# taz.de -- Russland kündigt INF-Vertrag: Putin will den Längsten | |
> Nach den USA steigt auch Russland aus dem INF-Vertrag aus. Putin treibt | |
> die ohnehin angelaufene Entwicklung neuer Atomraketen voran. | |
Bild: Der neue russische Marschflugkörper vom Typ 9M729 | |
MOSKAU taz | Nur einen Tag nahm sich Russlands Staatschef Wladimir Putin | |
Zeit, um auf die Vorlage von Donald Trump zu antworten. Der US-Präsident | |
hatte am Freitag den [1][INF-Abrüstungsvertrag] über landgestützte atomare | |
Mittelstreckenraketen mit einer Frist von sechs Monaten gekündigt. Anfang | |
August würde damit das Abkommen von 1987 auslaufen. „Die amerikanischen | |
Partner haben erklärt, ihre Teilnahme auszusetzen“, sagte Putin am Samstag | |
im Fernsehen: „Wir setzen sie ebenfalls aus.“ | |
Putin befand sich in Begleitung von Außenminister Sergei Lawrow und | |
Verteidigungsminister Sergei Schoigu. Verhandlungen mit den USA werde es | |
nicht mehr geben, sagte er strikt. | |
Der Auftritt wirkte wie inszeniert. Der Kremlchef gab sich als | |
weitsichtiger Politiker. „Wir wollen warten, bis unsere Partner reif genug | |
sind, um mit uns einen Dialog über dieses Thema zu führen“, sagte er und | |
spulte ein Potpourri von Botschaften ab. Für die Europäer, die von der | |
Aufkündigung des INF-Vertrags besonders betroffen sind, waren diese | |
Botschaften zweideutig: Russland werde keine Mittelstreckenwaffen | |
aufstellen, wenn auch Washington sich enthalte. Man werde nun jedoch auch | |
an neuen Raketen arbeiten, so wie die USA. Allerdings wolle man, „in kein | |
teures Wettrüsten hineingezogen werden“. | |
Die USA hatten dem Vertragspartner vor zwei Monaten ein Ultimatum gestellt. | |
Bereits seit Präsident Barack Obama beanstandet Washington russische | |
Vertragsverletzungen. Marschflugkörper von einer Reichweite zwischen 500 | |
und 5.500 Kilometern verbietet der INF-Vertrag. Neben den USA warfen auch | |
die Nato-Staaten Moskau vor, mit der landgestützten Rakete vom Typ 9M729 | |
den Vertrag zu unterlaufen. Außer Frage steht inzwischen, dass Russland mit | |
der Anschaffung dieses Raketentyps – die Nato führt sie als SSC-8 Novator – | |
den Vertragsrahmen verlassen hat. Im Nachhinein behauptet auch Moskau, die | |
USA verletzten den INF-Vertrag bereits seit 1999. | |
## Marschflugkörper in Kaliningrad | |
Überraschend ist: Trotz Beschränkungen und Rüstungsvereinbarungen war | |
Moskau in der Lage, nukleares Potenzial zu entwickeln und anzuhäufen, um | |
damit ganz Europa präzise, schnell und mit geballter Kraft anzugreifen. Die | |
Novator verfügt über eine Reichweite von 2.000 Kilometern. Ein bestehender | |
INF-Vertrag schafft somit nicht automatisch mehr Sicherheit. Denn bislang | |
lag der militärische Vorteil mit Vertrag bei Russland, daran würde aber | |
auch eine Situation ohne Vertrag nichts verändern. | |
Für Teile Europas, besonders Deutschland, könnte auch die in Kaliningrad | |
aufgestellte SS-26 Iskander zur Bedrohung werden. Dieser Marschflugkörper | |
hat eine Reichweite von 500 Kilometern und ist damit INF-konform. Die | |
Iskander ist jedoch auch mit atomaren Gefechtsköpfen bestückbar. Zu den | |
Mittelstreckenwaffen zählt auch die seegestützte SS-N-30, genannt Kalibr. | |
Sie entspricht den INF-Vorgaben, weil sie nicht landgestützt ist, fliegt | |
aber weiter als 2.000 Kilometer und ist auch nuklear bestückbar. | |
Russland war die Erhaltung des INF-Vertrags kein wichtiges Anliegen. | |
Größeren Wert hatte in den letzten Jahren die Waffenentwicklung. Nach dem | |
Ende des Raketenabwehrvertrags ABM und mit der schwindenden Aufmerksamkeit | |
für den INF-Vertrag dachte Moskau über neue Waffensysteme nach und sorgte | |
vor. In der kommenden Phase ohne Auflagen sollen diese schnell angepasst | |
werden können. Moskau wird nach der Kündigung des Vertrags damit | |
fortfahren, was es ohnehin schon tut. Es wird das Arsenal der | |
nuklearfähigen Mittelstreckenwaffen aus- und aufbauen. | |
3 Feb 2019 | |
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## AUTOREN | |
Klaus-Helge Donath | |
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