| # taz.de -- CDU-Politikerin Karin Prien: Giftiges Zwischenzeugnis für Bildungs… | |
| > Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien (CDU) könnte ins | |
| > Bundeskabinett wechseln. Im Norden gibt es viel Kritik an ihrer | |
| > Schulpolitik. | |
| Bild: Friedrich Merz und Karin Prien: Bald gemeinsam in der Bundesregierung? | |
| Kiel taz | Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien (CDU) könnte | |
| möglicherweise nach Berlin ins Bundeskabinett wechseln. Ein guter Zeitpunkt | |
| für ein Zwischenzeugnis, findet Martin Habersaat, Bildungsexperte der | |
| oppositionellen SPD-Landtagsfraktion. | |
| Seine Bilanz fällt giftig aus: Für ihre Leistungen in der Landespolitik | |
| würde Habersaat der Ministerin nur eine Vier minus geben. Doch vielleicht | |
| passe die Aufgabe auf Bundesebene besser zu ihren Talenten, so Habersaat. | |
| Denn Schulpolitik ist Ländersache, entsprechend [1][geringer ist der | |
| Einfluss des Bundes.] | |
| „Schleswig-Holstein ist den vergangenen Jahren in allen Bereichen | |
| abgerutscht“, sagte Habersaat. Beispiel Schulabbrüche: Im Jahr 2018 | |
| schieden rund neun Prozent der Jugendlichen ohne Abschluss aus. 2022/23 | |
| waren es 11,4 Prozent. Bei der Inklusionsquote, also der Zahl von Kindern | |
| mit Behinderungen in Regelschulen, sanken die Werte von gut 70 auf knapp 66 | |
| Prozent. | |
| Es fiel auch mehr Unterricht aus, im vergangenen Schuljahr knapp zwölf | |
| Prozent, im Vergleich zu 2017/18 mit knapp zehn Prozent, sagte Habersaat, | |
| der sich auf Quellen des Ministeriums bezog. Er bescheinigte Karin Prien, | |
| „fleißig und präsent“ zu sein und ihr Ministerium gut im Griff zu haben. | |
| „In einem Zeugnis würde ich schreiben: Für sie spricht, dass sie es | |
| geschafft hat, immer für höhere Aufgaben im Gespräch zu bleiben.“ | |
| ## Seit 2017 Bildungsministerin | |
| Die nächste mögliche Aufgabe könnte in Berlin liegen, [2][falls der | |
| vermutlich nächste Bundeskanzler Friedrich Merz die Juristin in sein | |
| Kabinett beruft.] Prien, 1965 in Amsterdam geboren, gehört der CDU seit | |
| 1981 an. Bereits als Studentin arbeitete sie im Presseteam des damaligen | |
| Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker. | |
| Die Anwältin saß in der Hamburger Bürgerschaft, bis Ministerpräsident | |
| Daniel Günther sie 2017 als Bildungs-, Wissenschafts- und Kulturministerin | |
| in Schleswig-Holstein berief. Zurzeit gehört Prien, auch durch ihre Präsenz | |
| auf Social Media, zu den bekanntesten Mitgliedern des Landeskabinetts. In | |
| der Bundes-CDU leitet sie den Fachausschusses Bildung, Forschung und | |
| Innovation und ist Sprecherin des Jüdischen Forums der CDU. | |
| Doch die Ministerin habe wenig Konkretes getan, um die Lage an den Schulen | |
| zu verbessern, meint Habersaat. Es gebe immer wieder [3][Pilotprojekte, die | |
| aber in der Fläche nichts helfen würden.] Zum Beispiel würden in Hamburg | |
| alle Kinder im Vorschulalter getestet, um mögliche Probleme früh zu | |
| erfassen. In Schleswig-Holstein solle das Verfahren in wenigen Modell-Kitas | |
| starten. | |
| Auch den Umgang mit den Lehrkräften kritisierte Habersaat. Aus Angst davor, | |
| dass sich Quereinsteiger:innen einklagen könnten, würden deren | |
| befristete Verträge bereits nach zwei Jahren nicht mehr verlängert. | |
| ## Die Angst der Quereinsteiger:innen | |
| Offiziell bestätigt sei das nicht, aber „wir bekommen zurzeit vermehrt | |
| Anfragen von Vertretungslehrkräften, die Angst haben, nicht | |
| weiterbeschäftigt zu werden“, sagt Kerstin Quellmann, Landesvorsitzende der | |
| Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). „Dabei geht es um Menschen, | |
| die gern in der Schule arbeiten wollen – dieses Potential ließe sich | |
| nutzen, wenn man sie fortbilden und qualifizieren würde.“ Unter diesen | |
| Umständen werde es immer schwieriger, Personen für den Unterricht zu | |
| finden. | |
| Dabei fehlt es bereits jetzt an Lehrkräften. Das Ministerium hatte darauf | |
| reagiert, indem Stunden gestrichen und Lerngruppen vergrößert wurden. Etwa | |
| im Bereich Deutsch als Zweitsprache (DAZ), wo jetzt 18 statt 16 Kinder in | |
| einer Klasse sitzen. „Schon vorher waren die Gruppen zu groß, jetzt wird es | |
| schlimmer“, sagt Quellmann. Auch die Kinder und Jugendlichen würden so | |
| entmutigt. | |
| Das Bildungsministerium wiest die Kritik zurück: „Guter Unterricht ist mehr | |
| als die Anzahl der Wochenstunden. Es geht um Quantität und um Qualität“, | |
| sagt Ministeriumssprecherin Beate Hinse. Für eine Bilanz sei es der falsche | |
| Zeitpunkt, schließlich „befinden wir uns mitten in der aktuellen | |
| Legislaturperiode“. | |
| Daher seien viele Themen von Lehrkräftegewinnung bis vorschulische Tests in | |
| Arbeit und würden umgesetzt. Zudem hatte Ministerin Prien im Landtag auf | |
| die steigenden Belastungen durch die „deutlich wachsenden Zahl der | |
| Schülerinnen und Schüler, auch bedingt durch die Zuwanderung“, hingewiesen. | |
| Kerstin Quellmann von der GEW sieht es anders: „Die Ministerin | |
| argumentiert, dass die Leistungen bei PISA und anderen Tests sinken, weil | |
| mehr Kinder mit Migrationshintergrund oder Behinderung im System sind. Aber | |
| das Niveau sinkt nicht wegen der Kinder, sondern weil die Schulen nicht | |
| richtig ausgestattet sind.“ | |
| 25 Apr 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Esther Geißlinger | |
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