# taz.de -- Chinesische Wirtschaft unter Druck: Angeknackst im Handelskrieg | |
> Die Zollschlacht hinterlässt ihre Spuren. Chinas Ökonomie wächst | |
> langsamer als erwartet. Das wirkt sich auch auf den Rest der Welt aus. | |
Bild: Der Export der Volksrepublik geht zurück. Das bedeutet auch weniger Cont… | |
Berlin taz | Chinas Premierminister Li Keqiang ist sichtlich um Zuversicht | |
bemüht. Er lobte die „große Widerstandsfähigkeit, das Potenzial und die | |
Möglichkeiten“ der chinesischen Wirtschaft. Insgesamt sei die Entwicklung | |
in den ersten acht Monaten des Jahres „reibungslos und nachhaltig“ | |
gelaufen, sagte er in einem Interview mit der russischen Nachrichtenagentur | |
Tass. Zugleich gibt er aber zu: „Es ist eine schwere Aufgabe für eine so | |
große Volkswirtschaft, schnelle Wachstumsraten von mehr als sechs Prozent | |
vor dem Hintergrund der ungewissen internationalen Situation zu wahren.“ | |
Die Worte des chinesischen Premiers, der in diesen Tagen in Russland zu | |
Besuch war, richten sich vor allem an die eigene Bevölkerung. Denn der | |
Handelskrieg seines Landes, den US-Präsident Donald Trump vor anderthalb | |
Jahren angezettelt hat, hinterlässt deutliche Spuren. Die Verunsicherung in | |
China wächst. | |
Das zeigt sich auch an den Wirtschaftsdaten. Das Wachstum der | |
Industrieproduktion legte im August um 4,4 Prozent zum Vorjahr zu, die | |
geringste Wachstumsrate seit fast zehn Jahren. Der Umsatz im Einzelhandel | |
schwächte sich ebenfalls ab und lag bei 7,5 Prozent. Und auch die | |
Investitionsbereitschaft hat deutlich nachgelassen. Sie legten bis Ende | |
August um 5,5 Prozent zu. Hier hatten die Volkswirte ein Plus auf dem | |
bisherigen Niveau von 5,7 Prozent erwartet. Ingesamt fiel das | |
Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal auf 6,2 Prozent – so wenig wie seit | |
fast drei Jahrzehnten nicht. Li hatte zu Beginn des Jahres ein | |
Wachstumsziel zwischen 6,0 und 6,5 Prozent festgelegt. Ökonomen erwarten | |
für das Gesamtjahr allerdings nur noch einen Anstieg um 5,8 Prozent. | |
Für Europäer mag das nach viel klingen. Nicht jedoch für China. Die | |
kommunistische Führung mit ihrem staatskapitalistischem Entwicklungsmodell | |
schafft viel Wachstum, indem sie jährlich Millionen von Menschen vom | |
rückständigen Land in die Städte holt. Knapp ein Drittel der insgesamt fast | |
1,4 Milliarden Menschen lebt nach wie vor auf dem Land und von wenig mehr | |
als vom Anbau der ihnen zugeteilten Parzellen. Sie haben bislang nur kaum | |
vom wirtschaftlichen Aufstieg Chinas profitiert. | |
## Chinas Schulden steigen weiter | |
Das Ziel der Regierung: Den Anteil dieser Landbevölkerung auf unter 10 | |
Prozent zu drücken. Das erfordert massive Investitionen in | |
Industrieanlagen, den Wohnungsbau und in die Verkehrsinfrastruktur. Diese | |
Ausgaben, die vor allem staatsgetrieben sind, machen einen wesentlichen | |
Anteil des chinesischen Wachstums aus. Wie nachhaltig diese Investitionen | |
im Einzelnen sind und sie von der Bevölkerung auch angenommen werden, | |
erweist sich oft erst Jahre später. Die Kehrseite dieser Politik: | |
Staatsunternehmen, Provinzregierungen und Kommunen sind massiv verschuldet. | |
Die Zentralregierung will diese hohen Schulden abbauen und die | |
Staatsbetriebe dazu bringen, effizienter zu wirtschaften. Der Privatsektor | |
sollte sukzessive wachsen und mit einer umfassenden Technologieoffensive | |
zur Weltspitze aufsteigen. Trump mit seinem Handelskrieg hat diesem | |
Ansinnen jedoch einen Strich durch die Rechnung gemacht. Gerade [1][Chinas | |
Technologieoffensive] ist ihm ein Dorn im Auge. Er fordert Peking auf, die | |
staatlichen Subventionen zu unterlassen. | |
## US-chinesischer Handelskrieg hat weltweite Auswirkungen | |
Seitdem [2][tobt der Handelskrieg]. Seit Beginn der Auseinandersetzung vor | |
14 Monaten haben sich die beiden größten Volkswirtschaften der Welt mit | |
Strafzöllen überzogen auf Waren im Gesamtwert von über einer halben Billion | |
Dollar. Die Folge: Allein im August gingen Chinas Einfuhren in die USA um | |
16 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurück. Die seit Juli ruhenden | |
Verhandlungen sollen Ende der Woche wieder aufgenommen werden. | |
Die Auswirkungen bekommt nicht nur China zu spüren. Der Konflikt belastet | |
die Konjunktur weltweit. Japans Ausfuhren in die Volksrepublik sanken mit | |
12,1 Prozent besonders kräftig. „Es besteht kein Zweifel daran, dass sich | |
die chinesische Konjunktur verlangsamt, weil die dritte Runde der US-Zölle | |
zu wirken beginnt“, sagt Atsushi Takeda, Chefökonom des Instituts Itochu | |
Economic Research. | |
## Peking stemmt sich gegen den Abschwung | |
Aktuelle Zahlen, wie sehr die deutsche Wirtschaft vom Handelskrieg | |
betroffen ist, liegen noch nicht vor. Volker Treier, Außenwirtschaftschef | |
des Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) warnt aber: Die | |
Unsicherheiten vor allem aufgrund der schwelenden globalen Handelskonflikte | |
seien groß – zumal „ein Ende der Protektionismus-Spirale“ nicht in Sicht | |
sei. China ist Deutschlands größter Handelspartner. | |
Die Führung in Peking stemmt sich gegen den Abschwung. Im ersten Halbjahr | |
hat sie bereits Steuersenkungen in Höhe von umgerechnet über 200 Milliarden | |
Euro beschlossen. Auch die Bedingungen für die Kreditvergabe hat sie | |
deutlich gelockert. Die Kehrseite dieser Maßnahmen: Chinas Schulden dürften | |
noch mehr in die Höhe schnellen. Die Gesamtverschuldung ist nach einer | |
Schätzung der Finanznachrichtenagentur Bloomberg bereits auf 271 Prozent | |
der Wirtschaftsleistung gestiegen – von 164 Prozent vor der globalen | |
Finanzkrise 2008. | |
18 Sep 2019 | |
## LINKS | |
[1] https://www.cfr.org/backgrounder/made-china-2025-threat-global-trade | |
[2] /Handelskrieg-zwischen-USA-und-China/!5592662 | |
## AUTOREN | |
Felix Lee | |
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