# taz.de -- Militärparade in Aserbaidschan: Den Feind ein zweites Mal demütig… | |
> Aserbaidschan zelebriert seinen Sieg über Armenien im Krieg um | |
> Bergkarabach. Auch der türkische Staatschef Erdoğan, ein guter | |
> Verbündeter, ist dabei. | |
Bild: Siegesparade in Baku – und Präsident Alijew sowie sein türkischer Amt… | |
BERLIN taz | So sehen Sieger aus: Am Donnerstag hat die Regierung in | |
Aserbaidschan in der Hauptstadt Baku mit einer größeren Militärparade ihren | |
[1][Triumph über Armenien im Krieg um Bergkarabach] gefeiert. Vor dem | |
Parlamentsgebäude marschierten Streitkräfte auf. Durch die coronabedingt | |
nur mäßig mit Publikum gefüllten Straßen rollten Sattelschlepper mit | |
ausgebranntem armenischem Kriegsgerät sowie neuer aserbaidschanischer | |
Militärtechnik. | |
Außer Präsident İlham Alijew war auch dessen türkischer Amtskollege Recep | |
Tayip Erdoğan anwesend. Der Kampf, der politisch und militärisch geführt | |
worden sei, sei noch nicht zu Ende, sondern werde an vielen anderen Fronten | |
weitergehen, sagte Erdoğan. | |
Bei dem Krieg um die von Armenier*innen bewohnte Region Bergkarabach, in | |
den [2][die Türkei zugunsten Bakus eingegriffen] hatte, waren auf beiden | |
Seiten zusammen rund 5.000 Soldaten getötet worden. Die Kampfhandlungen | |
endeten nach 44 Tagen am 10. November durch eine | |
Waffenstillstandsvereinbarung. Diese war [3][unter Vermittlung Russlands] | |
zustande gekommen. | |
Die Vereinbarung sieht unter anderem eine [4][Rückgabe aller Bergkarabach | |
umgebenden sieben Rayons], die Armenien im Zuge des Kriegs Anfang der | |
1990er Jahre erobert hatte, an Aserbaidschan vor. Auch ein Teil von | |
Bergkarabach selbst – darunter die zweitgrößte Stadt Schuscha – wird | |
künftig von Baku kontrolliert. Die Umsetzung des Abkommens, das auch einen | |
Austausch von Kriegsgefangenen zwischen den beiden Südkaukasusrepubliken | |
vorsieht, sollen russische Friedenstruppen überwachen. | |
## Armenische Militärangehörige vermisst | |
Doch während die Übergabe der Gebiete an Aserbaidschan mittlerweile erfolgt | |
ist, geht der [5][Gefangenenaustausch] nur schleppend voran. Am Mittwoch | |
dieser Woche postete der armenische Vize-Premier Tigran Avinjan, dass die | |
Aserbaidschaner drei Zivilisten an Jerewan überstellt hätten. Das berichtet | |
das Onlineportal Kavkazkij Uzel (Kaukasischer Knoten). | |
Jedoch gibt es bis dato keine genauen Angaben über die tatsächliche Anzahl | |
der Betroffenen. Inoffiziellen Informationen zufolge könnten sich derzeit | |
noch bis zu 150 armenische Soldaten in aserbaidschanischer | |
Kriegsgefangenschaft befinden, Baku beziffere deren Anzahl auf neun, sagte | |
Ani Samsonjan, Mitglied der Kommission für Menschenrechte des armenischen | |
Parlaments. | |
Laut mehreren Berichten von Kavkazkij Uzel bemühe sich der Europäische | |
Gerichtshof für Menschenrechte (EMRK) in 32 Fällen armenischer Gefangener | |
um Informationen aus Aserbaidschan. Dutzende armenische Militärangehörige | |
gelten derzeit immer noch als vermisst. | |
Unterdessen sorgen Videos von Kriegsverbrechen vor allem | |
aserbaidschanischer Soldaten, die in den sozialen Netzwerken zirkulieren, | |
für erregte Debatten. Darauf ist zu sehen, wie armenische Armeeangehörige | |
gefoltert, erniedrigt und exekutiert werden. Auch zwei Enthauptungen | |
wurden filmisch festgehalten. | |
Inwieweit es sich um authentische Aufnahmen handelt, wird derzeit | |
überprüft. Auch internationale Menschenrechtsgruppen, wie Human Rights | |
Watch (HRW), bemühen sich darum. Im Fall extralegaler Hinrichtungen sei das | |
jedoch sehr kompliziert, sagte Giorgi Gogia, Direktor für Europa und | |
Zentralasien bei HRW gegenüber der Onlineplattform Eurasiaorg.net. | |
## Umstrittene Videos in sozialen Medien | |
Ende November hatte die aserbaidschanische Staatsanwaltschaft bereits | |
angekündigt, alle derartigen Straftaten verfolgen zu wollen. Diejenigen, | |
die für solche illegalen Taten verantwortlich seien, würden vor Gericht | |
gestellt. Allerdings hätten erste Untersuchungen ergeben, dass ein Großteil | |
der Videos gefälscht sei, heißt es dazu in einer Erklärung. | |
Eine Gruppe aserbaidschanischer Aktivist:innen forderte die | |
Staatsanwaltschaft in Baku auf, die Bilder in den sozialen Medien als | |
Verletzung internationalen Rechts zu behandeln. Sie forderte die | |
internationale Staatengemeinschaft auf, auch Druck auf Armenien auszuüben. | |
Der aserbaidschanische Aktivist Ilkin Rustamzada schreibt auf Facebook: | |
„Jeder, der einen Armenier köpft oder das filmt, sollte hart bestraft | |
werden. Das gilt auch für diejenigen, die dem Krieg der aserbaidschanischen | |
Nation ein IS-Label anheften wollen.“ | |
10 Dec 2020 | |
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[4] /Nach-Waffenstillstand-in-Bergkarabach/!5725187 | |
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## AUTOREN | |
Barbara Oertel | |
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