# taz.de -- Prozess in Simbabwe: Dem Regime zu unbequem | |
> In Simbabwe geht der Schauprozess gegen die mit einem Deutschen | |
> verheiratete Tsitsi Dangarembga weiter. Die Schriftstellerin gibt sich | |
> kämpferisch. | |
Bild: Vor Gericht: Tsitsi Dangarembga, Gewinnerin des Friedenspreises des deuts… | |
KAMPALA taz | Es ist ein Schauprozess, der an diesem Mittwoch in Simbabwe | |
abgehalten wird. Afrikas berühmteste Buchautorin und [1][Gewinnerin des | |
Friedenspreises des deutschen Buchhandels, Tsitsi Dangarembga], steht in | |
ihrem Heimatland vor Gericht. Die 63-Jährige ist wegen öffentlichen Aufrufs | |
zu Gewalt, Friedensbruch und Bigotterie angeklagt. Mit ihrem Beispiel will | |
die autoritäre Regierung ein Exempel gegen alle Regimekritiker statuieren. | |
Ende Juli 2020 wurden Dangarembga und ihre Mitstreiterin, die Journalistin | |
Julie Barnes, während eines Protestmarsches außerhalb der Hauptstadt Harare | |
entlang einer Überlandstraße verhaftet, angeblich wegen Verstoßes gegen die | |
Corona-Auflagen. Ihr Gesicht versteckt hinter einer Maske zum Schutz gegen | |
Corona, mit einer Mütze auf dem Kopf, hielt sie damals ein Schild in der | |
Hand: „Wir wollen unsere Institutionen besser reformieren“, stand darauf. | |
Gründe, in Simbabwe zu protestieren, gibt es genug. Das einst wohlhabende | |
Land liegt schon seit Jahrzehnten wirtschaftlich am Boden, seine | |
Inflationsrate ist eine der höchsten Afrikas. Die Hoffnung auf Veränderung | |
und Besserung, die sich 2017 nach dem Sturz des alten, gebrechlichen Robert | |
Mugabe kurzzeitig eingestellt hatte, ist schon lange verpufft. Dessen | |
Nachfolger, Emmerson Mnangagwa, führt die autoritäre Politik gegen Kritiker | |
unverändert fort. | |
Das zeigt der Prozess gegen Dangarembga nur allzu deutlich – und das ist | |
wohl mitunter der Grund, warum die Frau, die in Berlin mit einem Deutschen | |
verheiratet ist und dort Kinder hat, vor zwei Wochen freiwillig in ihre | |
Heimat zurückgekehrt ist, um sich dort dem Gericht zu stellen. Zuvor war | |
sie noch in Europa auf Lesetour, hat zahlreiche Interviews gegeben. Darin | |
hat sie nicht in erster Linie über ihre Bücher gesprochen, sondern über die | |
schwierigen Verhältnisse in ihrer Heimat. | |
## Gravierende internationale Aufmerksamkeit | |
28 Verhandlungstage dauert das Verfahren vor dem Korruptionsgericht, das | |
direkt dem Präsidenten untersteht und nicht dem Justizministerium, in | |
Harare schon an. Zuletzt hat das Gericht einen Haftbefehl gegen sie | |
erwirkt. Zum letzten Verhandlungstag am 4. August war die Autorin aufgrund | |
von Krankheit nicht erschienen, so ihr Anwalt. Bis zuletzt war Dangarembga | |
zuversichtlich, dass die Anklage gegen sie fallen gelassen wird, immerhin | |
hat ihr Fall gravierende internationale Aufmerksamkeit erzeugt. | |
Doch das Gericht zieht den Prozess nun durch. Ein Grund dafür mag sein, | |
dass im nächsten Jahr Wahlen in Simbabwe anstehen. Es sind die ersten | |
Wahlen seit der Machtübernahme 2017 durch einen Putsch gegen den alten | |
Präsidenten Mugabe durch Mnangagwa. | |
Beide gehören derselben Partei an, Zanu-PF (Zimbabwe African National | |
Union/Patriotic Front), die schon seit Jahrzehnten an der Macht ist. | |
[2][Bei den nächsten Wahlen geht es also um den Fortbestand des korrupten | |
autoritären Regimes.] Einflussreiche Regierungskritiker:innen, die weltweit | |
bekannt sind, stören dabei enorm. | |
## „Ich habe keine Angst“ | |
Das hat die Schriftstellerin bewogen, so sagt sie in einem Interview vor | |
ihrer Abreise aus Europa, sich dem Gericht zu stellen, auch wenn es | |
gefährlich für sie ist. Es drohen hohe Haftstrafen. „Ich bin simbabwische | |
Staatsbürgerin. Ich habe mein Zuhause und meine Arbeit dort. Ich werde | |
diese Turbulenzen durchstehen“, versicherte sie. „Ich habe keine Angst.“ | |
Als Beobachterin mit vor Ort in Harare ist Cornelia Zetzsche, | |
Vizepräsidentin des Schriftstellerverbands PEN-Zentrum Deutschland. Laut | |
Zetzsche gilt Dangarembga als „unbequeme Kritikerin“ in Simbabwe. Doch | |
„Autokraten wollen keine Kritiker“, so Zetzsche: „Ein friedlicher Protest | |
wird hier kriminalisiert.“ | |
Im Gerichtsaal werden heute die Zeugen der Verteidigung gehört. Bislang war | |
die Strategie des Gerichts offenbar eher Zermürbung, denn zahlreiche | |
Termine wurden nur halbherzig durchgezogen, mitunter tauchten weder | |
Staatsanwalt noch Richter auf. Dreimal wurde der Richter sogar | |
ausgetauscht. | |
Wie der Prozess ausgehen wird, ist unklar. Dangarembga selbst nennt ihr | |
Verfahren einen „kleinen Fall“, denn in Simbabwe sitzen bereits zahlreiche | |
Journalisten, Anwälte und Oppositionelle in Haft, die das Regime kritisiert | |
haben. | |
10 Aug 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Friedenspreis-des-Deutschen-Buchhandels/!5807699 | |
[2] /Wahljahr-in-Simbabwe/!5837967 | |
## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
## TAGS | |
Afrika | |
Gerichtsurteil | |
Simbabwe | |
Schriftstellerin | |
Friedenspreis des Deutschen Buchhandels | |
Schauprozess | |
Regimekritiker | |
Protestmarsch | |
Verhaftung | |
Salman Rushdie | |
Simbabwe | |
Islamismus | |
Friedenspreis des Deutschen Buchhandels | |
Friedenspreis des Deutschen Buchhandels | |
Simbabwe | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Friedenspreis für Salman Rushdie: Eine gute, politische Entscheidung | |
Unbeirrt verteidigt der Autor Salman Rushdie mit seinen Romanen das Recht | |
auf freie Meinungsäußerung. Ihm und anderen gebührt öffentliche | |
Solidarität. | |
Simbabwe geht gegen Opposition vor: Haft für Regimekritiker | |
Wer Protest gegen die Regierung von Simbabwes Präsident Mnangagwa | |
organisiert, lebt gefährlich. Dies gilt vor allem im Wahljahr 2023. | |
African Book Festival Berlin: Ein Kurator, der bei al-Qaida war | |
Der Mauretanier Mohamedou Ould Slahi Houbeini wurde unrechtmäßig in | |
Guantanamo interniert. Aber was macht ihn zu einem guten Festivalleiter? | |
Autor Serhij Zhadan erhält Friedenspreis: Den Lebenden zuhören | |
Der Schriftsteller Serhij Zhadan erhält den Friedenspreis des Deutschen | |
Buchhandels. Er schreibt aus dem kriegsbedrohten Charkiw. | |
Friedenspreis des Deutschen Buchhandels: „Handeln kommt aus der Hoffnung“ | |
Frauen müssen bei Tsitsi Dangarembga gegen eine doppelte Unterdrückung | |
ankämpfen: patriarchale Strukturen und rassistische Unterjochung. | |
Menschenrechtsverletzungen in Simbabwe: Solidarität mit Unterdrückten | |
Unter #ZimbabweanLivesMatter protestieren Prominente gegen Repressionen in | |
Simbabwe. Sogar Malawis Präsident übt Kritik – ansonsten ein Tabu. |