# taz.de -- Brennende Häuser in Bergkarabach: Hass und Rache | |
> Armeniens Premier Paschinjan hatte beim Friedensabkommen keine Wahl und | |
> ist nun dennoch der Sündenbock. Die junge Demokratie ist gefährdet. | |
Bild: Unbändige Wut: Armenier sehen sich gezwungen, ihre Heimat zu verlassen u… | |
Was zu befürchten war, ist eingetreten. Jetzt, da die Waffen in | |
Bergkarabach schweigen, werden die Messer in Armenien gewetzt. Ob | |
Putschisten tatsächlich die Macht übernehmen wollten und ein Anschlag auf | |
Regierungschef [1][Nikol Paschinjan] gerade noch vereitelt werden konnte, | |
wie der armenische Geheimdienst behauptet, ist unklar. | |
Unabhängig davon, ob dieses Szenario der Wahrheit entspricht oder reine | |
Propaganda ist: Die jüngsten Entwicklungen zeigen, wie explosiv die Lage in | |
der Südkaukasusrepublik ist. Der ultimative Sündenbock ist Nikol | |
Paschinjan. Er hat das [2][Friedensabkommen] zu verantworten, das für die | |
meisten Armenier*innen einer beispiellosen Demütigung gleichkommt. | |
Dabei hatte der einstige Hoffnungsträger keine Alternative. Die Kämpfe | |
fortzusetzen, hätte nicht nur weitere Menschenleben gekostet, sondern | |
vielleicht sogar den Verlust des gesamten Gebietes Bergkarabach bedeutet. | |
Doch für rationale Erwägungen ist derzeit in Armenien kein Platz, es geht | |
nur noch um Rache und Hass. Wie sonst sollten Bilder von Armenier*innen zu | |
deuten sein, die ihre Häuser niederbrennen, bevor sie die an Aserbaidschan | |
zu übergebenden Gebiete verlassen? | |
Auch für die [3][Opposition] ist spätestens jetzt der Zeitpunkt gekommen, | |
um mit „dem Verräter“ Paschinjan abzurechnen. Das gilt vor allem für | |
diejenigen Kräfte, die bis zur Samtenen Revolution von 2018 selbst an der | |
Macht und seitdem Zielscheibe von Paschinjans Antikorruptionskampf waren. | |
Eine Opposition, die auf Vergeltung sinnt – auch um den Preis einer | |
Destabilisierung der innenpolitischen Lage. Hinzu kommen Tausende | |
Geflüchtete, die in Armenien eine neue Heimat finden müssen, und das auch | |
noch in Pandemiezeiten. | |
Das Chaos ist programmiert. Aber es steht noch viel mehr auf dem Spiel: Der | |
Prozess der Demokratisierung, der in Armenien seit zwei Jahren zu | |
beobachten ist, könnte abrupt beendet sein. Das jedoch würde Armenien | |
zurückwerfen, vielleicht sogar auf Jahrzehnte. | |
15 Nov 2020 | |
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## AUTOREN | |
Barbara Oertel | |
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