# taz.de -- Naturschutz contra Menschenrechte: Der Feind in Grün | |
> Einer Minderheit Kongos werden Zerstörungen im Nationalpark vorgeworfen. | |
> Armut habe ihnen keine Wahl gelassen, sagen die Angeklagten. | |
Bild: Ranger auf Patrouille im Kahuzi-Biéga-Park | |
MUYANGE/BUKAVU taz | Es ist kurz nach Mitternacht, als eine Kugel das | |
Vorhängeschloss an der Holztür sprengt. Dutzende Soldaten und Wildhüter | |
stürmen mit vorgehaltener Waffe die armselige Lehmhütte von Jean Marie | |
Kasula. Sie zerren den Chef des Pygmäendorfes aus seinem Bett und legen ihm | |
Handschellen an, ebenso seiner Frau. Barfuß werden Kasula und dessen Frau | |
gemeinsam mit vier weiteren Dorfbewohnern abgeführt, erzählt seine | |
Schwägerin Jaqueline Zimire und fügt hinzu: „Sie haben uns noch die letzten | |
Habseligkeiten geklaut.“ | |
Das Pygmäendorf Muyange liegt malerisch an einem dichtbewaldeten Berghang | |
am Rande des Nationalparks [1][Kahuzi-Biéga] im Osten der Demokratischen | |
Republik Kongo: rund ein Dutzend Lehmhütten, eingeklemmt zwischen | |
Maisfeldern und Regenwald. Dazwischen spielen unterernährte Kinder im | |
Schmutz. | |
Kongos [2][Pygmäen], auch Twa genannt, Nachfahren der ursprünglichen | |
Regenwaldbewohner, sind eine benachteiligte Minderheit. Zu Kolonialzeiten | |
galten sie nicht als vollwertige Menschen. Bis heute besitzen sie kein | |
Land, verdingen sich auf den Feldern der Bauern anderer Ethnien für knapp | |
einen Dollar pro Tag. Sie sind die ärmste Bevölkerungsgruppe im | |
Bürgerkriegsland. | |
Jetzt werden sie schlimmster Verbrechen bezichtigt. | |
Knapp eine Woche nach Kasulas Verhaftung beginnt unweit von Muyange | |
unterhalb des Parkeingangs der Prozess. Soldaten stellen Tische und Stühle | |
auf eine Straßenkreuzung. Dahinter prangt ein Werbeplakat mit einem Gorilla | |
und der Aufschrift „Willkommen im Kahuzi-Biéga“. | |
Ein Gerichtshelfer in Uniform breitet Kongos himmelblaue Flagge als | |
Tischtuch auf der Richterbank aus. Darauf postiert er ein rostiges | |
AK-47-Sturmgewehr mit der Registriernummer 9664 – das zentrale Beweisstück. | |
Militärstaatsanwalt Julien Luemba brüllt seine Anklagepunkte in ein | |
Mikrofon: Bildung einer bewaffneten Gruppe, illegaler Waffenbesitz, | |
Zerstörung von Flora und Fauna. Die Parkverwaltung hat zusätzlich fünf | |
zivile Anwälte als Kläger geschickt. Sie argumentieren: „Der Klimawandel | |
ist eine weltweite Bedrohung – doch während die einen bereit sind, für den | |
Schutz der Natur zu sterben, bedroht Kasula das Ökosystem.“ | |
Die Anklage präsentiert Opfer. Parkwächter Assani Bongabonga zeigt dem | |
Richter seine verwundete Hand: ein glatter Durchschuss. „Es war am 17. Juli | |
2019, als wir morgens um 9 Uhr auf Patrouille durch Muyange kamen, nur 15 | |
Meter vom Park entfernt“, stottert er mit zittriger Stimme: „Wir trafen auf | |
Leute, die Holzkohle machen, und wollten sie verhaften. Da traf mich eine | |
Kugel in die Hand.“ Der Richter fragt den Wildhüter, ob er den Schützen | |
erkannt habe. Da zeigt Bongabonga auf Kasula. | |
Die acht angeklagten Pygmäen stehen hinter einer erhöhten Holzbank in der | |
prallen Sonne, zerlumpt, verwahrlost, geschwächt nach einer Woche | |
Gefängnis. Schweiß tropft ihnen von der Stirn. Einer von ihnen zittert so | |
sehr, dass er sich setzen muss. Chef Kasula schaut verständnislos, der | |
Dolmetscher neben ihm übersetzt nur das Nötigste. Sein Pflichtverteidiger | |
Serge Bufole wurde erst eine Stunde vor Prozessbeginn aus dem Bett | |
geklingelt, er wirkt hilflos. | |
Einen Kilometer von der Straßenkreuzung, an der das Militärgericht tagt, | |
schlagen morgens um acht Uhr die Parkwächter von Kahuzi-Biéga die Hacken | |
zusammen. Es ist noch diesig am Rande des Regenwaldes, als rund einhundert | |
Männer in grünen Uniformen, Gummistiefeln und Kalaschnikow-Sturmgewehren | |
vor Parkchef De-Dieu Balongelwa salutieren. Jenseits der Hauptgebäude | |
erhebt sich majestätisch der dichte Regenwald. Auf einem Schild steht: Die | |
Parkstation wurde mit deutschen Entwicklungsgeldern errichtet. | |
„Wie steht es um eure Moral?“, fragt Balongelwa seine Wildhüter. „Gut, | |
Sir!“, brüllen die Ranger. Seit 1986 zahlt die deutsche [3][Kreditanstalt | |
für Wiederaufbau] (KfW) den über 200 Rangern von Kahuzi-Biéga einen | |
monatlichen Bonus von 80 US-Dollar auf ihr mickriges Staatsgehalt von 20 | |
Dollar im Monat. Doch dieses Geld sei seit fünf Monaten nicht gekommen, | |
klagt der Parkchef. „Wir sind in Gesprächen mit der KfW und hoffen, dass | |
ihr bald Geld auf eurem Konto habt“, versichert er seiner Truppe und lässt | |
abtreten. Die KfW gibt auf taz-Anfrage an, sie könne „aus | |
vertragsrechtlichen Gründen“ zu Zahlungen „keine Auskünfte“ geben. | |
Seit seiner Ernennung zum Parkdirektor 2018 kämpft sich Balongelwa durch | |
eine lange Liste an Problemen. Der Park steckt voller bewaffneter Gruppen. | |
Seit September 2019 gebe es aber kein Geld – also keine Gehälter-Boni, kein | |
Benzin für Patrouillen, keine Lebensmittel für die Ranger. Doch viel | |
schlimmer findet der Direktor: „Das erste Mal in 50 Jahren ist der Park | |
durch Rodung gefährdet.“ | |
Täglich konfiszieren seine Wildhüter Lastwagen voller Holzkohle, die aus | |
dem Park heraus in die Provinzhauptstadt Bukavu am Fuße der Berge | |
hinunterfahren. In der Millionenstadt gibt es kaum Strom, fast alle | |
Haushalte kochen mit Holzkohle – ein Millionengeschäft. Pygmäenchef Kasula | |
sei für die Zerstörung von über 400 Hektar Wald verantwortlich, so | |
Balongelwa. | |
Dabei habe die Parkverwaltung mit den Pygmäen ein gutes Verhältnis: 36 | |
Pygmäenmänner seien angestellt. Doch bei Versuchen, Kasulas Bande zu | |
verhaften, seien ein Wildhüter getötet und fünf verletzt worden, zwei | |
Waffen wurden entwendet. Daher wurde das Militär eingeschaltet. Er lobt die | |
Militärjustiz: „Ich begrüße das Urteil, alle müssen gleichermaßen die | |
Gesetze respektieren.“ | |
Bereitwillig gibt der Parkchef zu: Viele lokale Probleme seien ihm ein | |
Rätsel. „Kasula hat mit der Holzkohle kein Geld gemacht. Es gibt andere, | |
die sich in Bukavu davon große Häuser gebaut haben.“ Wer? Da schweigt er. | |
Nur so viel: Lokale Organisationen würden die Pygmäen manipulieren. | |
## Pygmäen beklagen Diskriminierung | |
Eine dieser Gruppen ist die Pygmäen-Schutzorganisation CAMV (Begleitzentrum | |
für Pygmäen und verletzliche Minderheiten). Am Tag vor den Prozess gegen | |
Kasula sitzt CAMV-Direktor Pacifique Mukamba in Bukavu in seinem Büro und | |
zeigt auf eine WhatsApp-Nachricht auf seinem Handy. Darin beschuldigt | |
Parkchef Balongelwa die Organisationen, Pygmäen angestachelt zu haben, den | |
Park zu zerstören. Mukamba ist empört: „Dass sich die Pygmäen 2018 im Park | |
angesiedelt haben, habe ich damals aus dem Radio erfahren. Wir werden jetzt | |
bedroht und mundtot gemacht.“ Sieben Pygmäen seien seit 2017 von | |
Parkwächtern getötet worden – ein Wildhüter sei gestorben. „Es ist das | |
erste Mal, seit der Park existiert, dass es Tote gibt – da fragt man sich | |
doch: Was ist hier los?“, sagt er. „Wir verlangen von der Regierung, den | |
indigenen Völkern ein Mitspracherecht im Naturschutz einzuräumen.“ | |
Laut kongolesischem Naturschutzgesetz dürfen keine Menschen in | |
Nationalparks siedeln. Das soll die Gorillas schützen. Doch für die Pygmäen | |
sind die Wälder Heimat. Pygmäen-Organisationen wie CAMV reichten Klage | |
gegen Kongos Regierung ein. Sie erwirkten Zugeständnisse: Landrechte | |
außerhalb des Parks, Schulbildung, Gesundheitsversorgung, Beteiligung an | |
den Gewinnen aus dem Tourismus. Doch Geld dafür hat die Regierung nicht und | |
Land ist im dichtbesiedelten Ostkongo knapp. 2018 bekamen die Pygmäen zwei | |
Hektar am Parkrand zugewiesen. Doch die elf Familien, die sich dort | |
niederließen, wurden wieder vertrieben. Sie zogen in den Park. Seitdem | |
kocht der Streit hoch. | |
Während Kasula vor dem Militärgericht steht, versteckt sich sein jüngerer | |
Bruder im Unterholz. Gentil Mulimbis Gummistiefel sind lehmverschmiert, als | |
er aus dem Park stapft. „Sie werden uns jagen, bis wir alle tot sind“, sagt | |
er und versucht die Lage aus seiner Sicht zu erklären – der einer | |
verfolgten Minderheit. | |
„Wir sind 2018 in den Park eingedrungen, weil wir keine andere Wahl | |
hatten“, seufzt er und setzt sich in einer strohbedeckten Hütte auf den | |
Boden, um nicht gesehen zu werden: „Der Park hat uns Land versprochen, aber | |
bis heute haben wir nichts zu essen, weil sie ihre Zusagen nicht | |
einhalten.“ Nervös sucht er die umliegenden Hügel nach Soldaten und | |
Wildhütern ab. Dem 36-Jährigen ist Wut und Verzweiflung anzusehen. Er fühlt | |
sich betrogen – von der Parkverwaltung und von seinen eigenen Leuten. | |
Denn auch bei den Pygmäen gebe es seit langem Zwist, erklärt Gentil | |
Mulimbi. Die Parkbehörde gab seinem Bruder Kasula einen Mikrokredit für ein | |
Büro, er durfte sogar Fährtenleser aussuchen. Ein anderer Pygmäenführer | |
namens Cizungu Ntavuna machte Kasula seinen Posten streitig. Als Kasula | |
Forderungen der Parkverwaltung, den Park zu verlassen, zurückgewiesen habe, | |
sah Ntavuna seine Chance, so Mulimbi: „Ntavuna wurde bestochen und hat uns | |
ausgeliefert“, sagt er. Ntavunas Pygmäen hätten die Soldaten und Wildhüter | |
nach Muyange geführt, um Kasula zu verhaften. | |
Er selbst sei in jener Nacht geflohen und verstecke sich seitdem im Park. | |
Dass er dort Bäume zu Holzkohle abfackle, gibt er offen zu: „Wir brauchen | |
Geld zum Überleben. Die Frauen der Soldaten kaufen uns die Holzkohle ab und | |
bezahlen uns mit Munition, weil sie auch kein Geld haben.“ Deswegen seien | |
rund 70 Patronen bei Kasula gefunden worden, die jetzt im Prozess als | |
Beweisstücke dienen. | |
„Es ist unser Recht, den Park zu zerstören, solange sie uns nicht geben, | |
was sie uns versprochen haben“, zischt Mulimbi wütend und greift nach | |
seinem klingelnden Handy. Per Telefon erfährt er von der Verurteilung | |
seines Bruders und spurtet sofort los. Er müsse sich wieder verstecken, | |
sagt er. Er will noch eine Botschaft loswerden: „Sag den Deutschen, ich | |
will auch jeden Monat Geld auf einem Bankkonto, sonst werden wir uns alle | |
rächen.“ | |
Kasulas Rivale Cizungu Ntavuna lungert derweil in der Zuschauermenge vor | |
dem Militärgericht herum. Er sieht aus wie frisch aus dem Ei gepellt: neue | |
Turnschuhe, neue Jacke. Die anderen Pygmäen nennen ihn jetzt „Chef“. | |
Die Parkbehörde habe ihn als offiziellen Chef der Pygmäen anerkannt, gibt | |
Ntavuna zu. „Kasula hat mir vorgeworfen, der Park hätte mich bestochen, | |
doch das ist nicht wahr“, raunzt er. „Mein Job ist nun, die anderen zu | |
sensibilisieren, den Park zu verlassen.“ Alle hätten die Vorgaben der | |
Parkbehörde anerkannt – bis auf Kasulas Leute. Deswegen habe er geholfen, | |
Kasula dingfest zu machen. Dass er dafür belohnt wurde, gibt Ntavuna offen | |
zu: Der Park habe bereits acht junge Pygmäen aus seinem Dorf als Wildhüter | |
rekrutiert. | |
## Keine Kompromisse mit aufsässigen Pygmäen | |
Aus Sicht der Parkbehörde von Kahuzi-Biéga gibt es mit den aufsässigen | |
Pygmäen um Kasula keinen Kompromiss. Scharfmacher haben das Sagen. Der Vize | |
von Parkchef Balongelwa ist einer der berühmtesten Umweltschützer des | |
Landes: [4][Innocent Mburanumwe], der im Juli 2019 vom Virunga-Nationalpark | |
in der benachbarten Provinz Nord-Kivu hierher versetzt wurde, nachdem | |
taz-Recherchen seine mutmaßlichen Verstrickungen in den Holzkohlehandel | |
sowie sein brutales Vorgehen gegenüber der Bevölkerung aufgedeckt hatten. | |
Er saß kurz in Haft unter Anklage, bis er auf undurchsichtige Wege freikam. | |
Die Kreditanstalt für Wiederaufbau erklärt auf Anfrage, das Gericht habe | |
Mburanumwe „für unschuldig befunden“, und für ICCN bestehe daher „keine | |
Handhabe, die damals verhängte Suspendierung von Herrn Mburanumwe | |
aufrechtzuerhalten“. | |
Der kräftige Mann trägt heute noch die Uniform mit dem Logo des | |
Virunga-Nationalparks. In seinem Gürtel steckt eine Pistole. In einem | |
Kontrollzentrum der Parkbehörde steht er vor einem Flachbildmonitor und | |
führt aus den USA gespendete Satellitentechnologie vor. „Wir können damit | |
die Patrouillen in Echtzeit verfolgen, und sie können uns alarmieren, wenn | |
es Probleme gibt“, erklärt er und deutet auf eine Landkarte neben dem | |
Monitor. Darauf sind Sektoren eingezeichnet, mit dem Namen von Milizen. | |
„Die Präsenz der bewaffneten Gruppen im Park zwingt uns dazu, mit der Armee | |
zusammenzuarbeiten“, sagt Mburanumwe. Er habe ein sehr enges Verhältnis mit | |
der Armeeführung vor Ort. Seine Wildhüter und die Soldaten operieren | |
gemeinsam gegen Milizen. Auch gegen Pygmäen? Der Vize-Parkchef nickt. „Sie | |
haben sich mit anderen Milizen eingelassen, um uns zu bekämpfen“, sagt er. | |
Mburanumwe steigt in seine regendichte Schutzkleidung und macht sich auf in | |
den Park. Nur wenige Kilometer jenseits der Station lichtet sich der | |
Dschungel. Statt alter Bäume wachsen nur noch Büsche auf dem verkohlten | |
Untergrund: „Den ganzen Wald hier haben die Pygmäen abgebrannt“, schimpft | |
Mburanumwe. „Sie haben viel Geld mit der Holzkohle gemacht.“ | |
Hinter ihm weicht ein schwer bewaffneter Wildhüter nicht von seiner Seite. | |
Die Ranger sind jüngst von israelischen Ex-Militärs der Sicherheitsfirma | |
Maisha im Antiterrorkampf trainiert worden. „Wir sind jetzt kampfbereit, um | |
es mit den Terroristen aufzunehmen“, sagt Mburanumwe und sucht mit dem | |
Fernglas die Hänge ab. „Wenn wir Drohnen, Kameras und Nachtsichtgeräte | |
hätten, könnten wir die Gorillas besser schützen und jedes Holzkohlefeuer | |
schon von Weitem aufspüren“, sagt der Vize-Parkchef. „Wir hoffen, die | |
Deutschen werden uns das spendieren.“ | |
Mburanumwes Partner ist einer der mächtigsten und berüchtigsten Generäle | |
des Kongo: Charles Mundindo Akili, bekannt unter seinem Kriegsnamen | |
„Mundos“. Er ist ein enger Vertrauter des früheren kongolesischen | |
Präsidenten Joseph Kabila. Immer wenn es bewaffnete Gruppen zu bekämpfen | |
gab, wurde Mundos auf Spezialoperationen losgeschickt. Doch UN-Ermittler | |
sagen über Mundos: Wo immer er hinkomme, verwischen sich die Fronten, die | |
Zahl der bewaffneten Gruppen multipliziere sich, und niemand wisse mehr, | |
wer genau im Dschungel was treibe. Seit 2018 steht der General auf der | |
UN-Sanktionsliste. Jetzt jagt er in Kahuzi-Biéga Pygmäen. | |
Der kräftige Mann in Uniform mit zwei goldenen Sternen auf der | |
Schulterklappe sitzt in seinem geräumigen Büro im regionalen | |
Armeehauptquartier in Bukavu hinter einem massiven Teakholzschreibtisch. | |
„Ich bin einer der größten Tierschützer im Kongo“, prahlt der Generalmaj… | |
stolz und sinniert über frühere Großtaten. Er sei froh, sich jetzt auch im | |
Kahuzi-Biéga für den Naturschutz engagieren zu können, sagt er und zeigt | |
seinen Jahreskalender auf dem Schreibtisch: ein Gruppenfoto mit dem | |
Parkchef und den Wildhütern, Mundos in der Mitte mit der silbernen | |
Ehrenmedaille des Parks um den Hals. | |
## Deutsche Steuergelder | |
Die Ranger von Kahuzi-Biéga, mit deutschen Steuergeldern bezahlt, nennt der | |
General „seine Kinder“. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau erklärt dazu: | |
„Für aus Mitteln der Entwicklungszusammenarbeit finanzierte Ausrüstung | |
zugunsten der Parkverwaltung besteht ein klares Verwendungsverbot für | |
militärische Zwecke.“ | |
Mundos lobt die Zusammenarbeit zwischen Armee und Wildhütern im Kampf gegen | |
„Terroristen“. Sein Ziel: In drei Jahren werde dank seiner | |
Militäroperationen Friede einkehren, „für die Touristen, die den Park | |
besuchen“. Und die Pygmäen um Kasula? „Der ist die Nummer eins von allen | |
Terroristen landesweit!“ Mit den Organisationen, die die Pygmäen | |
„manipulieren“, werde er ebenfalls fertig: „Ich habe sie selbst angerufen | |
und gesagt, ich schicke Kasula ins Gefängnis bis ans Ende der Welt!“ | |
Nur wenige Stunden nach Beginn des Verfahrens gegen die Pygmäen auf der | |
Straßenkreuzung unterhalb des Parkeingangs fällt die Entscheidung. Das | |
Militärgericht verurteilt Kasula und seine sieben Gefährten zu je 15 Jahren | |
Haft sowie eine Million kongolesische Franc Geldstrafe, ein Vermögen für | |
diese bitterarmen Menschen. Es war ein Schauprozess, eine Warnung an die | |
Bevölkerung, gibt der Militärstaatsawanalt später zu. | |
Wie Vieh werden die Verurteilten mit Kabelbinder aneinandergekettet und | |
abgeführt. Die Frauen der verurteilten Männer, die aus den Dörfern | |
angelaufen sind, schluchzen und kreischen. Sie tragen Kleinkinder im | |
Tragetuch und stecken ihren Männern ein paar Bananen und Geldscheine zu. Es | |
sind verzweifelte Momente. Da lädt ein Soldat seine Kalaschnikow durch und | |
zielt warnend auf die aufgewühlte Menschentraube. Alle werden still. | |
2 Mar 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Terror-gegen-Zivilisten/!5163069/ | |
[2] https://www.survivalinternational.de/indigene/pygmaen | |
[3] https://www.kfw.de/kfw.de.html | |
[4] /Skandal-im-Kongo/!5602228/ | |
## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
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