# taz.de -- Naturschützer über Insektensterben: „Agrarpolitik muss reformie… | |
> Eine neue Studie belegt, dass die Zahl der Insekten massiv sinkt. Bauern | |
> müssten dringend anders arbeiten, fordert Naturschützer Schade. | |
Bild: Schöne Insekten: Pfauenauge sammelt Blütenstaub | |
taz: Herr Schade, es gibt [1][neue Belege für das Insektensterben]. Was | |
muss jetzt passieren? | |
Till-David Schade: Die wichtigste politische Konsequenz wäre, die | |
EU-Agrarsubventionen grundlegend zu reformieren. Subventionen sollten nur | |
noch an Landwirte fließen, wenn diese auch naturverträgliche Maßnahmen | |
umsetzen. Es geht zum Beispiel um das Brachliegenlassen bestimmter Flächen, | |
die Anlage von Blühstreifen und Feldgehölzen und natürlich auch um die | |
Minimierung des Pestizideinsatzes. | |
Aber in der neuen Studie steht klar, dass man nicht weiß, warum die | |
Biomasse der Insekten abgenommen hat. Warum fordern Sie dann Änderungen in | |
der Landwirtschaft? | |
Dafür konnte man aber statistisch nachweisen, dass Veränderungen des Klimas | |
und von Biotopmerkmalen keinen Einfluss auf den Rückgang haben. Dann gibt | |
es nicht mehr so viele Möglichkeiten, außer dass die Landwirtschaft | |
maßgeblich dafür verantwortlich ist. Vor allem vor dem Hintergrund, dass | |
über 90 Prozent der untersuchten Standorte umgeben sind von intensiver | |
landwirtschaftlicher Nutzung. Da ist anzunehmen, dass die Landwirtschaft | |
auf diese Schutzgebiete wirkt. Beispielsweise dadurch, dass Pestizide | |
abdriften oder Nährstoffe durch massiven Einsatz von Dünger eingetragen | |
werden. Außerdem fliegen Insekten von den Schutzgebieten auf die | |
landwirtschaftlichen Flächen und werden dort geschädigt. | |
Der Bauernverband sagt immer wieder: Es ist nicht erwiesen, dass wir der | |
größte Artenkiller sind. Wie sehen Sie das? | |
Die Landwirtschaft ist nicht der alleinige Treiber des Artenverlustes in | |
Deutschland, sondern es gibt eine breite Palette von Faktoren. | |
Infrastrukturmaßnahmen, Zersiedlung, Klimawandel, invasive Arten, | |
Landschaftsfragmentierung und so weiter spielen auf jeden Fall auch eine | |
Rolle. Aber allein wegen der Tatsache, dass über 50 Prozent der Fläche in | |
Deutschland landwirtschaftlich genutzt wird, ist es nicht ganz abwegig, | |
dass man die Landwirtschaft als maßgeblichen Treiber des Artenverlustes | |
ausfindig macht. Vor allem weil man inzwischen auch weiß, welche | |
landwirtschaftlichen Praktiken Schaden anrichten, etwa in der Vogelwelt. | |
Die roten Listen beispielsweise geben Aufschluss darüber, dass insbesondere | |
Arten, die im Agrarraum vorkommen, maßgeblich gefährdet sind. Deshalb muss | |
sich die Landwirtschaftslobby eingestehen, dass da erheblicher | |
Verbesserungsbedarf besteht. | |
Warum sind Insekten überhaupt so wichtig? | |
Insekten sind unerlässlich, damit Ökosysteme funktionieren: So sind über 80 | |
Prozent der Wildpflanzen und über 70 Prozent unserer Kulturpflanzen von der | |
Insektenbestäubung abhängig, damit wird auch deren Wichtigkeit für die | |
Ernährungssicherung der Menschen ersichtlich. Daneben bilden Insekten eine | |
wichtige Nahrungsgrundlage vieler Vogelarten, Säugetiere und Reptilien. Und | |
nicht zuletzt: Allein ihre Schönheit und ihre faszinierende Lebensweise | |
sollten uns Menschen Anlass genug sein, die Welt der Insekten zu schützen | |
und zu fördern. | |
19 Oct 2017 | |
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## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
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