# taz.de -- Ökonomischer Konflikt USA und China: Droht der Welt ein Währungsk… | |
> China wertet den Yuan ab, die USA sprechen von Manipulation. Dabei ist | |
> eine Instrumentalisierung der Währung nicht im Interesse Chinas. | |
Bild: Währungen sind sein Geschäft: Börsenhändler in New York | |
Alles andere als eine schöne Woche für die deutsche Wirtschaft war das: Die | |
Stimmungsbarometer sinken, ebenso die Produktion in der Industrie. Dazu | |
die Unsicherheit wegen der Möglichkeit eines harten Brexits. Und zu alldem | |
gesellt sich der [1][Konflikt zwischen den USA und China], in dem Peking zu | |
Beginn der Woche seine Währung abwertete. | |
Die Angst vor einem Währungskrieg hat es in den vergangenen Jahren immer | |
wieder gegeben. Der letzte ist allerdings eine Weile her. Im Jahr 1931 war | |
das. Damals kündigte die Bank of England die Goldbindung auf und ließ das | |
Pfund Sterling massiv abwerten. Mit der billigen Währung steigerte das | |
Königreich kurzfristig zwar seine Exportchancen, britische Waren im Ausland | |
waren nun günstiger. Doch nicht lange, andere Staaten zogen nach. | |
Zuvor hatten die USA den Smoot-Hawley Tariff Act verabschiedet, benannt | |
nach den Kongressabgeordneten Reed Smoot und Willis Hawley. Sie forderten | |
Handelsbarrieren und setzten durch, dass in den USA mehr als 20.000 | |
Produkte aus dem Ausland mit Strafzöllen belegt wurden. Daraus wurde ein | |
Krieg ohne Gewinner. Der Welthandel brach ein, die Weltwirtschaftskrise mit | |
weltweit hundert Millionen Arbeitslosen war die Folge. | |
Die Wortwahl der Abgeordneten Smoot und Hawley damals ist der von Donald | |
Trump heute erschreckend ähnlich. Seit er US-Präsident ist, sind Strafzölle | |
zu seiner wichtigsten Waffe geworden. Im Fall von China hat er bereits mehr | |
als die Hälfte aller Einfuhren aus der Volksrepublik mit Strafzöllen | |
überzogen, zum 1. September wird es sämtliche Waren von dort treffen. | |
Der chinesischen Führung fällt es zunehmend schwer, mit gleichen Mitteln zu | |
kontern, weil China nicht so viel aus den USA importiert wie umgekehrt. Zu | |
Wochenbeginn hat die chinesische Notenbank, die der Regierung unmittelbar | |
unterstellt ist, erstmals seit elf Jahren zugelassen, dass 1 US-Dollar | |
wieder mehr als 7 Yuan kostet. Diese Marke galt unter Währungsexperten als | |
„rote Linie“. Prompt attackierte Trump die Chinesen und beschimpfte sie | |
als „Währungsmanipulatoren“. Zugleich forderte er US-Notenbankchef Jerome | |
Powell auf, die Zinsen kräftiger zu senken – damit auch der Dollarkurs | |
sinkt. | |
Gelingt Trump das? Wird er den Dollar dann auch als Waffe einsetzen? Droht | |
der Welt damit ein Währungskrieg? | |
## Wettbewerbsnachteil Währung | |
Zumindest was die direkte Beeinflussung von Fed-Chef Powell betrifft, hat | |
Trump ein Problem. Er hat Powell 2018 zwar zum Vorsitzenden der Federal | |
Reserve, der „Fed“ genannten Notenbank, ernannt. Doch die Notenbank ist | |
unabhängig. Zwar wettert Trump seit Mitte 2018 in einer Tour gegen die Fed, | |
weil die inmitten eines Aufschwungs schrittweise die Zinsen erhöhte, um | |
eine Überhitzung der Wirtschaft zu vermeiden. Nach einem Bericht von | |
Bloomberg hat er auch schon prüfen lassen, [2][ob er Powell nicht feuern | |
kann]. Laut Gesetzestext ginge das. | |
Ein solcher Schritt wäre allerdings in der Geschichte der USA einmalig. Das | |
Vertrauen in die Unabhängigkeit der Fed wäre untergraben. Und Powell gibt | |
sich bisher von der Drohung unbeeindruckt. | |
Trotzdem hat Trumps Gewetter Einfluss auf den Dollarkurs. In den ersten | |
Monaten seiner Amtszeit reichte ein Twitter-Eintrag, um die weltweiten | |
Devisenkurse durcheinanderzuwirbeln. Trump musste den Dollar bloß schlecht | |
reden, schon fiel der Kurs. Allerdings nur kurzfristig. Seit Mitte 2018 ist | |
der Kurs des Dollar beständig gestiegen. | |
In Bezug auf die Notenbank verlangt Trump Unmögliches: Der Präsident wollte | |
nach seiner Wahl zunächst einen starken Dollar, weil er das seinen | |
Wähler*innen getreu seinem Slogan „Make America Great Again“ verkaufen | |
konnte. Nach den Zinserhöhungen steuerte er aber um. Er will nicht, dass | |
die chinesische Währung billiger wird, weil das chinesische Waren auf den | |
Weltmärkten günstiger macht und der US-Wirtschaft einen Wettbewerbsnachteil | |
beschert. | |
## Handelsspanne von 2 Prozent | |
Zwar senkte die US-Notenbank zuletzt die Zinsen minimal, um die | |
Auswirkungen des Handelskonflikts mit China abzufedern, will aber nicht | |
Trumps Wunsch nach langfristig niedrigeren Zinsen folgen. Was auch schwer | |
ist, da in den USA die Wirtschaft weiter wächst und fast Vollbeschäftigung | |
herrscht – billiges Geld führt in einer solchen Situation zu Preisblasen | |
und gefährdet die Ökonomie langfristig. Kurzum, die US-Notenbank reagiert | |
auf die Auswirkungen der trumpschen Handelspolitik, lässt sich aber bisher | |
vom US-Präsidenten nicht für diese instrumentalisieren. | |
Ganz anders sieht es mit der Währungspolitik in China aus. Ein Zufall war | |
es sicher nicht, dass der Wert der chinesischen Währung zum Dollar zu | |
Wochenbeginn fiel. Anders als Dollar, Euro oder Yen bewegt sich der Yuan | |
nicht frei. Die chinesische Notenbank legt jeden Tag einen Referenzkurs | |
fest und lässt lediglich eine Handelsspanne von 2 Prozent zu. | |
Viele Jahre lang hatte die chinesische Führung die wirtschaftliche | |
Entwicklung des Landes befeuert, indem die Zentralbank den Wert konstant | |
niedrig ansetzte. In China hergestellte Produkte waren im Ausland damit | |
billig. Diese Politik begünstige Chinas Aufstieg. Bis 2005 war der Vorwurf | |
des zu niedrigen Yuan denn auch berechtigt. Da sind sich die meisten | |
Ökonomen einig. | |
Doch nicht zuletzt auf Druck des Auslands begann Peking seitdem damit, den | |
lange abgeschotteten Kapitalmarkt schrittweise zu öffnen. Neben der | |
täglichen Handelsspanne hat die chinesische Führung die Festsetzung des | |
Wechselkurses heute auch an einen Währungskorb gebunden, den sie sukzessive | |
erweitert hat. Die chinesische Währung legte daraufhin deutlich an Wert zu. | |
## „Trump liegt falsch“ | |
Inzwischen haben sich die Verhältnisse umgedreht. Weil im Zuge der | |
Liberalisierung viele Chinesen ihr Vermögen ins Ausland schafften und der | |
Yuan auf diese Weise an Wert verlor, sah sich die chinesische Führung in | |
der Pflicht, die Landeswährung zu stützen. Und auch aktuell steht der Yuan | |
unter Druck. Das ist nicht zuletzt dem Handelskrieg geschuldet. Denn | |
verkaufen chinesische Unternehmer weniger in die USA, geht der chinesische | |
Export zurück, der Yuan verliert an Wert. | |
„Trump liegt falsch“, sagt deshalb Fred Bergsten, ehemaliger Leiter der | |
Washingtoner Denkfabrik Peterson Institute. Dass der Yuan zu Wochenbeginn | |
verlor, habe nur daran gelegen, dass die chinesische Zentralbank ihre | |
Stützungskäufe eingestellt habe. | |
War das Ausbleiben der Manipulation dann Manipulation? Immerhin hat die | |
chinesische Führung zu Beginn der Woche deutlich zu verstehen gegeben, dass | |
sie solche Schritte nicht scheut. In Chinas Interesse ist eine solche | |
Manipulation aber nicht. Seit Jahren ist die chinesische Führung bemüht, | |
den Yuan als internationale Reservewährung zu verankern. Dazu muss sie auf | |
den Kapitalmärkten für Vertrauen sorgen. Bliebe der Yuan ein politisches | |
Instrument, wird ihr das nicht gelingen. Eine Abkehr von einer weiteren | |
Liberalisierung des Yuan sei der niedrigere Wert jetzt nicht, versicherte | |
dann auch am Dienstag der Gouverneur der Notenbank, Yi Gang – woraufhin der | |
Kurs wieder stieg. | |
## Und Europa? | |
Und was ist mit Europa? Die Auswirkungen des US-chinesischen Handelsstreits | |
treffen insbesondere die deutsche Exportwirtschaft. Trotzdem scheinen die | |
Europäer bislang nur wenig mitzureden. Hier ist es weiter Konsens, dass | |
Regierungen den Notenbanken nicht hineinreden. Die Unabhängigkeit der | |
Europäischen Zentralbank (EZB) soll unangetastet bleiben. Die EZB hat aber | |
auch kaum mehr Spielraum. Die Leitzinsen liegen bereits bei null, der | |
Einlagezins sogar im Minus. Die EZB könnte den Kurs des Euro gar nicht noch | |
mehr drücken. | |
Sosehr sich der Handelskrieg weiter zuspitzt – die Gefahr, dass daraus ein | |
brutaler Währungskrieg werden könnte, ist eher gering. Für den Ökonomen | |
Stephan Schulmeister, der sich viel mit dem Dollar als Weltwährung | |
beschäftigt hat, ist der Handelskonflikt zwischen den USA und China ohnehin | |
nur Symptom einer grundsätzlichen Entwicklung: „Wir lassen unser Kapital | |
arbeiten“, sagte er der taz. China hingegen habe erkannt, dass echte | |
Expansion nur mit der Realwirtschaft gelinge. „Ökonomische Macht entsteht | |
nicht durch die Dominanz der Börsen, sondern durch technologische und | |
realwirtschaftliche Überlegenheit. Trump bekämpft mit Zöllen also lediglich | |
die Symptome der chinesischen Expansion, nicht die Ursachen.“ | |
9 Aug 2019 | |
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## AUTOREN | |
Ingo Arzt | |
Felix Lee | |
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