# taz.de -- Rückschlag für Rüstungskontrolle: Der Himmel zieht sich zu | |
> US-Präsident Donald Trump kündigt den Rückzug aus dem „Open | |
> Skies“-Vertrag an. Angeblich habe Russland das Abkommen verletzt. | |
Bild: Heiko Maas erklärte, man werden versuchen Trump vom Ausstieg aus dem Ver… | |
BERLIN taz | Dem Gebäude [1][internationaler Rüstungskontrolle] droht | |
weitere Zerstörung. Nach ihrem Rückzug aus dem Atomabkommen mit Iran und | |
dem mit Moskau vereinbarten bilateralen [2][INF-Vertrag] zum Verbot | |
landgestützter nukleaer Mittelstreckenraketen wollen die USA auch aus dem | |
multilataralen „Open Skies“ (Offene Himmel) genannte Abkommen über | |
vertrauensbildene militärische Beobachtungsflüge aussteigen. | |
Das kündigte [3][Präsident Donald Trump] am Donnerstagabend an und verwies | |
zur Begründung auf angebliche Vertragsverletzungen durch Russland. | |
Aussenminister Heiko Maas erklärte, die Bundesregierung wolle gemeinsam mit | |
europäischen Bündnispartnern versuchen, Washington von dem Ausstieg aus dem | |
Vertrag abzuhalten. Dieser würde in sechs Monaten vollzogen. | |
Der „Open Skies“-Vertrag ist seit 2002 in Kraft. Er erlaubt seinen 34 | |
Vertragsstaaten – USA, Kanada, Rußland und weitere 31 europäische Länder �… | |
mehrfach im Jahr kurzfristig angekündigte Überwachungsflüge im gesamten | |
Luftraum „zwischen Vancouver und Wladiwostok“. | |
In den vergangenen 18 Jahren fanden über 1500 derartige Flüge statt, an | |
denen immer sowohl Vertreter der beobachtenden als auch der beobachteten | |
Staaten teilnehmen. Die Überwachungsflüge sollen unter anderem dazu dienen, | |
die Einhaltung des 1990 ebenfalls im Rahmen der KSZE vereinbarten Vertrages | |
über die Begrenzung konventioneller Waffen und Streitkräfte in Europa (KSE) | |
zu überwachen. | |
## „Absolut unbegründet“ | |
Die Trump-Administration wirft Moskau vor, Kontrollflüge über der | |
russischen Exklave [4][Kaliningrad] – wo Washington die Stationierung | |
atomarer Mittelstreckenraketen vermutet- sowie über dem Grenzgebiet | |
zwischen Russland und Georgien einzuzschränken. Dadurch werde „die | |
Transparenz in einem sehr militarisiertem Gebiet reduziert“, erklärte das | |
Pentagon. | |
Das russische Außenministerium kritisierte Trumps Ankündigung zum Ausstieg | |
aus dem Vertrag als „ absolut unbegründet.“ Kritik an Moskau hat zwar auch | |
die NATO seit 2018 geäußert. Zugleich hat das Militärbündnis aber die | |
rüstungskontrollpolitische Bedeutung des Vertrages unterstrichen und an | |
Washington appelliert, an dem Vertrag festzuhalten. | |
Aufgrund der unterschiedlichen Entwicklungen in der Rüstungs- und | |
Überwachungstechnologie seit der Aushandlung des Vertrages ist er | |
inzwischen allerdings von unterschiedlicher Bedeutung für die Partner im | |
NATO-Bündnis. Anders als die Europäer verfügen die USA über | |
Übewachungssatelliten, mit denen sie alle militärischen Aktivitäten | |
Russlands viel genauer und verläßlicher kontrollieren und ausspionieren | |
können, als mit Flugzeugen. | |
Umgekehrt hat Rußland auf die Verbesserung flugzeuggestützer | |
Überwachungstechnologie gesetzt und ist nach Auskunft von Experten | |
möglicherweise bereits in der Lage, Luftaufnahmen mit einer | |
Auflösunggenauigkeit unterhalb der im Open Skies-Vertrag festgelegten | |
Grenze von 30 Quadratzentimetern zu machen. | |
## Golfen unter Beobachtung | |
US-Präsident Trump war laut New York Times sehr verärgert wegen eines Flugs | |
der russischen Luftwaffe über seinem Golf-Ressort im Bundesstaat New Jersey | |
im Jahr 2017. | |
Das „Open Skies“-Abkommen wurde zwischen 1990 und 1992 von den damals 35 | |
Mitgliedsstaaten der „Konferenz (heute: Organisation) für Sicherheit und | |
Zusammenarbeit“ (K/OSZE) ausgehandelt und bis zu seinem Inkrafttreten im | |
Jahr 2002 von 34 Staaten unterschrieben und ratifiziert: den damals 16 | |
NATO-Staaten, allen Mitglieder des ehemaligen Warschauer Pakts sowie von | |
acht der seinerzeit zwölf Block unabhängigen KSZE-Mitgliedern. Österreich, | |
die Schweiz, Zypen, Lichtenstein und Andorra blieben dem Abkommen fern. | |
22 May 2020 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Zumach | |
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