# taz.de -- Nachwahlen in Simbabwe: Erfolg für neue Oppositionskraft | |
> Bei den Nachwahlen in Simbabwe schneidet die „Citizens Coalition for | |
> Change“ erfolgreich ab. Das Land könnte erneut vor unruhigen Zeiten | |
> stehen. | |
Bild: Unterstützter von Nelson Chamisa bei einer Wahlkampfveranstaltung in Har… | |
Harare taz | Die Nachwahlen vom vergangenen Sonntag in Simbabwe deuten | |
darauf hin, dass das Land erneut vor unruhigen Zeiten steht. Eine erneute | |
politische Polarisierung zwischen Präsident Emmerson Mnangagwa und | |
Oppositionsführer Nelson Chamisa deutet sich an, rechtzeitig zu den | |
Präsidentschaftswahlen 2023, die genauso umstritten sein dürften wie alle | |
anderen bisher. | |
Für Mnangagwas regierende [1][ZANU-PF (Zimbabwe African National Union- | |
Patriotic Front)] und Chamisas neugegründete Oppositionskraft [2][CCC | |
(Citizens Coalition for Change)] war die Nachwahl von 28 der 210 | |
Parlamentssitze am Sonntag eine Art Generalprobe für den wichtigeren | |
Urnengang nächstes Jahr. Die CCC holte 19 der 28 Sitze, ZANU-PF neun. Die | |
Regierungspartei behält aber trotzdem ihre Gesamtmehrheit im Parlament. So | |
kann sich jetzt jeder als Sieger fühlen. | |
Auf seiner Nachwahlpressekonferenz in der Hauptstadt Harare war ZANU-PF | |
Sprecher Chris Mutsvangwa kompromisslos und wiederholte den alten Vorwurf, | |
die Opposition seine eine Marionette des Westens zu imperialistischen | |
Zwecken. “In London benutzen sie die Opposition, um unser Land | |
zurückzufordern. Sie (die Opposition) sollte die Nabelschnur kappen, die | |
sie an den weißen Mann bindet,“ sagte Mutsvangwa und behauptete: „Wir haben | |
mit der Waffe gekämpft, um Demokratie zu schaffen, nicht um die Macht zu | |
erobern. Demokratie kommt nicht aus Amerika. Die Opposition sollte nicht | |
länger mit rechten Herren ins Bett gehen, die sich nach der Zeit | |
zurücksehnen, als ihnen Simbabwe gehörte.“ | |
Solche Sprüche sind typisch für die ZANU-PF, die Simbabwe seit der | |
Unabhängig 1980 regiert und davor als Guerillaarmee gegen die weiße | |
Minderheitsherrschaft im vormaligen Rhodesien gekämpft hatte. Ihr | |
langjähriger Führer seit dem Befreiungskrieg. [3][Robert Mugabe], wurde | |
2017 durch einen Militärputsch seiner eigenen Generäle gestürzt und durch | |
Mugabes alten Mitstreiter [4][Emmerson Mnangagwa] ersetzt worden war. Die | |
aus dem Befreiungskrieg hervorgegangenen Militärs haben immer gesagt, sie | |
würden keinen Präsidenten anerkennen, der sich seine Sporen nicht im | |
Befreiungskrieg verdient habe. | |
Zu den Wahlergebnissen jetzt sagte Mutsvangwa: “ZANU-PF ist erfreut | |
darüber, dass es seine traditionelle Anhängerschaft in seinen | |
traditionellen ländlichen Bastionen behalten und ausgebaut hat.“ Die erst | |
drei Monate alte Oppositionspartei CCC habe es nicht geschafft, an ihren | |
zerfallenen Vorgänger MDC (Movement for Democratic Change) anzuknüpfen. | |
## Nur 35 Prozent Beteiligung | |
Doch CCC-Führer Chamisa sah das ganz anders. Der ehemalige | |
Informationsminister in Simbabwes kurzlebiger Regierung der Nationalen | |
Einheit 2009-13 und ehemalige MDC-Jugendführer erklärte vor Journalisten in | |
Harare: „Wir sind die nächste Regierung. Nichts wird uns daran hindern, die | |
nächste Regierung zu bilden.“ | |
Laut Wahlkommission betrug die Beteiligung nur 35 Prozent und es gab | |
Berichte über Wählereinschüchterung. Schon der Wahlkampf war von Gewalt | |
geprägt. Die Polizei verhinderte manche CCC-Veranstaltungen mit | |
Straßensperren und Festnahmen und verhaftete Menschen, die die | |
CCC-Parteifarbe Gelb trugen. Es gab mindestens einen Toten, als mutmaßliche | |
ZANU-PF-Unterstützer eine CCC-Versammlung sprengten. | |
Klar ist: Diese Nachwahl markiert das Ende einer der einst wichtigsten | |
Oppositionsparteien Afrikas: die MDC (Movement for Democratic Change), 23 | |
Jahre nach ihrer Gründung durch den damaligen simbabwischen | |
Gewerkschaftsführer [5][Morgan Tsvangirai] als politischer Arm einer | |
Massenprotestbewegung gegen die Mugabe-Diktatur. | |
Im Jahr 2000 holte die MDC aus dem Stand 57 der 120 gewählten | |
Parlamentssitze mit 47 Prozent der Stimmen und brachte das Mugabe-Regime | |
schwer in Bedrängnis. Iin den Jahren danach versank Simbabwe in der Krise, | |
weil die ZANU-PF unter Mugabe alle Mittel einsetzte, um an der Macht zu | |
bleiben, bis hin zu verbreiteter Gewalt. Nach sehr umstrittenen Wahlen | |
2008, bei denen die MDC und Tsvangirai gewannen, aber Mugabe eine Stichwahl | |
durchsetzte, die Tsvangirai schließlich boykottierte, bildeten die Rivalen | |
eine gemeinsame Regierung, aber am Ende behielt ZANU-PF die Oberhand und | |
die MDC zerfiel. | |
Erst nach Mugabes Sturz 2017 fanden die rivalisierenden MDC-Flügel wieder | |
zusammen, aber noch vor den fälligen [6][Neuwahlen 2018] starb Parteichef | |
Tsvangirai an Krebs und davon erholte sich die Partei nicht. Sein | |
Nachfolger Nelson Chamisa, der schließlich gegen den neuen Präsidenten | |
Mnangagwa antrat und verlor, war parteinntern umstritten. Er setzte sich | |
damals gegen seine Rivalen Elias Mudzuri and Thokozani Khupe durch. | |
Tsvangirais Sohn Richard Tsvangirai sagte damals dazu: “Eine Partei der | |
Arbeiter, Studenten und Armen ist von ein paar gierigen Menschen in ein | |
Witzobjekt verwandelt worden. Traurig!“ | |
Chamisa verließ schließlich die MDC, um die CCC als seine eigene Plattform | |
zu gründen. Die Rumpf-MDC „MDC Alliance“ unter Douglas Mwonzora blieb | |
erhalten, zerstritt sich mit zahlreichen MDC-Abgeordneten, die 2018 gewählt | |
worden waren, und errang bei den Nachwahlen jetzt keinen einzigen Sitz. | |
Nun feiert ZANU-PF den „Tod“ ihres alten Gegners. „Die Realität ist, dass | |
MDC endlich gestorben ist“, erklärten die „Patrioten“, ein Teil der | |
Regierungspartei, und nannte die MDC einen „schwarzen Fleck“ auf der | |
Geschichte des Landes. „Dieses Tier war vom Westen benutzt worden.“ | |
30 Mar 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://twitter.com/ZANUPF_Official | |
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## AUTOREN | |
Marcus Mushonga | |
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