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# taz.de -- Streit um faire Löhne: Erntehelfende erreichen Vergleich
> Sie wurden offenbar weit unter Mindestlohn bezahlt. Nun erhalten 18
> Erntehelfer:innen aus Georgien in einem Vergleich 100 bis 400 Euro
> mehr.
Bild: Erntehelfer kommen oft aus Ländern außerhalb Europas. Rechte haben sie …
Berlin taz | „Es hat sich gelohnt, sich zu wehren“, sagt Levan Idadze. „W…
haben für uns etwas erreicht und hoffentlich auch für die vielen weiteren
Erntehelfer:innen, die sich nicht wehren können, weil sie die Sprache nicht
kennen, nicht genügend Informationen und keine Unterstützung haben.“ Idadze
ist Erntehelfer aus Georgien. [1][Dutzende landeten] wie er auf einem
Erdbeer-Hof am Bodensee – und wurden [2][bitter enttäuscht]. 18 der
Helfer:innen haben sich gewehrt – und nun in einem gerichtlichen
Vergleich 100 bis 400 Euro für jeden erstritten.
Ein Erfolg, findet auch Sabine-Agathe Häußler. Sie ist Rechtsanwältin und
hat die Betroffenen juristisch begleitet. Das Besondere ist, sagt Häußler,
dass es um ein Verfahren von Saisonbeschäftigten aus Drittstaaten außerhalb
der EU in Deutschland gehe – und dass sich gezeigt habe, „dass auch diese
ihre Rechte gerichtlich durchsetzen können“, so Häußler.
Die Erntehelfer:innen hatten nicht mehr als 300 Euro Lohn für sechs
Wochen harte Feldarbeit erhalten. In vielen ihrer Arbeitsverträge wurde ein
Mindestlohn von 9,35 Euro genannt. Das entspricht nicht dem gesetzlichen
Mindestlohn – allein das war schon ein Verstoß gegen deutsches Recht. In
der Realität wurden die Betroffenen sogar noch schlechter bezahlt, nämlich
nach dem Gewicht der geernteten Erdbeeren: 3 Euro erhielten sie für 5
Kilogramm. Viele schafften aber nur maximal 10 Kilo in einer Stunde, das
entspricht einem Stundenlohn von 6 Euro.
Zunächst wehrten sich die 18 Georgier:innen am Arbeitsgericht in Ulm,
dann am Landesarbeitsgericht in Freiburg gegen Walter Klink, den Besitzer
des Hofs. Die Ausführungen des Hofbesitzers überzeugten das Gericht nicht:
Viele Georgier:innen, behauptete er, seien nicht zum Dienst erschienen, sie
wären arbeitsunwillig, hätten die Arbeit abgebrochen und in großen Mengen
Wodka getrunken.
## Wenig Rechte für ausländische Erntehelfende
Letztlich konnten weder der Arbeitgeber noch die Georgier:innen
beweisen, an welchem Tag und wie viele Stunden sie tatsächlich gearbeitet
hatten. Deshalb gab es auch nur den relativ bescheidenen Vergleich. „Dieser
Fall zeigt die hohen Barrieren des deutschen Rechtssystems“, betont
Margarete Brugger von der Beratungsstelle mira (Mit Recht bei der Arbeit).
„Selbst mit der Unterstützung vieler Organisationen ist es ausländischen
Beschäftigten kaum möglich, ihre Arbeitsrechte erfolgreich durchzusetzen“,
sagt sie. Mittlerweile sind die zudem längst zurück in ihrer Heimat. Es sei
mit hohen Kosten verbunden, damit die Georgier:innen für eine Aussage
nach Deutschland kommen.
Deshalb fordert Brugger die Regierung auf, das Gesetz zu ändern: „Es kann
nicht sein, dass Arbeitgebende in der Landwirtschaft durch diese
Schutzlücke geradezu eingeladen werden, Saisonarbeiter:innen
auszubeuten.“
27 Mar 2023
## LINKS
[1] /Georgischer-Erntehelfer-flieht/!5774251
[2] /Knochenarbeit-unter-dem-Mindestlohn/!vn5833515
## AUTOREN
Tigran Petrosyan
## TAGS
Erntehelfer
Georgien
Landwirtschaft
GNS
Erdbeeren
Osteuropa – ein Gedankenaustausch
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Schwerpunkt Klimawandel
Bauwirtschaft
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