# taz.de -- Wahljahr in Simbabwe: Simbabwe fällt zurück in Gewalt | |
> Seit Oppositionsführer Nelson Chamisa eine neue Partei gegründet hat, | |
> schimpft und knüppelt die Staatsmacht wieder wie in alten Mugabe-Zeiten. | |
Bild: Kundgebung des simbabwischen Oppositionsführers Chamisa in Harare am 20.… | |
HARARE taz | Die Brutalität, mit der Simbabwes regierende ZANU-PF (Simbabwe | |
Afrikanische Nationalunion/Patriotische Front) auf jede Herausforderung | |
ihrer Herrschaft reagiert, macht das Land seit über zwei Jahrzehnten zu | |
einer Insel der Instabilität im südlichen Afrika. Als Langzeitherrscher | |
[1][Robert Mugabe] 2017 nach 37 Jahren an der Macht durch [2][Emmerson | |
Mnangagwa] ersetzt wurde, waren die Hoffnungen auf einen politischen | |
Neuanfang groß. Aber vor den Wahlen 2023 deutet der Umgang mit der neuesten | |
Oppositionskraft CCC (Bürgerkoalition für den Wandel) darauf hin, dass sich | |
nichts ändert. | |
Die CCC entstand im Januar, als die größte Oppositionspartei MDC (Bewegung | |
für demokratischen Wandel) sich zerfleischte und ihr Anführer Nelson | |
Chamisa kurzerhand eine eigene Partei gründete. Chamisa war bereits bei den | |
Wahlen 2018 der wichtigste Herausforderer von Mnangagwa gewesen. | |
Die Wahlen 2023 dürften eine Wiederholung dieser Konfrontation mit sich | |
bringen. Eine Generalprobe gibt es am 26. März, bei 133 Nachwahlen zu | |
Parlament und Kommunalvertretungen, die während der Coronapandemie nicht | |
stattfinden konnten. | |
In bewährter Manier kommen nun von ZANU-PF die aus Mugabe-Zeiten bekannten | |
Vorwürfe, wonach die Opposition unter Chamisa eine Marionette westlicher | |
Interessen sei. Festnahmen und Gewalttaten nehmen zu. Die CCC-Farbe Gelb zu | |
tragen ist schon fast ein Verbrechen geworden: In Harare wurden | |
CCC-Unterstützer allein auf Grundlage der Farbe ihrer Kleidung festgenommen | |
und beschuldigt, den Fußgängerverkehr zu stören. | |
Die erste große CCC-Versammlung mit Chamisa am 20. Februar wurde nur unter | |
strengen Auflagen genehmigt: Die Partei durfte keine Unterstützer per Auto | |
herbeiholen und keine als „Toyi-Toyi“ bekannten militanten Tänze aufführe… | |
die Polizei riegelte Zufahrtsstraßen ab. Dennoch, oder vielleicht gerade in | |
Reaktion auf diese Maßnahmen, kamen Zehntausende und verwandelten das | |
historische Stadion Zimbabwe Grounds im Stadtteil Highfields von Harare in | |
ein Meer von Gelb. | |
„Dreimal C ist Simbabwes nächste Regierung!“, rief Chamisa. „Wir werden | |
keinen Wahlbetrug zulassen. Nie wieder.“ Bei den [3][Wahlen 2018] hatte den | |
amtlichen Ergebnissen zufolge Mnangagwa gegen Chamisa mit 51,4 gegen 45,2 | |
Prozent gewonnen – Chamisa zog wegen Wahlbetrugs vor Gericht und verlor. | |
Die CCC-Sympathisanten hätten mit ihrer zahlreichen Teilnahme auf das | |
„schändliche“ Verhalten des Staates reagiert, sagte Kommentator Ibbo | |
Mandaza: „Mnangagwas Regime hängt am seidenen Faden.“ Simbabwes | |
Staatsmedien berichteten nicht über die Großkundgebung, sie wurde nur über | |
soziale Medien übertragen – rein zufällig verlangsamte sich das Internet in | |
der fraglichen Zeit deutlich. | |
Bei einer erneuten CCC-Versammlung am 27. Februar griffen ZANU-PF-Anhänger | |
die Menge laut Augenzeugen mit Eisenstangen, Macheten und Steinen an. Ein | |
Mensch wurde getötet und 17 verletzt. | |
Ein weiteres Problem der Opposition besteht darin, dass die | |
Staatsverwaltung auffallend langsam neue Personalausweise ausstellt, wie | |
sie zur Wählerregistrierung gebraucht werden. Es gebe eine | |
„Herausforderung“, sagte dazu Innenminister Aaron Nhepera. Eine Firma aus | |
Litauen stellt Simbabwes Personalausweise und Pässe her. Oppositionelle | |
sagen, auf diese Weise wolle die Regierung Jugendliche von den Wählerlisten | |
fernhalten. Zugleich würden Tote nicht pünktlich gestrichen. | |
Auch ZANU-PF bereitet sich mit Kundgebungen auf die Nachwahlen vor. In | |
Marondera, 70 Kilometer östlich der Hauptstadt Harare, warnte Vizepräsident | |
und Exarmeechef Constantino Chiwenga vor einem „Ausverkauf des Landes an | |
seine ehemaligen Kolonialherren“ und behauptete: „Die Opposition wird von | |
Ausländern angeführt, die dieses Land zerstören wollen.“ | |
1 Mar 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Nachruf-auf-Robert-Mugabe/!5621527 | |
[2] /Neuer-Praesident-fuer-Simbabwe/!5463163 | |
[3] /Praesidentschaftswahl-in-Simbabwe/!5526307 | |
## AUTOREN | |
Marcus Mushonga | |
## TAGS | |
Emmerson Mnangagwa | |
ZANU-PF | |
Repression | |
Protest | |
Wahlen | |
Opposition | |
Robert Mugabe | |
Simbabwe | |
Simbabwe | |
Simbabwe | |
Emmerson Mnangagwa | |
Simbabwe | |
Simbabwe | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Gewalt in Simbabwe: Ordnungshüter als Verbrecher | |
Simbabwe diskutiert über eine Welle bewaffneter Kriminalität von Soldaten | |
und Polizisten. Mangelnde Bezahlung gilt als ein Faktor. | |
Nachwahlen in Simbabwe: Erfolg für neue Oppositionskraft | |
Bei den Nachwahlen in Simbabwe schneidet die „Citizens Coalition for | |
Change“ erfolgreich ab. Das Land könnte erneut vor unruhigen Zeiten stehen. | |
Streit in Regierungspartei: Machtkampf hält Simbabwe in Atem | |
Soll der Präsident Mnangagwa 2023 wieder antreten oder Ex-Armeechef | |
Chiwenga Platz machen? Die Frage zerreißt die Partei ZANU/PF jetzt schon. | |
Menschenrechtsverletzungen in Simbabwe: Solidarität mit Unterdrückten | |
Unter #ZimbabweanLivesMatter protestieren Prominente gegen Repressionen in | |
Simbabwe. Sogar Malawis Präsident übt Kritik – ansonsten ein Tabu. | |
Proteste in Simbabwe: Präsident schäumt gegen „Schurken“ | |
Simbabwes Opposition ruft zu landesweiten Protesten auf. Im Vorfeld werden | |
regierungskritische Journalisten und Politiker verhaftet. |