# taz.de -- Kanzlerin besucht Peking: Viel Schöngerede | |
> Peking kennt keine Skrupel, ausländische Unternehmen politisch unter | |
> Druck zu setzen. Doch das steht nicht im Mittelpunkt von Merkels | |
> China-Reise. | |
Bild: Merkel und Chinas Staatschef Xi trafen sich schon beim G20 in Osaka. Nun … | |
Berlin taz | Business as usual – diesen Eindruck vermittelt Deutschlands | |
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), wenn sie am Donnerstag nach China | |
reist – das inzwischen zwölfte Mal in ihrer Amtszeit. Sie wird zu einem | |
gemeinsamen Frühstück mit dem chinesischen Ministerpräsidenten Li Keqiang | |
zusammentreffen. Weitere Programmpunkte ihres Besuchs ist die Sitzung des | |
„Beratenden Ausschusses der Deutsch-Chinesischen Wirtschaft“. Und wie auf | |
allen ihren Reisen wird sie begleitet von einer großen | |
Wirtschaftsdelegation. | |
Die Unruhen in Hongkong? Stehen als Thema nicht auf der Tagesordnung. Der | |
US-chinesische Handelskonflikt, der längst auch bei deutschen Unternehmen | |
Spuren hinterlässt? Soll wohl nur am Rande angesprochen werden. Schließlich | |
sind sich in diesem Punkt beide Regierungen einig: Protektionismus sei | |
schädlich für die Wirtschaft. Und als die zwei größten Exportnationen der | |
Welt werden sie sich weiter für freie Märkte und Zollabbau aussprechen. | |
Dabei ist die Realität auch in China eine völlig andere: Zwar haben viele | |
deutsche Unternehmen in den letzten drei Jahrzehnten kräftig vom | |
wirtschaftlichen Aufstieg der Volksrepublik profitiert. Unternehmen wie | |
Volkswagen und BASF erwirtschaften den Großteil ihres Gewinns längst im | |
Reich der Mitte. Viele Mittelständler würde es ohne ihre Geschäfte in China | |
gar nicht mehr geben. | |
Doch entgegen den Versprechen der kommunistischen Führung in Peking sind | |
ausländische Unternehmen in China auch weiter zahlreichen Zwängen | |
unterworfen. So beklagen sie, dass sie ihre Technologien preisgeben müssen. | |
Sie sind verpflichtet, in den Betrieben Zellen der Kommunistischen Partei | |
zu installieren, die bei Unternehmensentscheidungen mitreden dürfen. | |
## Peking setzt Unternehmen politisch unter Druck | |
Nicht zuletzt die Einführung eines Sozialkreditsystems, mit dem das | |
Verhalten eines jeden einzelnen Bürgers in China gespeichert und bewertet | |
werden soll, wird demnächst auch Unternehmen treffen. Theoretisch sollen | |
diese danach bewertet werden, ob sie Produktsicherheits-, Umwelt- und | |
Arbeitsschutzbestimmungen einhalten. „Aber niemand, der das entstehende | |
System untersucht hat, bezweifelt, dass es als Mittel der politischen | |
Kontrolle, auch über einzelne Mitarbeiter, gedacht ist“, [1][warnt der | |
Ökonom Tom Holland in der South China Morning Post]. | |
Wie stark China seine Wirtschaftsbeziehungen als politischen Hebel einsetzt | |
und wie wenig Hemmungen das Land hat, Unternehmen politisch unter Druck zu | |
setzen, zeigt sich ganz aktuell beim Fall Cathay Pacific. Die | |
kommunistische Führung in Peking hat die Hongkonger Fluggesellschaft dazu | |
gedrängt, Mitarbeiter zu entlassen, die mit den Hongkonger | |
Demokratieprotesten sympathisierten. Weil der Geschäftsführer nicht gleich | |
parierte, wurde er auch ausgewechselt. | |
Das in Berlin ansässige [2][China-Institut Merics] warnt seit Langem vor | |
einer zu großen wirtschaftlichen Abhängigkeit. „Man sieht | |
Wachstumspotenzial und versucht sich die politischen Gegebenheiten | |
schönzureden“, urteilt Merics-Ökonom Max Zenglein. Es sei aber Zeit, dass | |
die Deutschen die Kooperationsagenda mit China infrage stellen. Ansonsten | |
drohe auch Deutschland zum „politischen Spielball Chinas“ zu werden. | |
3 Sep 2019 | |
## LINKS | |
[1] https://www.scmp.com/week-asia/opinion/article/3025150/beijings-treatment-c… | |
[2] https://www.merics.org/de | |
## AUTOREN | |
Felix Lee | |
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