger*innen bekämen 550 Euro. Das [3][sieht das
Pflegebonusgesetz] vor, das die Bundesregierung beschlossen hat und das am
Donnerstag erstmals im Bundestag diskutiert wird. Es richtet sich an
Krankenhäuser und Altenpflegeeinrichtungen, die den Bonus steuerfrei und
einmalig an Pflegekräfte auszahlen sollen. Anderes medizinisches Personal
wie die Mitarbeiter*innen in Arztpraxen und Rettungsdiensten hingegen
gehen leer aus.
„Wir in den niedergelassenen Praxen werden vergessen und übergangen und
das, obwohl wir die meiste Arbeit damit haben“, sagt Bastian Thumser. Der
28-Jährige ist Medizinischer Fachangestellter, kurz MFA, in einem
medizinischen Versorgungszentrum in Unterfranken. In der Pandemie seien sie
die erste Anlaufstelle für Coronapatient*innen, erzählt er. Sie nähmen
PCR-Abstriche ab und kümmerten sich um die Impfungen, für die sie
zusätzliche Sprechstunden eingerichtet hätten.
Die Arbeitsbelastung sei durch Corona stark gestiegen. „Wir haben [4][alle
Überstunden gemacht,] das machen wir auch immer noch. Nach so einer 60-,
70-Stunden-Woche kann man einfach nicht mehr. Ich verstehe die Leute, die
in dieser Zeit ihren Beruf an den Nagel gehängt haben.“
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung fordert deshalb Boni auch für
Mitarbeiter*innen in den Arztpraxen und Steuerbefreiung für
Extra-Zahlungen, sodass Praxen vergleichbare Prämien eigenständig an ihre
Mitarbeiter*innen auszahlen können. Diese könnten die meisten Praxen
ohne staatlichen Zuschuss aber nicht stemmen, meint Bastian Thumser. Neben
den laufenden Kosten wären in der Pandemie zusätzliche Ausgaben für
Schutzausrüstung dazugekommen. „Und dann noch oben drauf ein Bonus für die
Mitarbeiter? Das ist schon sehr sportlich.“
## Boni auch für Therapeut*innen und Rettungssanitäter*innen
Dass der Bonus zu kurz greife, kritisiert auch die Opposition im Bundestag.
Die Unionsfraktion fordert deshalb in einem eigenen Antrag die Auszahlung
von 500 Euro für alle Vollzeitbeschäftigten im medizinischen Bereich, also
auch für Praxis- oder Rettungsdienstmitarbeiter*innen. Die Linke
will die Prämie auch auf Berufsgruppen wie Therapeut*innen und
Reinigungskräfte ausweiten. Auch sie hätten durch die Pandemie unter großem
Druck gestanden und sich bei ihrer Arbeit einer hohen Infektionsgefahr
ausgesetzt, sagt der Abgeordnete Ates Gürpinar.
Dass nur Kranken- und Altenpfleger*innen den Bonus bekommen sollen,
liegt am Budget: Eine Milliarde Euro stellt Bundesfinanzminister Christian
Lindner für die Auszahlung bereit – das Geld soll zu gleichen Teilen auf
den [5][Klinik- und den Altenpflegebereich] aufgeteilt werden.
„Die SPD-Bundestagsfraktion sowie der Bundesgesundheitsminister haben durch
verschiedene Anträge beim Bundesfinanzminister versucht, die Summe für
diesen Bonus zu erhöhen, um eine Grundlage für einen erweiterten
Bezugskreis zu schaffen. Dies war aber nicht erfolgreich“, räumt
SPD-Abgeordneter Andreas Philippi ein. Auf eine Summe, wie hoch der Bonus
stattdessen hätte sein müssen, möchte er sich nicht festlegen.
## Intensivpfleger*innen sollen mehr bekommen
Statt einer einmaligen Prämie könnten Steuererleichterungen für alle
Pflegekräfte helfen, sagt Jörn Wegner von der Deutschen
Krankenhausgesellschaft. Dass Intensivpfleger*innen mehr als
Pflegekräfte auf anderen Stationen erhalten sollen, lehnt der Verband ab.
Nach aktuellem Entwurf sieht das Gesetz vor, dass
Intensivpfleger*innen das anderthalbfache des Bonus für
Krankenpfleger*innen auf anderen Stationen bekämen.
„Dies führt zu enormen Abgrenzungsproblemen und zur Ungleichbehandlung der
Beschäftigten“, heißt es in einer Pressemitteilung. Der Verband empfahl
deshalb den Kliniken, die Boni gleichmäßig auf alle Pfleger*innen zu
verteilen. Dies will das Gesundheitsministerium jedoch verbieten – der
aktuelle Gesetzesentwurf sieht vor, dass die Kliniken die Verteilung nach
dem vorgesehenen Schlüssel nachweisen müssen.
## Einmalige Zahlung reicht nicht aus
Grundsätzliche Kritik am Bonus kommt vom Deutschen Berufsverband für
Pflegeberufe: Es reiche nicht aus, den Pfleger*innen mit einer
einmaligen Zahlung „Danke“ zu sagen, heißt es in einer Pressemitteilung.
„Eine Milliarde Euro sind viel Geld, dies darf nicht als Alibi für
ausbleibende Investitionen herhalten.“ Dass sich die Arbeitsbedingungen der
Pfleger*innen verbessern müssen, betonte auch Gesundheitsminister Karl
Lauterbach bei der Vorstellung des Gesetzesentwurfs. Er blieb jedoch
konkrete Vorschläge schuldig.
Mit der Verbesserung der Pflegesituation in den Krankenhäusern alleine sei
es jedoch nicht getan, sagt Bastian Thumser in Hinblick auf die Situation
in den niedergelassenen Praxen. „Ich verstehe nicht, warum die Politik
immer noch nur Augen für die Pflege hat. Die Pflege war jahrelang am Boden.
Warum macht man das mit anderen Berufsgruppen jetzt genau so?“
Nach der ersten Beratung des Bundestags am Donnerstag folgen planmäßig zwei
weitere Lesungen. Wird der Pflegebonus verabschiedet, soll er nach Plänen
der Bundesregierung ab Ende Juni bis spätestens zum Jahresende ausgezahlt
werden.
7 Apr 2022
## LINKS
[1] /Kritik-an-neuem-Corona-Gesetzentwurf/!5836814
[2] /Corona-in-Deutschland/!5840462
[3] /Pflegekraefte-im-Krankenhaus/!5823642
[4] /Pflegekraefte-auf-der-Intensivstation/!5838909
[5] /Einrichtungsbezogene-Impfpflicht/!5836890
## AUTOREN
Jette Wiese
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