| # taz.de -- Agrar-Lobbyist über Dorf-Ministerium: „Das wird die AfD nicht st… | |
| > Die CSU schlägt ein Ministerium für ländliche Räume vor. Ein | |
| > Ablenkungsmanöver der Agrarindustrie, sagt Kleinbauern-Lobbyist Ulrich | |
| > Jasper. | |
| Bild: Schöne Gegend. Aber wohnt hier etwa der gemeine AfD-Wähler? | |
| taz: Herr Jasper, die CSU will in einer möglichen Koalition mit CDU, FDP | |
| und Grünen ein Bundesministerium für den ländlichen Raum durchsetzen. Das | |
| Ressort soll etwas dagegen tun, dass sich viele Leute auf dem Land vom Rest | |
| der Gesellschaft abgehängt fühlen und AfD wählen. Gute Idee? | |
| Ulrich Jasper: Das ist eher eine Strategie, damit die Koalitionäre zum | |
| Beispiel den notwendigen Umbau der Tierhaltung aus dem Blick verlieren. | |
| Kanzlerin Angela Merkel redet seit der Bundestagswahl vom ländlichen Raum | |
| als wichtige Aufgabe. Deshalb haben sich die pfiffigen Strategen etwa beim | |
| Bauernverband überlegt: Wir nennen unser altes Ressort eben Ministerium für | |
| ländlichen Raum, dann kriegt das Haus rhetorisch eine Bedeutung. Aber sie | |
| machen die alte Soße. So wollen sie verhindern, dass die Agrarsubventionen | |
| endlich an Gegenleistungen beispielsweise für die Umwelt und das Tierwohl | |
| gebunden werden. | |
| Welche Rolle spielt, dass die Grünen im Kabinett für Landwirtschaft | |
| zuständig werden könnten? | |
| Der Plan vom Ministerium für den ländlichen Raum soll auch verhindern, dass | |
| die Zuständigkeit für Agrar ins Umweltressort kommt. Denn dieses | |
| Ministerium wird möglicherweise von der Grünen Katrin Göring-Eckardt | |
| geleitet. Dann sieht sich der Bauernverband kaltgestellt. Der lehnt ja | |
| regelmäßig Regeln für eine umwelt- und tierfreundlichere Landwirtschaft ab. | |
| Wird auf dem Land mehr AfD gewählt? | |
| Man kann nicht sagen, dass der ländliche Raum eher rechts oder | |
| europaskeptisch wählt. In Nordrhein-Westfalen beispielsweise war die AfD im | |
| Ruhrgebiet wesentlicher stärker als im Münsterland oder anderen ländlichen | |
| Regionen. 8 Prozent der deutschen Landwirte haben für die AfD gestimmt. Das | |
| ist unter dem gesamtgesellschaftlichen Schnitt von 13 Prozent. Aber es gibt | |
| ländliche Räume, die abgedriftet sind und wo die AfD hohe Stimmanteile | |
| bekommen hat. Doch die ostdeutschen Städte haben auch stark rechts gewählt. | |
| Würde ein Ministerium für ländlichen Raum AfD-Wähler zurückgewinnen? | |
| Man sollte sich um den ländlichen Raum kümmern, die ländlichen Kommunen | |
| stärken. Da ist schon viel zu machen. Aber ein neues Ministerium löst keine | |
| Politbegeisterung aus und wird die AfD nicht stoppen. Die Aufgaben, die in | |
| der Landwirtschaft anstehen, sind so groß, dass sie auch ein eigenes | |
| Ressort rechtfertigen. Aber nur, wenn es sich nicht als Vertretung für | |
| wirtschaftliche Interessen einer kleinen Gruppe innerhalb der | |
| Landwirtschaft begreift, sondern Tierschutz und andere Themen von hoher | |
| gesellschaftlicher Relevanz mit Wirtschaftlichkeit verbindet. Da liegt | |
| jetzt die große Chance. | |
| Was bedeutet die aktuelle Agrarpolitik für die Dörfer? | |
| Sie erhöht den Frust noch. Sie begünstigt durch hohe Subventionen zum | |
| Beispiel große Betriebe im Osten, die nun zusehends von Investoren | |
| übernommen werden. Damit werden die Arbeitsplätze dort zur Spielmasse. Die | |
| Entscheidungen werden woanders getroffen, das Management sitzt nicht vor | |
| Ort. Das alles verstärkt das Gefühl des Abgehängtseins. Wenn man lebendige | |
| ländliche Räume will, muss man den Arbeitsplatzabbau in der Landwirtschaft | |
| stoppen und Existenzgründungen besser fördern. Es wäre ein großes Signal, | |
| die noch in Bundeseigentum befindlichen Flächen im Osten gezielt | |
| Neueinsteigern und kleineren Betriebe zu geben, damit sie zum Beispiel mit | |
| einer tier- und umweltgerechten Nutztierhaltung neue Arbeitsplätze und | |
| Wertschöpfung in den Dörfern schaffen. Ein anderer Einsatz von Geldern und | |
| Flächen belebt ländliche Räume, nicht die Umbenennung eines Ministeriums. | |
| 3 Nov 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Jost Maurin | |
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