# taz.de -- Proteste in Hongkong: Merkel mahnt friedliche Lösung an | |
> Beim Besuch in China hat Kanzlerin Merkel die Unruhen in Hongkong | |
> angesprochen. Wirtschaftliche Beziehungen machen das zum Balanceakt. | |
Bild: Angela Merkel genießt hohes Ansehen in China – will es jedoch auch ni… | |
Sie hat es getan. Kanzlerin Angela Merkel hat [1][die Demokratie-Proteste | |
in Hongkong] gegenüber dem chinesischen Premierminister Li Keqiang | |
angesprochen. Öffentlich. Die Kanzlerin forderte alle Beteiligten auf, von | |
Gewalt abzusehen. Sie [2][mahnte eine friedliche Lösung der Spannungen in | |
Hongkong an] und betonte, dass Grundsatzabkommen Großbritanniens mit China | |
zur Übergabe der ehemaligen Kronkolonie gelte weiter. Deshalb müssten den | |
Bürgern in Hongkong die ihnen zugesicherten „Rechte und Freiheiten“ gewäh… | |
werden. | |
Merkel begrüßte, dass die Hongkonger Regierung das umstrittene Gesetz für | |
Auslieferungen nach China [3][diese Woche komplett zurückgezogen] hat. „Ich | |
hoffe nun, dass die Demonstranten „im Rahmen bürgerlicher Freiheiten“ am | |
Dialog teilnehmen können“, sagte Merkel. | |
Dass sie die Demokratie-Proteste in Hongkong gegenüber dem chinesischen | |
Ministerpräsidenten ansprechen würde – damit hatten Beobachter gerechnet. | |
Doch in welcher Form und wie vehement sie auch Forderungen an die | |
chinesische Führung stellen würde – das war die spannende Frage. | |
Sie ist die erste Regierungschefin eines westlichen Landes, das seit | |
Ausbruch der Proteste in der chinesischen Sonderverwaltungszone vor knapp | |
drei Monaten die Volksrepublik besucht. Die Erwartungen an sie sind groß. | |
Führende Hongkonger Aktivisten hatten sie im Vorfeld ihrer Reise [4][in | |
einem offenen Brief] um Unterstützung gebeten. | |
## Bloß nicht verscherzen | |
Es handelt sich zwar um ihren inzwischen zwölften China-Besuch in ihrer | |
Amtszeit. Es dürfte jedoch auch ihr schwierigster sein. Denn auf der einen | |
Seite gibt sich die kommunistische Führung in Peking unerbittlich und | |
gebieterisch; nicht nur gegenüber den Demokratie-Aktivisten in Hongkong, | |
sondern gegenüber jeglichen Kritikern im In- und Ausland. China sieht sich | |
inzwischen als Weltmacht. Und eine Weltmacht lässt sich von keinem anderen | |
Land etwas vorschreiben – so zumindest ist die Denke in Peking. Auch | |
deutsche Unternehmen, die in China tätig sind, haben die politische | |
Einflussnahme der kommunistischen Führung zu spüren bekommen. Demnächst | |
müssen sie sogar Parteizellen in ihren Unternehmen akzeptieren, die | |
unmittelbar mitentscheiden dürfen. | |
Auf der anderen Seite hat wahrscheinlich kein anderes westliches Land von | |
Chinas wirtschaftlichem Aufstieg so profitiert wie Deutschland. Für die | |
deutsche Wirtschaft ist die Volksrepublik inzwischen der größte | |
Handelspartner der Welt. Und diese enge wirtschaftliche Verwobenheit will | |
Kanzlerin Merkel nicht aufs Spiel setzen – auch nicht wegen der | |
Demokratie-Bewegung in Hongkong. | |
Nun hat sie in ihrer moderaten Art das heikle Thema angesprochen. Und | |
zumindest am ersten Tag ihrer insgesamt dreitägigen Reis ist es nicht zum | |
befürchteten politischen Eklat gekommen. Lächelnd aber bestimmt sagte der | |
chinesische Premier, sein Land werde das „Chaos“ in Hongkong beenden. „Das | |
wird im Rahmen der Gesetze geschehen“. China habe „die Weisheit“, das zu | |
tun. Die Zentralregierung habe schon mehrfach bekräftigt, dass mit der | |
chinesischen Sonderverwaltungsregion „auf der gesetzlichen Basis“ | |
umgegangen werde. | |
Er klingt nicht vergrätzt. Chinas Drohung, die Volksbefreiungsarmee | |
militärisch in Hongkong einmarschieren zu lassen, um die Proteste womöglich | |
gar blutig niederzuschlagen, hat er damit zwar auch weiterhin nicht | |
ausgeschlossen. Eine solche Intervention ist aus Sicht der chinesischen | |
Führung auf der gegenwärtigen Rechtsgrundlage möglich, wenn die Hongkonger | |
Regierung nicht mehr mit den Protesten fertig werden und die | |
Zentralregierung um Hilfe bitten sollte. Zugleich bekräftigte Li Keqiang | |
aber, Peking halte weiter an dem Grundsatz fest, dass die Hongkonger ihre | |
eigenen Angelegenheiten regelten. | |
## Geschätzte Merkel | |
Es ist das erste Mal überhaupt, dass sich ein so ranghoher | |
Regierungsvertreter Peking konkret zu den Protesten geäußert hat. Bislang | |
kamen die Drohungen von Regierungssprechern oder sie wurden in den | |
staatlich kontrollierten Zeitungen geäußert. Auf ihre unaufgeregten und | |
moderaten Weise ist es der Kanzlerin damit gelungen, den chinesischen | |
Regierungschef zu einer Stellungnahme zu den Protesten in Hongkong zu | |
bewegen. | |
Die Begrüßungszeremonie mit militärischen Ehren durfte Merkel sitzend | |
absolvieren. Die chinesischen Gastgeber nahmen Rücksicht auf ihre | |
Zitteranfälle, die sie in den vergangenen Monaten bei ähnlichen Anlässen | |
mehrmals hatte. | |
Zugute kam ihr bei dem heiklen Thema Hongkong sicher Chinas Handelskrieg | |
mit den USA. Angesichts der offenen Feindschaft, die US-Präsident Donald | |
Trump mittlerweile pflegt, ist die chinesische Führung nicht daran | |
interessiert, auch mit Europa in Konflikt zu treten, schon gar nicht mit | |
Merkel, die im Vergleich zu anderen westlichen Regierungschefs in Peking | |
besonders hohes Ansehen genießt. | |
Streitthemen gebe es zu Genüge. Nicht nur Trump, sondern auch in | |
Deutschland mehren sich die Stimmen, die Chinas unfairen Umgang mit | |
ausländischen Unternehmen beklagen, etwa den Zwang Technologien | |
preiszugeben, wenn sie in China tätig sein wollen. | |
Seit Jahren bemüht sich die Bundesregierung um den Abschluss eines | |
Investitionsschutzabkommens zwischen China und der EU, das solche Fragen | |
regeln würde – bislang ohne Ergebnis. Begleitet wird die Kanzlerin von | |
einer großen Wirtschaftsdelegation. Beim „Beratenden Ausschuss der | |
deutsch-chinesischen „Wirtschaft“ am Freitagnachmittag sollen zumindest | |
einige dieser Punkte verhandelt werden. | |
Zum Eklat ist es an ihrem ersten Tag von Merkels Besuch am Rande doch | |
gekommen. Die chinesische Seite wollte den in China stationierten | |
deutschsprachigen Korrespondenten den Zugang zur Pressekonferenz in der | |
Großen Halle des Volkes verwehren. Die Begründung: Es gebe nicht genug | |
Platz, lediglich die mitgereisten Journalisten erhielten Einlass. Nach | |
Protesten wurden vier weitere Journalisten dann doch zugelassen. Sie | |
durften aber nur eine Frage stellen. | |
6 Sep 2019 | |
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## AUTOREN | |
Felix Lee | |
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