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# taz.de -- USA kündigen INF-Vertrag auf: Rüstungskontrollverlust
> Die USA steigen aus dem INF-Vertrag aus. Auf das drohende Ende des
> Rüstungsvertrags könnte nun ein neues Wettrüsten folgen.
Bild: Trump und Putin als Freunde? Nicht in Rüstungsfragen
Genf/Berlin taz | Die USA haben ihre Ankündigung wahr gemacht, aus dem
INF-Abrüstungsabkommen mit Russland auszusteigen. Außenminister Mike Pompeo
sagte am Freitag in Washington, die US-Regierung fühle sich nicht mehr an
den Vertrag gebunden. Man sei aber offen dafür, weiterhin mit Russland über
Maßnahmen der Rüstungskontrolle zu verhandeln.
Nach dem Ausstieg der USA aus dem Vertrag über das Verbot von
landstationierten Mittelstreckenraketen und Marschflugkörpern mit
Reichweiten von 500 bis 5.500 Kilometern droht ein neues atomares
Wettrüsten. Dabei könnte es nicht nur um neue atomare Mittelstreckenraketen
in Deutschland und anderen europäischen Nato-Staaten sowie in Russland
gehen, sondern auch um strategische Atomwaffen – stationiert auf den
Landterritorien, U-Booten und Kampfbombern der USA und Russlands.
Die derzeitige Kontroverse zwischen den Nato-Hauptstädten und Moskau
erinnert an die Zeit Ende der 1970er Jahre. So wie aktuell mit der
Behauptung, Moskau habe unter Verstoß gegen den INF-Vertrag eine neue
landstationierbare Mittelstreckenrakete mit einer Reichweite von 2.600
Kilometern produziert, warf ab 1977 die damals noch rein westliche
Militärallianz der Sowjetunion vor, mit landgestützten
Mittelstreckenraketen vom Typ SS-20 übermäßig aufzurüsten. Sie forderte
deren Abbau.
Als Moskau dies ablehnte, traf die Nato im Dezember 1979 ihre als
„Doppelbeschluss“ verkaufte Entscheidung zur Stationierung von
Pershing-II-Raketen und Marschflugkörpern in Westdeutschland und vier
weiteren Nato-Staaten. Auf die Stationierung folgten Verhandlungen zwischen
Washington und Moskau, die im Dezember 1987 mit der Unterzeichnung des
INF-Abkommens endeten.
In dessen Folge wurden dann bis Ende Mai 1991 fast 3.000
Mittelstreckenraketen beider Seiten verschrottet. Anschließend zogen
Washington und Moskau auch sämtliche atomaren Artilleriegranaten aus Europa
ab.
Mit der Produktion der Pershing II hatten die USA schon lange vor dem
Doppelbeschluss begonnen. Aktuell läuft es ähnlich: Der US-Kongress
bewilligte der Trump-Regierung bereits für das Haushaltsjahr 2018 eine
erste Tranche von 500 Millionen Dollar zur Entwicklung einer neuen
Mittelstreckenrakete für eine mögliche Stationierung in Europa.
Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) schließt solch eine Stationierung zwar
bislang noch aus, doch Johann Wadephul, stellvertretender Fraktionschef
der Union im Bundestag, kritisierte die Haltung von Maas am Freitag als
„grundlegend falsch“. Wenn Russland „nicht zum Verzicht auf sein neues
Raketensystem bereit“ sei, müsse „die Nato sich auch diese Option
vorbehalten“. Mit seiner Haltung „untergräbt der Außenminister die
Geschlossenheit des Bündnisses und schwächt damit die Verhandlungsposition
gegenüber Russland“, erklärte der CDU-Politker. Es dürfe „keinen deutsch…
Sonderweg geben“.
## SPD und CDU nicht weit auseinander
1982 waren von Unions-PolitikerInnen schon fast wortgleiche Erklärungen zu
hören, als die SPD nach dem Verlust ihrer Regierungsmehrheit vom
Nato-Doppelbeschluss abrückte.
Aktuell sind SPD und CDU/CSU allerdings weit weniger auseinander, als die
Kontroverse zwischen Wadephul und Maas vermuten lässt. Der
SPD-Außenminister hat Anfang Dezember den [1][Gipfelbeschluss der
Nato-Alliierten mitgetragen], mit dem sich diese voll hinter die Behauptung
der Trump-Administration stellten, dass Moskau den Vertrag verletzt habe.
Die Darstellung Moskaus, das neu entwickelte Raketensystem bleibe mit einer
Reichweite von lediglich 480 Kilometern unterhalb der Verbotsgrenze des
INF-Vertrags, wurde bislang nicht ernsthaft überprüft. Die Kritik Moskaus,
von dem in Rumänien stationierten Nato-Raketenabwehrsytem ließen sich
Tomahawk-Marschflugkörper der USA abschießen, wurde auch von der
Bundesregierung bislang nicht ernst genommen.
Der außenpolitischer Sprecher der Linksfraktion, [2][Stefan Liebich],
kritisierte die Haltung der Bundesregierung. „Die Bundesrepublik
Deutschland hat wie die Nato die Schuld einseitig Russland zugeschrieben,
ohne eigene Erkenntnisse über deren Raketen zu haben. Man hat sich einfach
auf die Einschätzung der Amerikaner verlassen“, sagte Liebich der taz. Er
hätte erwartet, dass sich Deutschland stattdessen für gegenseitige
Kontrollen einsetze.
Der Ausstieg der USA aus dem INF-Vertrag tritt erst Anfang August endgültig
in Kraft. Es bleiben noch sechs Monate, um die gegenseitigen Vorwürfe zu
überprüfen. Dazu müssten die Inspektionsmechanismen wieder in Kraft gesetzt
werden, die galten, bis die USA und die Sowjetunion 1991 alle
Mittelstreckenraketen verschrotteten. (Mitarbeit: Tobias Schulze)
1 Feb 2019
## LINKS
[1] /Abruestung-von-Atomwaffen/!5553569
[2] /Stefan-Liebich-zur-Ruestungskontrolle/!5569886
## AUTOREN
Andreas Zumach
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