# taz.de -- Streit um Kapitänsbinde bei WM: Fifa trägt keine Liebe in sich | |
> Europäische Nationalteams dürfen nicht mit der „One Love“-Kapitänsbinde | |
> auflaufen. Der Weltverband hat den Machtkampf gewonnen. | |
Bild: Bleibt bei der WM wohl ungetragen: One-Love-Armbinde | |
Keine Liebe gibt es bei dieser Fußball-WM. Statt einer [1][„One | |
Love“-Binde] werden die Kapitäne aller Nationalmannschaften mit einem | |
Armband, das der Weltfußballverband Fifa vorgibt, auflaufen. So hat es die | |
Fifa am Montagvormittag beschlossen, so haben es die europäischen Verbände | |
letztlich akzeptiert. „Wir sind sehr frustriert über die Entscheidung der | |
Fifa, die wir für beispiellos halten“, teilte die Arbeitsgruppe des | |
europäischen Verbandes Uefa mit. DFB-Präsident Bernd [2][Neuendorf] äußerte | |
sich ähnlich: „Wir erleben einen beispiellosen Vorgang in der | |
WM-Geschichte.“ Noch am Sonntag hatte Neuendorf vollmundig verkündet: „Wir | |
haben gesagt, wir bleiben dabei, dass wir mit der Binde auflaufen.“ | |
Letztlich gaben jedoch alle europäischen Verbände in diesem | |
Binden-Machtkampf mit der Fifa klein bei. Warum, das erklärte Neuendorf so: | |
„Die von der Fifa herbeigeführte Konfrontation werden wir nicht auf dem | |
Rücken von Manuel Neuer austragen.“ Was die Fifa jetzt anbietet, ist, dass | |
es für jeden Spieltag eine andere Botschaft gibt, die auf der Binde steht. | |
Für Montag war der Spruch „Fußball vereint die Welt“ vorgesehen. | |
Wie der [3][Guardian] berichtet, geht die gesamte Kontroverse nur auf die | |
Fifa zurück, nicht auf die WM-Gastgeber in Katar, die für ihre homophoben | |
Gesetze in der Kritik stehen. | |
Im September hatten noch zehn europäische Verbände erklärt, dass sie zwar | |
nicht mit einer Kapitänsbinde in Regenbogenfarben antreten, aber mit der | |
deutlich schwächeren „One Love“-Botschaft sehr wohl auch ein Zeichen für | |
die LGBTQ+-Community setzen wollten. Die Fifa hatte auf diese europäische | |
Initiative lange Zeit nicht reagiert. Aber am vergangenen Freitag stellte | |
sie ihre Antwort vor. Nach Angaben der Fifa waren drei UN-Organisationen | |
bei deren Ausarbeitung konsultiert worden. Wörtlich teilte die Fifa mit: | |
„Die teilnehmenden Mannschaften erhalten während der Spiele über die | |
Armbinden der Mannschaftskapitäne die Möglichkeit, Botschaften zu | |
übermitteln.“ | |
## Kane mit „Keine Diskriminierung“ | |
Am Montag wäre Harry Kane der erste Mannschaftskapitän gewesen, der beim | |
Spiel Englands gegen den Iran mit der „One Love“-Binde aufgelaufen wäre. | |
Über die möglichen Sanktionen, die Kane oder seinen Verband hätten treffen | |
können, hatte es bis zuletzt Unklarheit gegeben: Mit einer Gelben Karte | |
wäre er bestraft worden, hatte es geheißen, wobei unklar blieb, ob es bei | |
Gelb geblieben wäre. Vom Verbot, den Platz zu betreten, solange die Binde | |
um den Arm gelegt ist, war die Rede. | |
Auch Geldstrafen waren im Gespräch. „Wir waren bereit, Strafen zu zahlen, | |
was normalerweise bei Verstößen gegen Kleider-Regularien der Fall wäre“, | |
erklärte der englische Verband FA gemeinsam mit der Uefa-AG nach der | |
Fifa-Entscheidung. „Dennoch konnten wir unsere Spieler nicht in eine | |
Situation bringen, in der sie eine Gelbe Karte bekommen könnten oder gar | |
gezwungen werden, das Spielfeld zu verlassen.“ Harry Kane jedenfalls | |
entschied sich für eine listige Version. [4][Er lief mit dem Spruch „No | |
Discrimination“ auf,] den die Fifa doch erst für das Viertelfinale | |
vorgesehen hat. | |
Das Vorgehen hat bewirkt, dass sich die europäischen Verbände nun als Hüter | |
der Menschenrechte präsentieren können, obwohl sie selbst die ursprünglich | |
avisierte, etwas deutlichere Regenbogenbinde gecancelt hatten. Bild.de | |
veranstaltete unter seinen Lesern sofort eine Abstimmung: „Der | |
Binden-Skandal! Spielen oder abreisen?“ Und die Uefa-AG teilte mit: „Unsere | |
Spieler und Trainer sind enttäuscht – sie sind starke Befürworter der | |
Inklusion und werden ihre Unterstützung auf andere Weise zeigen.“ Dass in | |
den europäischen Topligen ein Klima herrscht, das bis zum heutigen Tag | |
keinen aktiven schwulen Profi zum Outing brachte, wurde ebenfalls nicht | |
thematisiert. | |
Thomas Hitzlsperger, früherer deutscher Nationalspieler, der sich nach | |
seiner Karriere als schwul outete, nannte die von der Fifa erzwungene | |
Entscheidung „erbärmlich“. Auf Twitter machte Hitzlsperger, nicht frei von | |
Zynismus, diesen Vorschlag: „Wie wäre es mit Regenbogen-Schnürsenkeln?“ | |
21 Nov 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Kapitaensbinde-bei-der-WM-in-Katar/!5879893 | |
[2] /Deutscher-Fussballbund-DFB/!t5008915 | |
[3] https://www.theguardian.com/football/live/2022/nov/21/world-cup-2022-armban… | |
[4] /WM-Spiel-England-gegen-Iran/!5896376 | |
## AUTOREN | |
Martin Krauss | |
## TAGS | |
Fußball-WM 2022 Katar | |
Fußball und Politik | |
Fifa | |
GNS | |
IG | |
Fußball | |
Fußball-WM 2022 Katar | |
Kolumne Der rote Faden | |
Fußball-WM 2022 Katar | |
GNS | |
Fußball-WM 2022 Katar | |
Japan | |
Fußball-WM 2022 Katar | |
IG | |
Fußball-WM 2022 Katar | |
Fußball-WM 2022 Katar | |
Fußball-WM 2022 Katar | |
Fußball-WM 2022 Katar | |
Schwerpunkt Boykott Katar | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Fußball in den Niederlanden: Homophobie als Nebenwiderspruch | |
Als Zeichen gegen Rassismus und Diskriminierung sollen in der Eredivisie | |
Kapitäne die One-Love-Binde tragen. Nicht alle wollen mitmachen. | |
Regenbogen-Flitzer und die Fifa: Die Zensur unterlaufen | |
Der Spielfeldflitzer von Katar hat seine Botschaften gesetzt. Der Hype um | |
ihn ist bequem, auch weil der Westen zu den Anständigen gehört. | |
Fußball und Courage: Die rückgratlose Nationalelf | |
Die Kritik gegen die Fußballer geht leicht über die Lippen. Vor allem, wenn | |
man selbst nicht vor der Wahl steht, ein Risiko einzugehen oder nicht. | |
Politik und Fußball-WM: 2:0 für die Freiheit | |
Der Streit um die One-Love-Armbinde hat die Menschenrechte auf die Agenda | |
gebracht. Fest steht, dass bei der Fifa nach der WM aufgeräumt werden muss. | |
Deutsche Auftaktniederlage: Die Stunde der Reaktionäre | |
Scheidet die DFB-Elf aus, wird es heißen: Sie hätte sich statt | |
Menschenrechten nur um Fußball kümmern sollen. Schon deshalb sollte sie | |
weiterkommen. | |
Machtkampf im Fußball: One Love für das große Geschäft | |
Das gute Europa gegen die böse Fifa? Es tobt eine moralische Schlacht. Doch | |
die eigentliche Kampflinie verläuft woanders. Es geht ums Geld. | |
DFB-Niederlage gegen Japan: Nur Moralweltmeister | |
Erneut vergurken die Deutschen das WM-Auftaktspiel, diesmal mit 1:2 gegen | |
Japan. Hat das DFB-Team ob seines aktivistischen Eifers den Fokus verloren? | |
Deutsche WM-Niederlage gegen Japan: Voll mündiger Auftritt | |
Das deutsche Team verliert nach Führung die Auftaktpartie gegen Japan. | |
Indes haben die Spieler ein Zeichen gegen das Fifa-Bindenverbot gesetzt. | |
Verbot der „One Love“-Binde bei WM: Auf einmal sind alle divers | |
Die Kritik an Fifa und DFB ist aufgeheizt, moralisierend und heuchlerisch. | |
Bis heute hat sich noch kein aktiver deutscher Profifußballer geoutet. | |
Irans erster WM-Auftritt: Verschwiegene Gemeinschaft | |
Iran verliert 2:6 gegen England. Das Zeichen, das die iranischen Spieler | |
setzen, erntet Respekt – die Binde, die Englands Kapitän trägt, eher nicht. | |
Rewe verzichtet auf DFB-Werberechte: Fußball wird zum Ramschartikel | |
Weil der DFB auf die „One Love“-Armbinde in Katar verzichtet, will der | |
Handelskonzern Rewe nicht mehr mit der WM werben. Sammelalben werden | |
verschenkt. | |
WM-Spiel England gegen Iran: Fußballer mit Haltung | |
Vor dem Spiel schweigen die iranischen Spieler bei der Hymne. Englands | |
Kapitän trägt eine Armbinde mit der Aufschrift „no discrimination“. | |
Bizarre Rede von Fifa-Chef Infantino: Der multiple Präsident | |
Fifa-Chef Infantino reagiert auf die geharnischte Kritik an der WM. Er | |
zeigt schrill Empathie, kritisiert Doppelmoral und gibt sich als | |
Vermittler. | |
Boykottbewegung gegen WM in Katar: Widerständiges Spektakel | |
Die #BoycottQatar2022-Initiative hat in der Fanszene nicht nur eine Debatte | |
über die WM, sondern auch über die Verbände in Gang gesetzt. |