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# taz.de -- Opposition in Aserbaidschan: Staat muss 6.000 Euro blechen
> Die Investigativjournalistin Khadija Ismayilova gewinnt zum dritten Mal
> ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.
Bild: Hat sich gegen ihre Regierung durchgesetzt: Investigativjournalistin Khad…
Berlin taz | Die aserbaidschanische Investigativjournalistin Khadija
Ismayilova hat vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR)
einen weiteren Erfolg eingefahren. Am Donnerstag verurteilte das Gericht
den aserbaidschanischen Staat zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe von
umgerechnet 6.000 Euro.
Zur Begründung hieß es, die heimischen Gerichte hätten eine
Regionalzeitung, die einen verleumderischen Artikel über Ismayilovas
Privatleben veröffentlicht hatte, nicht sanktioniert. Damit sei das Recht
der 43-Jährigen auf Privatheit aus Artikel Sieben der Europäischen
Menschenrechtskonvention nicht ausreichend geschützt worden.
Ismayilova ist bereits seit Jahren massiven Schikanen und Bedrohungen
vonseiten des Staates ausgesetzt. Grund sind ihre Recherchen über
Korruption. Diese reicht bis in höchste Regierungskreise. Vor allem
untersucht sie die zwielichtigen Machenschaften des autoritären Staatschefs
Ilham Alijew und seines Familienklans.
Im März 2012 wurde Ismayilova von einer heimlich installierten Kamera in
ihrem Schlafzimmer beim Sex gefilmt. Kurz darauf zirkulierten die Aufnahmen
im Netz.
## Klage abgewiesen
Einige Monate später veröffentlichte eine Pro-Regierungszeitung einen
diffamierenden Artikel, in dem sie Ismayilova als Pornostar bezeichnete und
ihr unterstellte, sexuelle Beziehungen zu oppositionellen Journalisten zu
unterhalten. Ihre Klage gegen diesen Beitrag wurde 2013 mit der Begründung
abgewiesen, der Verfasser habe von seinem Recht auf freie Meinungsäußerung
Gebrauch gemacht.
Zwei Jahre später wurde Ismayilova wegen angeblicher Steuerhinterziehung
[1][zu siebeneinhalb Jahren Haft] verurteilt. 2016 wurde sie auf freien Fuß
gesetzt, darf aber Aserbaidschan nicht verlassen. Im vergangenen Herbst
berichtete Ismayilova gegenüber der taz von erniedrigender Behandlung in
Haft. Dazu hätten auch gynäkologische Zwangsuntersuchungen gehört.
Das jüngste Urteil des EGMR ist nicht das erste in der Kausa Ismayilova. Im
Januar 2019 entschieden die Straßburger Richter, dass Aserbaidschan in dem
Sexvideo-Skandal nicht ausreichend ermittelt und daher die Rechte der
Journalistin auf Privatleben und freie Meinungsäußerung verletzt habe. Im
vergangenen Februar erging ein Urteil, wonach Festnahme und Haft
Ismayilovas das Ziel gehabt hätten, sie zum Schweigen zu bringen und für
ihre Arbeit zu bestrafen.
## Unselige Komplizenschaft
Laut Natalia Nozadze, bei der Menschenrechtsorganisation Amnesty
International für den Südkaukasus zuständig, zeige die jüngste
EGMR-Entscheidung, dass sich das aserbaidschanische Rechtssystem mit
schuldig gemacht habe, eine prominente Journalistin mundtot zu machen und
das Recht auf freie Meinungsäußerung anzugreifen.
Diese unselige Komplizenschaft hat vor allem jetzt in Corona-Zeiten,
Hochkonjunktur. Unter der fadenscheinigen Begründung, gegen Ausgangssperren
verstoßen zu haben, sind in den vergangenen Wochen mehrere Oppositionelle
und kritische Journalisten festgenommen und zu Arreststrafen verurteilt
worden.
In seiner Ansprache zum muslimischen Neujahrsfest am 19. März hatte
[2][Präsident Ilham Alijew], der seit 2003 an der Macht ist, einen
verstärkten Kampf gegen die Opposition angekündigt. Er bezeichnete sie als
[3][„fünfte Kolonne“], die Aufstände anzetteln und dadurch einen Umsturz
herbeiführen wolle.
8 May 2020
## LINKS
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## AUTOREN
Barbara Oertel
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Schwerpunkt Bergkarabach
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