Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Streit um Gemeinnützigkeit: Einigung noch nicht in Sicht
> Nachdem auch Campact nicht mehr gemeinnützig ist, verspricht
> Finanzminister Scholz eine Lösung. Ein aktueller Vorschlag birgt neue
> Probleme.
Bild: Attacs Forderung nach Gerechtigkeit mag der Allgemeinheit nützen – gem…
Es klingt nach einer klaren Ansage: Als Reaktion auf die
[1][Entscheidung], dass nach dem globalisierungskritischen Netzwerk Attac
auch die Kampagnenorganisation Campact die Gemeinnützigkeit verliert,
erklärte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) am Dienstag: „Wenn
Organisationen, die sich für Demokratie und Menschenrechte einsetzen,
schlechtergestellt werden als jeder x-beliebige Verein, müssen wir das
Steuerrecht ändern.“
Doch wirklich klar ist bisher gar nichts – weder, wie die Änderung konkrete
aussehen soll, noch ob sie eine Mehrheit in Bundestag und Bundesrat finden
wird. Das Finanzministerium äußerte sich am Mittwoch auf Anfrage nicht zu
dem, was Scholz plant. Man arbeite „mit Hochdruck“ an einer Lösung, führe
dazu „sehr intensive Gespräche“ mit den Ländern und werde „in wenigen
Wochen“ einen Vorschlag vorlegen, sagte ein Sprecher lediglich.
Tatsächlich gab es zuletzt intensive Beratungen zwischen Bund und Ländern;
die zuständigen Abteilungsleiter tagten vergangene Woche ausgiebig zur
Frage der Gemeinnützigkeit. Von einer Einigung sind sie nach
taz-Informationen allerdings noch weit entfernt. Lediglich kleinere
Einzelfragen sind zwischen den Ländern schon geklärt – etwa dass
Klimaschutz, Freifunk und die Friedhofspflege als zusätzliche gemeinnützige
Zwecke ins Gesetz aufgenommen werden.
Am Hauptproblem, das durch das Attac-Urteil des Bundesfinanzhofs entstanden
war, ändert das aber nichts. Dieser hatte Anfang des Jahres zum einen
entschieden, dass die Arbeit von Attac nicht unter den geförderten Zweck
der „Volksbildung“ falle. Zum anderen legte er fest, dass die Einflussnahme
auf politische Entscheidungen nicht Hauptaktivität einer gemeinnützigen
Organisation sein darf, sondern gemeinnützige Aktivitäten nur ergänzen
dürfe.
An diesen Beschränkungen, die auch die Gemeinnützigkeit vieler anderer
politischer Vereine bedrohen, ändert sich durch die bisherigen Vorschläge
nichts. Eine Ausweitung der Förderzwecke, die auch allgemeine politische
Kampagnen als gemeinnützig definieren würde, lehnt die Union aber ab.
„Politische Betätigung kann nur Nebenzweck eines gemeinnützigen Vereins
sein“, sagte die finanzpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion, Antje
Tillmann, dem Handelsblatt.
## „Politische Körperschaft“ als Lösung?
Bund und Länder haben darum zuletzt vor allem über eine andere Lösung
diskutiert – das zeigt das Arbeitspapier zu ihrer jüngsten Sitzung, das der
taz vorliegt. Für vorwiegend politisch tätige Organisationen würde dabei
die neue Kategorie der „politischen Körperschaft“ eingeführt. Diese wäre
nicht gemeinnützig, Spenden könnten aber trotzdem steuerlich geltend
gemacht werden. „Das führt zu einer klaren Abgrenzung von den
gemeinnützigen Zwecken und trägt zur Rechtssicherheit bei politischer oder
gemeinnütziger Tätigkeit bei“, heißt es im Bund-Länder-Papier.
Aus Sicht der [2][Allianz „Rechtssicherheit für politische
Willensbildung“], in der sich bislang schon über 120 Verbände und
Stiftungen zusammengeschlossen haben, wäre der Vorschlag hingegen keine
gute Lösung – ganz im Gegenteil. „Für viele gemeinnützige Organisationen
würde dieser Status neue Probleme schaffen“, sagt Allianz-Sprecher
Stefan-Diefenbach-Trommer. „Sie wären dann von gemeinnützigen Förderungen
abgeschnitten, etwa durch Stiftungen.“ Notwendig sei stattdessen eine
Ausweitung der gemeinnützigen Ziele und eine Festlegung, dass künftig auch
eine politische Einflussnahme zur Durchsetzung solcher Ziele gemeinnützig
ist.
23 Oct 2019
## LINKS
[1] /Druck-auf-Nichtregierungsorganisation/!5634748
[2] https://www.zivilgesellschaft-ist-gemeinnuetzig.de/
## AUTOREN
Malte Kreutzfeldt
## TAGS
Gemeinnützigkeit
Olaf Scholz
Attac
Campact
Antifaschismus
Schwerpunkt Antifa
Vereine
Gemeinnützigkeit
Attac
Bundesgerichtshof
Campact
Attac
## ARTIKEL ZUM THEMA
VVN-BdA verliert Gemeinnützigkeit: Finanzamt gegen Antifaschismus
Der Entzug der Gemeinnützigkeit für die antifaschistische Organisation
VVN-BdA erntet harsche Kritik – auch aus der rot-rot-grünen Koalition.
Organisation verliert Gemeinnützigkeit: Zu links fürs Finanzamt
Der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes sieht ihre Existenz bedroht.
Die Finanzbehörde streicht Steuervorteile und fordert Nachzahlungen.
Männervereine und Gemeinnützigkeit: Weitgehend nutzlos
Reinen Männervereinen soll die Gemeinnützigkeit entzogen werden, wenn es
nach Finanzminister Olaf Scholz geht. Gut so.
Minister für Entzug der Gemeinnützigkeit: Scholz gegen reine Männer-Vereine
Wer Frauen ausschließe, solle keine Steuervorteile haben, sagt Olaf Scholz
in der „Bild am Sonntag“. Er möchte reinen Männer-Vereinen die
Gemeinnützigkeit entziehen.
Aberkennung der Gemeinnützigkeit: Attac möchte Klärung in Karlsruhe
Die NGO Attac will vor dem Verfassungsgericht gegen die Aberkennung der
Gemeinnützigkeit klagen. Sie fürchtet, dass die Zivilgesellschaft
schrumpft.
Kommentar Gemeinnützigkeit von NGOs: Willkürlich und gefährlich
Campact will auf Spendenquittungen verzichten. Viele NGOs werden folgen,
was ihre Arbeit und Finanzierung einschränken wird.
Campact verliert die Gemeinnützigkeit: Spenden sind nicht mehr absetzbar
Nach dem Attac-Urteil rechnet Campact mit dem Verlust der Gemeinnützigkeit.
Es werden keine Bescheinigungen für Spenden mehr ausgestellt.
Attac verliert Gemeinnützigkeit: „Gemein“ heißt nicht „nützlich“
Nach Attac will die CDU der Deutschen Umwelthilfe ihre Gemeinnützigkeit
aberkennen. Das wäre ein Erfolg für Lobbyisten.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.