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# taz.de -- Schwarz-rote Verhandlungen: Feilschen bis in die Nacht
> Die Koalitionsverhandlungen nähern sich dem Ende. Finanzen bleiben der
> Knackpunkt. Die ostdeutschen Ministerpräsidenten stärken der SPD den
> Rücken.
Bild: Ankunft vor dem Willy Brandt Haus: Karin Prien ist optimistisch und erwar…
Berlin taz | Eigentlich wollte SPD-Chef Lars Klingbeil am Wochenende in die
Türkei fliegen, zur Schwesterpartei CHP. Deren designierter
[1][Präsidentschaftskandidat Ekrem İmamoğlu sitzt derzeit im Gefängnis].
Doch Klingbeil sagte ab und lässt sich von Serpil Midyatli vertreten: Der
Parteivorsitzende wird in Berlin gebraucht, wo die Koalitionsverhandlungen
auf die Zielgerade gehen. Ein Schlussspurt wird es wohl nicht.
Großer Knackpunkt ist nach wie vor das Thema Finanzen. Trotz der noch vom
alten Bundestag erteilten Erlaubnis, zusätzliche 500 Milliarden Euro
Schulden für Investitionen in Infrastruktur aufzunehmen, trotz der
weitestgehenden Aufhebung der Schuldenbremse für zivile und militärische
Verteidigungsausgaben droht der schwarz-roten nämlich schon ab nächstem
Jahr ein Defizit in zweistelliger Milliardenhöhe.
Grund sind teure Wahlgeschenke wie eine Ausweitung der Mütterrente, ein
ermäßigter Mehrwertsteuersatz für die Gastronomie, die Anhebung der
Pendlerpauschale oder die Senkung der Strompreise für die Industrie. Zudem
wollen Union und SPD steuerliche Entlastungen für Unternehmen und die
arbeitende Mitte. Während die Union das durch Einsparungen finanzieren
will, vor allem bei Bürgergeld und Migration, besteht die SPD auf einer
Gegenfinanzierung durch höhere Steuern für Reiche.
In der Arbeitsgruppe Haushalt, Steuern, Finanzen war man sich dem Vernehmen
nach eigentlich schon näher gekommen. Doch [2][das öffentlich gewordene
Arbeitspapier], welches die Gruppe am vergangenen Montag vorlegte, weist im
Wesentlichen die gegensätzlichen Positionen der Wahlprogramme auf. Das
Thema wird nun auf Ebene der Parteivorsitzenden verhandelt, eine
Unter-Arbeitsgruppe aus Alexander Dobrindt (CSU), Jens Spahn (CDU), Achim
Post (SPD) erarbeitet, wie die dpa berichtet, „Lösungskorridore“ und tagte
nach Aussage von Dobrindt bis spät in die Nacht.
Die stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Karin Prien sagte am Donnerstag,
sie erwarte einen baldigen Durchbruch bei den Koalitionsverhandlungen von
Union und SPD. „Ich denke, dass wir das Richtung Ende der Woche auch
weitgehend zum Abschluss bringen können“, sagte Prien der
Nachrichtenagentur AFP.
## Große Erwartungen
Druck kommt von allen Seiten. Der Arbeitgeberverband und der Zentralverband
des Handwerks drängen vor dem Hintergrund der US-amerikanischen Zollpolitik
auf eine schnelle Regierungsbildung und erwarten „wirtschaftsförderliches
Handeln“, wie Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger dem Redaktionsnetzwerk
Deutschland sagte. Eine Besteuerung Superreicher fordert hingegen ein
Bündnis aus zehn Organisationen, darunter die AWO, Attac und das Netzwerk
Steuergerechtigkeit.
Und auch die Ministerpräsident:innen der fünf ostdeutschen
Flächenländer und Berlins, die sich am Donnerstag in der Hauptstadt
getroffen haben, geben den Verhandler:innen noch einen Katalog mit
Forderungen mit in die Schlussrunde. Sie unterstrichen ihre Erwartung, dass
die ostdeutschen strukturschwachen Regionen bei der Verteilung der Mittel
aus dem Infrastrukturvermögen „hervorgehobene Berücksichtigung“ finden.
Außerdem sind sich die sechs Ministerpräsident:innen, von denen immerhin
vier der CDU angehören, einig, dass es einer finanziellen Begrenzung der
Pflegekosten bedarf und einer langfristigen [3][Stabilisierung des
Rentenniveaus bei 48 Prozent]. Für 97 Prozent der ostdeutschen
Rentner:innen stelle die gesetzliche Rente das einzige Alterseinkommen
dar.
Beides sind Forderungen der SPD, bei denen die Union bislang kein
Entgegenkommen zeigte. Hintergrund dürften auch hier die zu erwartenden
hohen Kosten sein. Eins ist allerdings unstrittig: Vor Ostern wird
Friedrich Merz nicht mehr zum Kanzler gewählt. Wieder eine Ankündigung, die
er gebrochen hat.
3 Apr 2025
## LINKS
[1] /Tuerkische-Regierung-gegen-Opposition/!6076877
[2] https://fragdenstaat.de/dokumente/258026-koalitionsverhandlungen-cdu-csu-sp…
[3] /Wahlprogramme-zur-Rente/!6062816
## AUTOREN
Anna Lehmann
## TAGS
Regierungsbildung
Schwarz-rote Koalition
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
CDU Schleswig-Holstein
CDU/CSU
Bürgergeld
Koalitionsverhandlungen
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