# taz.de -- R2G in Bremen uneins in der Mietpolitik: Grüne gegen Mietendeckel | |
> In Bremen ist die Mietbelastungsquote höher als in Hamburg oder München. | |
> Die Grünen sind trotzdem gegen einen Mietendeckel. SPD und Linke sind | |
> dafür. | |
Bild: Wenn man das Einkommen berücksichtigt, ist Wohnen in Bremen schwerer bez… | |
BREMEN taz | In der rot-grün-roten Regierungskoalition in Bremen droht | |
Streit über einen Mietendeckel. Die Linke fordert ihn vehement und auch die | |
SPD findet die Idee „sympathisch“, wie ihr Baupolitiker Falk Wagner der taz | |
sagt – doch das Ressort der grünen Bausenatorin Maike Schaefer will die | |
Forderung erst mal nicht weiterverfolgen. | |
Dort verweist man darauf, dass die Mietbelastungsquote in den letzten vier | |
Jahren leicht gesunken ist, von 30,5 auf 29,7 Prozent. So berichtet es der | |
[1][Weser-Kurier unter Berufung auf ein internes Papier aus dem | |
Bauressort]. Die Sprecherin der Behörde kennt es jedoch nicht, wie sie auf | |
Nachfrage erklärt. „Es gibt dieses Papier natürlich“, sagt der Chefreport… | |
des Weser-Kuriers der taz. | |
Auch der Sprecher des Aktionsbündnisses „Menschenrecht auf Wohnen“, Joachim | |
Barloschky, sagt: „Wir brauchen dringend einen Mietendeckel.“ Er fordert | |
einen zunächst auf fünf Jahre befristeten Mietpreisstop. | |
Denn die von der Behörde genannte Mietbelastungsquote – sie setzt | |
Bruttokaltmiete und Einkommen ins Verhältnis – ist nur ein Median, sagt | |
also nichts über Spitzenwerte aus. Ein Wert von 30 Prozent gilt allgemein | |
als angemessen. In Bremen und in Bremerhaven geben allerdings jeweils rund | |
47 Prozent der MieterInnen über 30 Prozent ihres Einkommens für die Miete | |
aus, rund 23 Prozent sogar über 40 Prozent. | |
## Auf Platz 5 von 77 in Deutschland | |
Das geht aus einer umfassenden Analyse der Hans-Böckler-Stiftung ([2][PDF]) | |
hervor, die 77 deutsche Großstädte verglichen hat. Bremen liegt in dieser | |
Studie auf Platz 5, Bremerhaven auf Platz 6 der teuersten Städte – hinter | |
Düsseldorf, aber noch vor Hamburg und München. | |
Die Vermieterlobby von „Haus und Grund“, die ebenfalls gegen einen | |
Mietendeckel ist, freut sich über den Widerstand der Grünen. Anders als das | |
Bauressort vertritt „Haus und Grund“ aber die Auffassung, dass sich | |
angesichts der Zahlen aus der Baubehörde auch alle anderen | |
Mietenregulierungen „verbieten“, also etwa die Mietpreisbremse. Diese | |
Instrumente seien auf die „nicht belegbare Annahme eines angespannten | |
Wohnungsmarktes gestützt“, heißt es in einer Erklärung. | |
Bremen profitiert von niedrigen Bestandsmieten, auch wenn die in den | |
vergangenen Jahren laut Behördenpapier um 5 Prozent auf durchschnittlich | |
5,91 Euro pro Quadratmeter gestiegen seien. „In drei von vier Wohnungen | |
werde weniger als die Fördermiete von 6,50 Euro gezahlt“, zitiert der | |
Weser-Kurier. Anders sieht es aber bei jenen rund 10 Prozent aller | |
Wohnungen aus, die jährlich neu vermietet werden: Diese Angebotsmieten | |
stiegen laut Behördenpapier in Bremen von 2012 bis 2018 um 30 Prozent – auf | |
durchschnittlich 8,50 Euro pro Quadratmeter. | |
## Erst mal auf Berlin warten | |
Im [3][Koalitionsvertrag] haben sich SPD, Grüne und Linke darauf | |
verständigt, dass ein „zeitlich begrenzter Mietendeckel für den Bestand, | |
wie er in Berlin angestrebt wird, auch für Bremen in Betracht kommen“ | |
könne, falls die weitere Mietentwicklung dazu Anlass gebe. Dazu wolle die | |
Koalition die Erfahrungen in Berlin auswerten. | |
Der dortige rot-rot-grüne Senat will die Mieten fünf Jahre gesetzlich | |
einfrieren, für Neuvermietungen Obergrenzen je nach Alter und Ausstattung | |
der Wohnung festlegen und in bestimmten Fällen auch Mietsenkungen | |
ermöglichen. Die Wohnungs- und Immobilienbranche läuft Sturm gegen die | |
Pläne und geht davon aus, dass diese Investitionen in Neubau und | |
Modernisierung abwürgen. | |
Das CSU-geführte Bundesinnenministerium hält den Vorstoß von Rot-Rot-Grün | |
zudem für verfassungswidrig: Es argumentiert, das Land Berlin sei | |
„kompetenzrechtlich gehindert“, Gesetze zur Mietenbegrenzung zu erlassen. | |
Das schrieb das Ministerium einem Berliner [4][CDU-Bundestagsabgeordneten]. | |
Der Grund: Die Mietpreisbegrenzung sei bereits durch den Bund „umfassend | |
und abschließend geregelt“ worden. | |
„Allen Beteiligten war von Anfang an bewusst, dass sie juristisches Neuland | |
betreten“, sagt dazu die Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und | |
Wohnen: „Am Ende wird ein Gericht entscheiden, ob der Mietendeckel Bestand | |
hat.“ Und genau darauf will auch der SPD-Politiker Falk Wagner warten. Es | |
sei „völlig berechtigt“, über einen Mietendeckel nachzudenken. Und bis die | |
Gerichte über das Berliner Gesetz entschieden hätten, solle man „die Zeit | |
mit Bauen verbringen“, so Wagner. Der Bremer Linken reicht das nicht: Sie | |
will auch Immobilienkonzerne wie die Vonovia „enteignen“, [5][beschloss sie | |
jüngst auf ihrem Parteitag.] | |
Schließlich sinkt die [6][Zahl der Sozialwohnungen in Bremen] seit Langem. | |
1991 gab es noch fast 80.000, heute sind es nur noch 8.300. Neu gebaut | |
wurden zwischen 2012 und 2017 in Bremen 440 Sozialwohnungen. | |
26 Nov 2019 | |
## LINKS | |
[1] https://www.weser-kurier.de/bremen/bremen-stadt_artikel,-bremer-baubehoerde… | |
[2] https://www.boeckler.de/pdf_fof/100892.pdf | |
[3] https://www.spd-land-bremen.de/Binaries/Binary6330/Koalitionsvereinbarung-R… | |
[4] https://www.cducsu.de/presse/pressemitteilungen/mietendeckel-ist-verfassung… | |
[5] https://www.dielinke-bremen.de/politik/aktuell/detail-neu/news/landespartei… | |
[6] http://www.linksfraktion-bremen.de/fileadmin/user_upload/Texte_aktuell/Brem… | |
## AUTOREN | |
Jan Zier | |
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