| # taz.de -- Bürgergeld und Finanzierung: Gerechtere Verteilung der Krankheitsk… | |
| > Krankenversorgung im Bürgergeld soll künftig aus Steuermitteln bezahlt | |
| > werden, denn das schont die Krankenkassen. Doch woher kommt das Geld? | |
| Bild: Sollen entlastet werden: die gesetzlichen Kassen | |
| Berlin taz | Die Krankenkassen und Sozialverbände protestieren schon | |
| lange. „Ein gewaltiges Gerechtigkeitsproblem“ machte der Vorstandschef der | |
| DAK-Gesundheit, Andreas Storm, aus. Denn die gesetzlichen Krankenkassen, | |
| genauer deren Versicherte mit ihren Beiträgen, zahlen den großen Teil der | |
| Krankenversorgung von Bürgergeldempfänger:innen mit. Doch das soll | |
| sich ändern. | |
| Laut der Vorlage der AG Gesundheit und Pflege in den | |
| [1][Koalitionsverhandlungen] sollen künftig jährlich zehn Milliarden Euro | |
| aus Steuermitteln zusätzlich für die Gesundheitsversorgung der | |
| Bürgergeldempfänger:innen an die gesetzlichen Kassen fließen. In der | |
| Vorlage heißt es: „Wir ergreifen Maßnahmen zur Stabilisierung der | |
| Beitragssätze. Die bisher nicht kostendeckenden Beiträge für | |
| Bürgergeldempfänger werden wir aus Steuermitteln vollständig finanzieren.“ | |
| Die gesetzlichen Kassen wären damit ein bisschen entlastet. Die | |
| Ungerechtigkeit besteht laut Storm auch darin, dass für | |
| Bürgergeldempfänger:innen zwar die gesetzlich Versicherten durch ihre | |
| Beiträge mitzahlen, die privat Versicherten aber nicht. | |
| Nach den Zahlen des Sozialverbands VDK von 2024 erhalten die gesetzlichen | |
| Krankenkassen für jede:n Bürgergeldempfänger:in, der oder die | |
| gesetzlich versichert ist, vom Staat nur eine Pauschale von 109 Euro pro | |
| Monat. Was darüber hinaus an Kosten für die Gesundheitsversorgung der | |
| Bürgergeldbezieher:innen und ihrer Haushaltsangehörigen anfällt, | |
| müssen die gesetzlichen Kassen aus den Beiträgen aller gesetzlich | |
| Versicherten ausgleichen. Der staatliche Zuschuss für privat Versicherte im | |
| Bürgergeldbezug beträgt hingegen rund 422 Euro monatlich an die | |
| Privatkassen. | |
| ## Finanzierungsvorbehalt gilt | |
| Ein Gutachten des Gesundheitsforschungsinstituts [2][IGES] hat die | |
| „Finanzierungslücke“ bei den Bürgergeldempfänger:innen genauer | |
| ausgerechnet. Nach Zahlen aus dem Jahre 2022 hätte der Staat im Monat eine | |
| Beitragspauschale von 311 Euro für jede:n Bürgergeldempfänger:in an | |
| die gesetzlichen Krankenkassen zahlen müssen, um die tatsächlichen Ausgaben | |
| für die Leistungsempfänger:innen und ihre Familienangehörigen | |
| abzudecken. Insgesamt kam das IGES-Institut auf eine Unterfinanzierung von | |
| 9,2 Milliarden Euro im Jahr bei den gesetzlichen Kassen. | |
| Inwieweit die Ankündigung in den Koalitionsverhandlungen am Ende auch | |
| umgesetzt wird, ist allerdings fraglich. Schließlich stehen alle Vorhaben | |
| unter „Finanzierungsvorbehalt“, heißt es in den Koalitionsverhandlungen. | |
| Hinzu kommt, dass künftig noch ein weiterer Posten, der aus Sozialbeiträgen | |
| bezahlt wird, möglichst aus dem Bundeshaushalt finanziert werden soll. Die | |
| Rentenversicherungsbeiträge für pflegende Angehörige werden derzeit aus den | |
| Mitteln der Pflegeversicherung finanziert. | |
| Eine Stabilisierung der Pflegeversicherung sei aber „nur möglich, wenn der | |
| Bund versicherungsfremde Leistungen wie die Rentenversicherungsbeiträge für | |
| pflegende Angehörigen und die Ausbildungsumlage übernimmt“, heißt es in der | |
| Vorlage der AG Gesundheit und Pflege. Immerhin müssten dadurch jährlich | |
| vier Milliarden Euro zusätzliche Ausgaben aus der Pflegekasse in den | |
| Bundeshaushalt verschoben werden. | |
| ## Verhetzungspotential ist groß | |
| Kommen die Entlastungen für die Sozialkassen nicht, werden auch die | |
| Arbeitgeber weiter über hohe Beiträge für die Sozialversicherungen | |
| klagen. Andererseits aber steigen die im Bundeshaushalt sichtbaren Kosten | |
| für das [3][Bürgergeld] dann von derzeit rund 40 auf rund 50 Milliarden | |
| Euro im Jahr. Die Notwendigkeit von mehr Steuergeldern wirft zudem | |
| Verteilungsfragen auf. Darin liegt auch Verhetzungspotenzial. Zumal der | |
| wohl künftige Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) große Einsparungen beim | |
| Bürgergeld angekündigt hat. | |
| 4 Apr 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Koalitionsverhandlungen/!6072570 | |
| [2] https://www.gkv-spitzenverband.de/media/dokumente/presse/pressekonferenzen_… | |
| [3] /Verhandlungen-von-Union-und-SPD/!6078729 | |
| ## AUTOREN | |
| Barbara Dribbusch | |
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