# taz.de -- Theatermacher über Ernte-Ausbeutung: „Wer holt die Nahrung vom F… | |
> Das Drama vom billigen Spargel: Ein Stück lässt in Bremen | |
> Feldarbeiter*innen auf der Bühne zu Wort kommen. | |
Bild: Hilfreiche Hände: Die Menschen auf unseren Feldern haben aber auch Gesic… | |
taz: Herr Oulios, [1][osteuropäische Feldarbeiter*innen ernten | |
Spargel] in Deutschland unter miserablen Bedingungen. Warum gehört das auf | |
eine Theaterbühne? | |
Miltiadis Oulios: Weil es eine total dramatische Geschichte ist. Und eine, | |
die anders erzählt werden muss, als nur über sporadische Medienberichte. | |
Erst wenn alles am dampfen ist, gibt es Schlagzeilen, dabei ist es Alltag, | |
dass sie [2][grundsätzlich schlecht behandelt] werden. Da ist eine | |
unglaubliche Verlogenheit in unserer Gesellschaft. Mir war es wichtig, | |
diese Menschen auf die Bühne zu bekommen, wo sie selbst zu Akteuren werden; | |
absurd und romantisch und widersprüchlich zusammen zu erzählen. | |
Wie sind Sie auf das Thema aufmerksam geworden? | |
Das Thema war mit dem ersten Lockdown mehr in die Öffentlichkeit geraten. | |
Es geht auch viel um Gerechtigkeit. Ich dachte darüber nach, wo Theater da | |
was machen kann. Weil es so paradox ist: Es ist die wichtigste Arbeit, es | |
geht um Nahrung. Wer holt die vom Feld? Wir ignorieren das komplett. Und | |
der Job wird rechtlich gesehen behandelt wie ein Schülerjob. | |
Wie wurde das Stück entwickelt? | |
Es ist aus Interviews mit den Protagonist*innen entstanden. Zusammen | |
mit anderen Hintergrundgesprächen ist dann eine Dramaturgie entwickelt | |
worden. Die rumänischen Darsteller*innen erzählen Dinge, die sie selbst | |
erlebt haben. Sie spielen eine Rolle jeweils, die für viele steht. | |
Was passiert im Stück? | |
Es geht um deren Alltag, eine Romanze, einen Konflikt. Es gibt auch | |
einzelne Choreos, die auf den Bewegungen der Arbeit basieren. Dazu spielt | |
eine Band. Da gab es Szenenapplaus von den rumänischen Leuten. Die fanden | |
das total geil, dass eine Sache, die eigentlich als niedere Arbeit | |
angesehen wird, auf der Bühne so abgefeiert wird. | |
Wie kann ich als Verbrauchende etwas tun? | |
Es bringt überhaupt nichts, sich zu überlegen, [3][was man jetzt kaufen | |
soll oder nicht], weil, das verändert ja nichts. Wir werden weiterhin Obst | |
und Gemüse essen. Das einzige, was funktioniert, ist, der Politik davon zu | |
erzählen. Die Verantwortlichen müssen korrekte Rahmenbedingungen schaffen. | |
Wenn der Supermarkt mit billigen Angeboten Kunden locken will, sollte man | |
schon wissen, auf wessen Rücken das am Ende passiert. Es muss eine Pflicht | |
geben, dass die Leute sozialversicherungspflichtig angestellt werden. Und | |
eine Pflicht, die regionalen Produkte zuerst zu kaufen. | |
Was lernen wir über Nahrung und den Kapitalismus? | |
Je kapitalistischer die Produktion verläuft, desto klarer ist es, dass das | |
Über-Angebot für den Konsumenten nur auf Grundlage der rassistischen | |
Ausbeutung der Ernte-Arbeiter*innen funktioniert. Das ist nicht nur in | |
Deutschland so, das ist überall so. Und das ist nicht gottgegeben. | |
11 Jun 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Erntehelfer/!t5243331 | |
[2] https://www.labournet.de/branchen/landwirtschaft/erntehelfer-wenn-man-die-l… | |
[3] /Alternative-Shoppingfreuden/!5849258 | |
## AUTOREN | |
Nora Diekmann | |
## TAGS | |
Landwirtschaft | |
Nahrungsmittel | |
Arbeitsmigration | |
Erntehelfer | |
Ausbeutung | |
Lesestück Recherche und Reportage | |
Erntehelfer | |
Erntehelfer | |
Erntehelfer | |
Erntehelfer | |
Buch | |
Ausbeutung | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Ausbeutung indischer Landarbeiter: Italiens bittere Kiwis | |
In ganz Europa sind italienische Kiwis beliebt. Auf den Feldern arbeiten | |
viele Inder unter unwürdigen Bedingungen, gefangen im ausbeuterischen | |
System. | |
Spargel- und Erdbeerernte: Bundesregierung muss eingreifen | |
Viele ErntehelferInnen aus Osteuropa werden ausgebeutet. Die Ampel muss | |
endlich dafür sorgen, dass sie eine ausreichende Krankenversicherung | |
bekommen. | |
Streit um faire Löhne: Erntehelfende erreichen Vergleich | |
Sie wurden offenbar weit unter Mindestlohn bezahlt. Nun erhalten 18 | |
Erntehelfer:innen aus Georgien in einem Vergleich 100 bis 400 Euro | |
mehr. | |
Mindestlohnverstöße bei Landwirten: Kontrollen finden kaum statt | |
Bevor bei niedersächsischen Bauern der Zoll kontrolliert, können Jahrzehnte | |
vergehen. Saisonarbeiter:innen sind den Betrieben ausgeliefert. | |
Vermittlung von Jobs in der Ernte: Wer sticht den Spargel? | |
Erntejobs sind ein kapitalistischer Kampfplatz. Zwar könnten ukrainische | |
Geflüchtete in der Ernte arbeiten, aber ihr Weg nach Deutschland ist | |
schwer. | |
Erzählungen über „Brauchbare Menschen“: Welche Körper sind verwertbar? | |
Erntearbeiter, Sexarbeiterinnen, Klickarbeiter, Ausgelagerte: Die | |
Schriftstellerin Magdalena Schrefel erzählt von „Brauchbaren Menschen“. | |
Ausbeutung in der Landwirtschaft: Das kaputte Zertifikat | |
Wird unser Obst und Gemüse unter guten Arbeitsbedingungen geerntet? Ja, | |
sagen die Supermärkte. taz-Recherchen zeigen ein anderes Bild. |