# taz.de -- Kampf gegen steigende Mieten in Bremen: Deckel nach Berliner Vorbild | |
> Ein breites Bremer Bündnis fordert den sofortigen Mietenpreisstopp – und | |
> bekommt dafür prominenten juristischen Beistand. | |
Bild: Wer es bis in die Bremer Überseestadt geschafft hat, hat einen Mietendec… | |
BREMEN taz | Keine Mieterhöhung in Bremen. Und zwar fünf Jahre lang. Das | |
ist der Kern mehrerer Forderungen eines [1][Bürgerantrages], unterstützt | |
von einem breiten zivilgesellschaftlichen Bündnis. Gelingt es ihm, 5.000 | |
Unterschriften dafür zu sammeln, muss sich die Bremische Bürgerschaft damit | |
befassen und auch eine Entscheidung darüber fällen. Ein Volksbegehren ist | |
bisher aber nicht geplant. | |
Vorbild der Initiative ist das Land Berlin, wo Mitte Februar mit | |
rot-rot-grüner Mehrheit ein bundesweit bisher einmaliger Mietendeckel in | |
Kraft getreten war. Die Folge: Die Mieten in Berlin werden auf dem Stand | |
vom Juni 2019 eingefroren und dürfen ab 2022 höchstens um 1,3 Prozent | |
jährlich steigen. Ausgenommen sind Neubauwohnungen, die seit 2014 | |
bezugsfertig wurden. | |
Die Linkspartei in Bremen will auch so einen Mietendeckel, sie möchte am | |
liebsten auch gleich Immobilienkonzerne wie die Vonovia „enteignen“. Und | |
SPD-Baupolitiker Falk Wagner findet es zumindest „völlig berechtigt“, über | |
einen Mietendeckel nachzudenken. [2][Die grüne Bausenatorin Maike Schaefer | |
ist da aber zurückhaltend], und der [3][Koalitionsvertrag] bleibt vage: Ein | |
„zeitlich begrenzter Mietendeckel“ für bestehende Wohnungen könne „auch… | |
Bremen in Betracht kommen“, falls die weitere Mietentwicklung dazu Anlass | |
gebe, heißt es da. | |
Gibt sie das? In Bremen und in Bremerhaven geben jeweils rund 47 Prozent | |
der MieterInnen über 30 Prozent ihres Einkommens für die Miete aus, rund 23 | |
Prozent sogar über 40 Prozent. Das geht aus einer umfassenden Analyse der | |
[4][Hans-Böckler-Stiftung] hervor, die 77 deutsche Großstädte verglichen | |
hat. Bremen liegt dabei auf Platz 5, Bremerhaven auf Platz 6 der teuersten | |
Städte – hinter Düsseldorf, aber noch vor Hamburg und München. | |
Eine MieterInnen- und EigentümerInnenbefragung der [5][Arbeitnehmerkammer] | |
kommt zu dem Ergebnis, dass die Menschen in den teuren Stadtteilen Mitte | |
und Östliche Vorstadt im Schnitt zwar weniger als 30 Prozent ihres | |
Nettoeinkommens für Miete ausgeben – [6][im preisgünstigen Gröpelingen sind | |
es aber mehr als 36 und in Woltmershausen sogar 40 Prozent]. Dabei gilt ein | |
Wert von 30 Prozent im Allgemeinen als angemessen. | |
Das Landgericht Berlin jedoch hält das dortige Mietendeckel-Gesetz für | |
verfassungswidrig. Die RichterInnen sind der Ansicht, das Bundesland habe | |
gar nicht die Kompetenz gehabt, ein solches Gesetz zu erlassen, weil das | |
allein Sache des Bundes sei. Einen Eilantrag gegen den Mietendeckel hat das | |
Bundesverfassungsgericht indes abgelehnt ([7][1 BvQ 15/20]) – und den | |
Erlass einer [8][einstweiligen Anordnung] auch. | |
Die Frage, ob das Land Berlin die Gesetzgebungskompetenz für die Regelungen | |
zur Mietobergrenze besitzt, müsse als offen bezeichnet werden, sagten die | |
Karlsruher RichterInnen. Und weiter: „Das Bundesverfassungsgericht darf von | |
seiner Befugnis, den Vollzug eines in Kraft getretenen Gesetzes | |
auszusetzen, nur mit größter Zurückhaltung Gebrauch machen.“ | |
Prominenten juristischen Beistand bekommt der [9][Bremer Bürgerantrag] nun | |
durch ein von der [10][Rosa-Luxemburg-Stiftung in Auftrag gegebenes | |
Rechtsgutachten], das unter anderem die Jura-Professoren Andreas | |
Fischer-Lescano und Christoph Schmid geschrieben haben, die beide | |
Direktoren des Zentrums für Europäische Rechtspolitik an der Uni Bremen | |
sind. | |
Sie kommen zum Ergebnis, dass landesrechtliche Maßnahmen wie das hier | |
geforderte Mietpreismoratorium durchaus zulässig sind, wenn sie der | |
öffentlich-rechtlichen Regulierung dienen. Ein Mietendeckel sei weder vom | |
Bundesrecht ausgeschlossen, noch diesem gegenläufig, argumentiert das | |
Rechtsgutachten. | |
Auf diese Expertise stützt sich nun der Bürgerantrag, der unter anderem vom | |
[11][Bündnis „Menschenrecht auf Wohnen“,] der Arbeiterwohlfahrt, dem | |
Mieterschutzbund, der Diakonie, dem Paritätischen Wohlfahrtsverband und den | |
Gewerkschaften Ver.di und GEW getragen wird. „Wir wollen zeigen, dass ein | |
Großteil der BremerInnen einen Mietendeckel befürwortet“, sagte Kornelia | |
Ahlring, die stellvertretende Vertrauensperson des Bündnisses. Anders als | |
die [12][rot-grün-rote Landesregierung] wolle man nicht auf ein Urteil des | |
Bundesverfassungsgerichts warten: „Das Problem ist akut.“ | |
Neben dem Mietendeckel wird deshalb auch ein „Bodendeckel“ gefordert. Das | |
heißt, kommunaler Grundbesitz soll nicht mehr veräußert und nur noch mit | |
Erbbaurecht zu „deutlich gesenkten Zinsen“ und mit langfristigen | |
Nutzungsauflagen vergeben werden dürfen. Für laufende Planungen soll es ein | |
Moratorium geben. | |
1 Apr 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://bremerbuendnissozialearbeit.jimdofree.com/b%C3%BCrgerantrag-mietend… | |
[2] /R2G-in-Bremen-uneins-in-der-Mietpolitik/!5640479&s=Zier+gr%C3%BCne+geg… | |
[3] https://www.spd-land-bremen.de/Binaries/Binary6330/Koalitionsvereinbarung-R… | |
[4] https://www.boeckler.de/pdf/pm_fofoe_2018_09_18.pdf | |
[5] https://www.arbeitnehmerkammer.de/service/presse/pressemitteilungen/wohnkos… | |
[6] /Archiv-Suche/!5666989&s=arme+wohnen+zu+teuer&SuchRahmen=Print/ | |
[7] https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=BVerfG&Dat… | |
[8] https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/0… | |
[9] https://www.barloschky.de/images/2020/1-B%C3%BCrgerantrag_Mieten-Bodendecke… | |
[10] https://www.rosalux.de/publikation/id/41344/landeskompetenzen-fuer-massnah… | |
[11] https://www.barloschky.de/index.php/menschenrecht-auf-wohnen | |
[12] /Kampf-um-bezahlbaren-Wohnraum/!5666366&s=das+ist+wohnsinn/ | |
## AUTOREN | |
Jan Zier | |
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dafür. |