# taz.de -- Regenbogen-Flitzer und die Fifa: Die Zensur unterlaufen | |
> Der Spielfeldflitzer von Katar hat seine Botschaften gesetzt. Der Hype um | |
> ihn ist bequem, auch weil der Westen zu den Anständigen gehört. | |
Bild: Ein Flitzer mit Regenbogenflagge beim Spiel zwischen Uruguay und Portugal… | |
Es war gleich eine Kaskade von Botschaften, die [1][Mario Ferri bei der | |
WM-Partie Portugal gegen Uruguay auf den Rasen trug]. „Rettet die Ukraine“ | |
stand auf Englisch auf der Vorderseite seines Superman-Shirts, „Respekt für | |
die iranischen Frauen“ auf der Rückseite, dazu schwenkte der bekannte | |
italienische Flitzer eine Regenbogenfahne. Die Fifa-Medienregie versuchte | |
die Störung ihrer Inszenierung zu zensieren, doch natürlich gelangten die | |
Bilder in die Welt. | |
Im deutschsprachigen Social Media wird Ferri nun als Held gefeiert; auf | |
Videos sind im Stadion wiederum Pfiffe und Buhen zu hören. Es lohnt sich, | |
das alles nüchterner zu analysieren. Zunächst hat der Italiener etwas sehr | |
Wirkungsvolles getan: Er hat Botschaften sichtbar gemacht, die bei der WM | |
systematisch einkassiert werden – das gilt für Regenbogenfahnen wie für | |
Iran-Proteste. | |
Ein Flitzer schafft Bilder, die sich nicht entfernen lassen. Ferri, der | |
schon häufiger mit politischen Forderungen den Platz stürmte und einen | |
Bezug zu den Themen hat – er war wohl Fluchthelfer für Ukrainer:innen, | |
und bereits bei einer früheren Aktion protestierte er für die Freilassung | |
der zum Tode verurteilten Iranerin Sakineh Mohammadi Ashtiani –, hat die | |
Zensur dieses Turniers wörtlich klug unterlaufen. | |
Zugleich sind die hyperemotionalen Lobpreisungen aber auch Ausweis eines | |
zunehmend oberflächlichen Kampfes um Symbole: One-Love-Binde und | |
geschlossene Münder gegen [2][Özil-Porträts]. Bilder, die viel Sichtbarkeit | |
bekommen, aber deren Wirkung auf den Empfänger meist begrenzt ist. Und ein | |
Ausweis einer deutschen Gesellschaft, die sich kaum für realpolitische Wege | |
zur Verbesserung interessiert oder überhaupt etwa mit der katarischen | |
Gesellschaft ins Gespräch kommen möchte, sondern sich vor allem ihres | |
eigenen Anstands versichert. | |
Und die Fifa? Ihre übliche Zensur entspringt dem durchaus nachvollziehbaren | |
Wunsch, die grassierende Flitzer-Epidemie nicht noch weiter zu befeuern. | |
Doch die Geschichte des – auch politischen – WM-Flitzens zeigt: Herrin über | |
die TV-Bilder mag die Fifa sein. Aber nicht Herrin über die Realität. | |
29 Nov 2022 | |
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## AUTOREN | |
Alina Schwermer | |
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