| # taz.de -- Seehofer will Verfassungsschutz aufrüsten: „Mit der SPD ist das … | |
| > Ein Gesetzentwurf sieht vor, dass der Verfassungsschutz bei | |
| > Messengerdiensten mitlesen und Kinder überwachen kann. Die SPD geht auf | |
| > die Barrikaden. | |
| Bild: Geschieht hier Extremistisches? Der Verfassungsschutz soll das bald über… | |
| Berlin taz | Die SPD geht auf Contra zu den Plänen von Bundesinnenminister | |
| Horst Seehofer (CSU), den Verfassungsschutz aufzurüsten und künftig auch | |
| Kinder überwachen zu können. „Mit der SPD ist das nicht zu machen“, sagte | |
| deren Innenexperte Burkhard Lischka der taz. „Seehofers Vorschläge gehen | |
| weit über alles hinaus, was im Koalitionsvertrag vereinbart ist.“ | |
| Seehofer will dem Verfassungsschutz künftig das Mitlesen von | |
| Messengerdiensten wie WhatsApp erlauben. Dafür dürfte der Geheimdienst | |
| [1][„Staatstrojaner“ einsetzen, mit denen Nachrichten noch vor einer | |
| Verschlüsselung abgefangen werden könnten] – eine sogenannte | |
| Quellen-Telekommunikationsüberwachung. Auch Online-Durchsuchungen sollen | |
| genehmigt werden, mit denen das Amt heimlich Computerfestplatten | |
| durchforsten könnte. [2][Beides ist bisher nur dem Bundeskriminalamt | |
| erlaubt.] | |
| Seehofers Gesetzentwurf befindet sich gerade in der Ressortabstimmung und | |
| liegt der taz vor. Verfassungsschützer fordern die Online-Überwachung schon | |
| lange: Um Anschläge zu verhindern, müsse man auch Messengerdienste mitlesen | |
| dürfen, auf denen sich Extremisten austauschen. [3][Auch im | |
| Koalitionsvertrag hatten sich Union und SPD auf das Vorhaben geeinigt.] | |
| Seehofers Entwurf geht deutlich darüber hinaus. Denn das Innenministerium | |
| will auch diverse Unternehmen zu umfassenderen „Mitwirkungspflichten“ | |
| verdonnern. Genannt werden neben Telekommunikationsdiensten auch die | |
| Branchen Finanzwesen und Personenverkehr. Mussten diese gesetzlich bisher | |
| nur „im Einzelfall“ Daten über Nutzer herausrücken, soll dies nunmehr | |
| schlicht „auf Verlangen“ erfolgen – offenbar also zum Standard werden. Au… | |
| Betreiber von Videoüberwachung sollen bei „erheblichen“ Bedrohungen | |
| verpflichtet werden, ihre Aufzeichnungen dem Amt zu übermitteln. | |
| ## Im Ausnahmefall auch Zugang zu Räumlichkeiten | |
| Nicht nur das Bundesamt, auch die Landesämter für Verfassungsschutz sollen | |
| solches Material und solche Auskünfte nun erhalten. Im Ausnahmefall sollen | |
| Unternehmen für Überwachungsmaßnahmen auch Zugang zu ihren Räumlichkeiten | |
| und zum „Einbringen von technischen Mitteln“ gewähren. | |
| Und en passant will Seehofer auch die Altersgrenze komplett abschaffen, ab | |
| welcher der Verfassungsschutz Kinder oder Jugendliche überwachen darf. | |
| [4][Zuletzt wurde diese Altersgrenze bereits von 16 auf 14 Jahre | |
| abgesenkt.] Eine weitere Herabsetzung lehnte die SPD ab: Extremistisch | |
| indoktrinierte Kinder seien ein Fall für die Jugendämter und nicht für den | |
| Geheimdienst. Das Innenministerium führt nun dagegen wieder den [5][Fall | |
| eines 12-Jährigen an, der 2016 in Ludwigshafen versuchte, einen | |
| Sprengstoffanschlag auf einen Weihnachtsmarkt zu begehen]. Verwiesen wird | |
| auch auf Kinder von zurückkehrenden IS-Anhängern. Zudem gebe es ja für die | |
| Polizei auch keine Altersgrenze bei Ermittlungen, heißt es im | |
| Gesetzentwurf. | |
| Genau hier haken Kritiker ein: So gehe es beim Verfassungsschutz ja auch | |
| nicht um die Verfolgung konkreter Straftaten, sondern um die Abwehr | |
| möglicher Gefahren. Die Verdachtslage ist hier viel schwammiger, die | |
| Kontrolle ebenso. Und auch rechtlich ist das Vorhaben heikel. Das | |
| Bundesverfassungsgericht urteilte bereits 2008, dass Online-Durchsuchungen | |
| nur zulässig seien, wenn es „tatsächliche Anhaltspunkte einer konkreten | |
| Gefahr für ein überragend wichtiges Rechtsgut“ gebe. Computer seien heute | |
| ein „elementarer Lebensraum“ für die persönliche Entfaltung, in den der | |
| Staat nicht einfach so eindringen dürfe. | |
| ## Nur bei „besonders schweren Bedrohungen“ | |
| Das Innenministerium erklärt im neuen Gesetzentwurf die Online-Durchsuchung | |
| denn auch nur bei „besonders schweren Bedrohungen“ für zulässig. Bei den | |
| Betroffenen sollen Daten, die „den Kernbereich privater Lebensgestaltung | |
| betreffen“, nicht erhoben werden – „soweit möglich“. Ein Sprecher spri… | |
| von „maßvollen und sachgerechten Kompetenzerweiterungen“ des | |
| Verfassungsschutzes. Dieser müsse „auch in einer digitalisierten Welt | |
| seinen Schutzaufgaben gerecht werden können“. | |
| Laut Entwurf sollen auch für den Bundesnachrichtendienst neue Maßnahmen | |
| genehmigt werden. Zudem soll es dem Bundesnachrichtendienst, dem | |
| Verfassungsschutz und dem Militärischen Abschirmdienst nicht mehr nur | |
| „projektbezogen“, sondern auch dauerhaft möglich sein, einen gemeinsamen | |
| Datenpool zu führen. | |
| Die SPD geht gegen die Vorschläge auf die Barrikaden. Mit dem | |
| Koalitionsvertrag habe der Gesetzentwurf kaum noch etwas zu tun, kritisiert | |
| Innenexperte Lischka scharf. „Von der dort vereinbarten Stärkung der | |
| parlamentarischen Kontrolle des Verfassungsschutzes ganz zu schweigen.“ Die | |
| SPD, so Lischka, werde dem Entwurf in dieser Form keinesfalls zustimmen. | |
| 25 Mar 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Konrad Litschko | |
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