# taz.de -- Verbot der „One Love“-Binde bei WM: Auf einmal sind alle divers | |
> Die Kritik an Fifa und DFB ist aufgeheizt, moralisierend und | |
> heuchlerisch. Bis heute hat sich noch kein aktiver deutscher | |
> Profifußballer geoutet. | |
Bild: Schon vor der WM entschwult: die „One Love“-Kapitänsbinde am Arm von… | |
Man fragt sich, was abstoßender ist bei der Debatte um den Ärmelschoner von | |
Manuel Neuer mit der Aufschrift „One Love“: Die Fifa, die durchgesetzt hat, | |
dass die europäischen Teams das Zeichen nicht tragen dürfen? Oder der | |
Deutsche Fußball-Bund (DFB), der sich möglichen Strafen entzieht, indem er | |
der Anordnung Folge leistet? Oder vielmehr die Öffentlichkeit, die auf | |
buchstäblich allen deutschen Kanälen Katar verdammt, die Fifa und mit | |
besonderer Häme den DFB. | |
Sogar [1][Bundestagspräsidentin Bärbel Bas] hat nach der One-Love-Havarie | |
die Schnauze voll von der WM, wie sie auf Twitter kundtat. Auffällig und in | |
gewisser Hinsicht widerlich ist nur, dass die gleichen Stimmen, die unisono | |
nun über Katar, das [2][Verbot des One-Love-Zeichens] und die mangelnden | |
Biertraditionen in diesem Land herziehen, vor acht Jahren in puncto Sotschi | |
und den Olympischen Winterspielen gar nicht zu vernehmen waren. | |
Was die Empörist*innen eint, ist die Wohlfeilheit ihrer Argumente und | |
ihre Ahnungslosigkeit. Das One-Love-Zeichen war längst entschwult worden | |
und hatte mit dem Regenbogenzeichen nur noch entfernte Ähnlichkeit. | |
Fragwürdig sind auch die Beteuerungen von DFB-Offiziellen, man vertrete | |
dennoch die „Werte“ und stehe für sie ein. Als hätte das jemand infrage | |
gestellt. Nazis sind doch bitte nicht im DFB-Team – und das Grundgesetz | |
haben doch bitte alle lieb, oder? | |
Heuchlerisch ist das „Diversity“-Bekenntnis auch deshalb, weil in den | |
hiesigen Ligen des Profifußballs noch kein einziger aktiver Spieler ein | |
[3][Coming-out als Schwuler] gewagt hat. Allein das dürfte ausreichen als | |
Beweis für die unverändert homophobe Atmosphäre in den Vereinen. | |
Irritierend sind die DFB-Statements obendrein, weil es nicht den kleinsten | |
Hinweis der Solidarität mit den Opfern des [4][trans- und homophoben | |
Attentats in Colorado], USA, gab. | |
Stattdessen wirkt der DFB und mit ihm seine obersten Repräsentanten wie ein | |
Opferhaufen, der mit echten Opfern nichts zu schaffen hat. Die öffentliche | |
Entrüstung über den Katar-Komplex speist sich aus Moralüberhitzung: Als | |
seien die Fußballer politische Delegierte. Sie sollen doch hauptsächlich | |
prima kicken können. Es fragt sich, wer von den Moralist*innen, die die | |
Nationalelf dazu aufrufen, sie möge Strafen in Kauf nehmen, für die eigenen | |
Werte schon jemals ernsthaft selbst etwas riskiert hat. | |
22 Nov 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://www.deutschlandfunk.de/bundestagspraesidentin-bas-kritisiert-dfb-en… | |
[2] /Streit-um-Kapitaensbinde-bei-WM/!5894105 | |
[3] /Ein-Jahr-nach-Hitzlspergers-Outing/!5024437 | |
[4] /Queerfeindlicher-Angriff-in-den-USA/!5896282 | |
## AUTOREN | |
Jan Feddersen | |
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