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# taz.de -- Propaganda in Aserbaidschan: Ausgestellter Hass
> „Park der Trophäen“ heißt ein neues Freilichtmuseum in der
> aserbaidschanischen Hauptstadt Baku. Damit soll der Sieg über Armenien
> zelebriert werden.
Bild: Präsident Ilham Alijew schreitet über eine Allee aus den Helmen toter a…
Berlin taz | „Park der Trophäen“ (Spoils of War Museum) heißt ein neues
Freilichtmuseum in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku. Das Projekt
geht auf Präsident Ilham Alijew zurück, der meint, mit diesem bizarren
Ausstellungspark den Sieg Aserbaidschans über Armenien im jüngsten Krieg um
die Region Bergkarabach gebührend würdigen zu müssen.
Bereits im Dezember 2020 hatten Alijew und sein türkischer Verbündeter,
Staatschef Recep Tayip Erdoğan, ihren militärischen Erfolg über Armenien in
Baku mit einer größeren Militärparade zelebriert. Doch das reichte ihnen
offenbar nicht.
In der Südkaukasusrepublik Aserbaidschan wird nämlich weiter gefeiert. Auf
einem etwa fünf Hektar großen Gelände am Kaspischen Meer werden Waffen,
Panzer, Artillerie, Raketen, Flugabwehrkanonen sowie Fahrzeuge ausgestellt,
die die aserbaidschanische Armee während des Krieges 2020 von armenischen
Streitkräften erbeutet hatte.
„Karabach ist Aserbaidschan“ steht auf einer riesigen Mauer, auf der mehr
als 2.000 Nummernschilder armenischer Fahrzeuge nebeneinander angeordnet
sind.
## Blick auf den Feind
Alijew hatte die Ausstellung dieser Tage anlässlich ihrer Eröffnung selber
besucht und sich auf einer Allee aus den Helmen toter armenischer Soldaten
fotografieren lassen. Jetzt sind die Bürger*innen an der Reihe, um ihrem
Präsidenten zu folgen.
Wer in seinem Leben noch keine*n Armenier*in gesehen hat, hat nun die
Möglichkeit, einen [1][Blick auf den Feind] zu werfen. Auch Kinder besuchen
mit ihren Eltern den Militärpark. Sie dürfen auch einige Exponate anfassen.
Dabei handelt es sich um mehrere Schaufensterpuppen in armenischen
Uniformen, die eher wie Vogelscheuchen aussehen: Große Adlernase, hängende
Mundwinkel, runde, hervortretende Augen – eins blickt nach oben, das andere
nach unten. Die Karikaturen gleichenden Modelle nehmen unterschiedliche
Positionen ein, die mögliche Kriegsszenarien darstellen: Armenische
Soldaten, getötet oder im Sterben liegend, sowie in Gefangenschaft mit
Ketten gefesselt.
Die Köpfe einiger Soldaten sind gen Himmel gerichtet. Das soll die Angst
der armenischen Soldaten vor türkischen Drohnen symbolisieren, die die
aserbaidschanische Armee im Krieg eingesetzt hatte.
## Feindliche Politik
„Geschmacklos und nationalistisch!“ So lautet der Kommentar der
Sozialwissenschaftlerin Sevil Huseynova zu dem Trophäen-Park. „Er ist ein
Anzeichen dafür, dass sich die aserbaidschanische Politik nicht verändert
hat. Sie ist und bleibt feindlich“, sagt sie.
Huseynova lebt und arbeitet in Berlin. Sie koordiniert Projekte der
Berliner Nichtregierungsorganisation „Center for Independent Social
Research“. Ein Ziel der Projektarbeit ist es, Vertreter*innen der
Zivilgesellschaft im Südkaukasus zu vernetzen. Vorhaben wie der Park
schadeten der Entwicklung von möglichen Friedensperspektiven in der Region
und stärkten das autoritäre Regime in Baku, meint Huseynova.
Der neue Park stößt auch in Armenien auf Kritik. „Das ist eine
offensichtliche Manifestation von Faschismus“, sagt der Ombudsman Arman
Tatojan, ein armenischer Menschenrechtsverteidiger. Der Park sei ein Beweis
für Armenophobie und eine fortgesetzte Hasspolitik gegenüber dem Nachbarn.
Doch Besucher*innen des Parks sind fasziniert. Davon zeugen zumindest
ihre Fotos in den sozialen Netzwerken. Ob der Park wohl zu einem der
meistbesuchten Orte des Landes wird? Auch Italiener*innen haben
offenbar daran mitgearbeitet. In einem Tweet bedankt sich Alijew für
Italiens „klare und faire Unterstützung.“
## Dank an Italien
Alijews Dank gilt wohl unter anderem auch der Firma „G Group
International“. Das Multimedia-Unternehmen organisiert weltweit bedeutende
Großveranstaltungen wie beispielsweise die Auto-Design-Week.
Bereits im Februar waren führende Mitarbeiter der „G Group International“
in Baku zu Gast – darunter auch der Museumsdesigner, Architekt und
Ausstellungsgestalter Nikola Pavan sowie der Architekt Carlo Pavan.
Berichten zufolge soll auch das mit dem Namen Pavan verbundene italienische
Architekturbüro „120 grammi:: laboratorio di architettura“ am Bau des
„Museums“ mitgewirkt haben.
„Wir möchten klarstellen, dass wir in keiner Weise an der Konzeption,
Gestaltung oder Realisierung dieses Projekts beteiligt waren. Wir haben
davon erst vor einigen Tagen aus den Medien erfahren“ sagte Carlo Pavan der
taz.
Hingegen bestätigt er, dass er mit Nicola Pavan auf Einladung der
aserbaidschanischen Regierung im Februar in Baku gewesen und in den Teil
von Bergkarabach gereist sei, der seit dem Ende des Krieges [2][unter
aserbaidschanische Kontrolle] ist.
## Keine Antwort
Weitere Anfragen der taz, warum die beiden nach Baku gereist waren und
welche Projekte dort im aserbaidschanischen Kulturministerium besprochen
wurden, blieben unbeantwortet.
Eva-Maria Auch, Professorin an der Humboldt-Universität zu Berlin und am
Lehrstuhl „Geschichte Aserbaidschans“ tätig, machte Baku Mitte April
ebenfalls ihre Aufwartung. Neben einem Treffen mit Alijew stand auch ein
Abstecher in den Trophäen-Park auf dem Programm. „Ich freue mich sehr, in
Aserbaidschan zu sein. Sie haben viele Jahre darauf gewartet, Ihr Land von
der Besatzung zu befreien“, sagte die HU-Professorin bei einem Besuch einer
Universität in Baku. Auch für deutsche Medien hatte sie einen Kommentar im
Gepäck: Diese hätten über den Konflikt falsche Informationen verbreitet.
22 Apr 2021
## LINKS
[1] /Militaerparade-in-Aserbaidschan/!5730525
[2] /Zerstoerung-von-armenischen-Kirchen/!5764084
## AUTOREN
Tigran Petrosyan
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