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# taz.de -- Migrationspolitik der Ampel: Fortschrittskoalition is over
> Eine härtere Asylpolitik hilft nicht gegen islamistischen Terror. Doch
> die Ampel will den Rechten zeigen, dass sie auch etwas gegen Ausländer
> hat.
Bild: Die Bankrotterklärung der Ampelkoalition: gemeinsam gegen Ausländer
Weil ich ein von der Politik frustrierter Mann bin, verbringe ich viel Zeit
im Internet. Dort habe ich ein linkes Manifest gefunden, das mich
radikalisiert hat. Da steht: „Migration war und ist schon immer Teil der
Geschichte unseres Landes.“ Aber damit nicht genug: „Wir wollen einen
Neuanfang in der Migrations- und Integrationspolitik gestalten, der einem
modernen Einwanderungsland gerecht wird.“
Die AutorInnen waren leichtsinnig und haben Spuren hinterlassen:
„Koalitionsvertrag“ steht drauf, Autogramme stehen darunter. Sie schienen
sich ihrer Sache sicher zu sein, oder sie dachten: Das Geschwätz
interessiert bald eh niemanden mehr.
Drei Jahre später könnte erstmals ein Rechtsextremer eine Landtagswahl
gewinnen, und vorher drehen alle durch. Die Bild jagt die Anwältin des
[1][Solingen-Attentäters], die Regierung kämpft gegen ihr nahendes Ende,
[2][verschärft das Asylrecht] und schiebt nach Afghanistan ab. Die
Geschwindigkeit lässt einen schwindeln.
Erinnert sich jemand an [3][die größten Demos] in der Geschichte der
Republik? Ist ewig her, ein halbes Jahr. Damals gingen so viele Menschen
wie nie auf die Straße, um gegen das Erstarken des Faschismus zu
protestieren und für eine offene Gesellschaft.
Aber für sie macht niemand Politik. Sondern für jene, die am Sonntag eine
rechtsextreme Partei wählen wollen. Ihnen wollen die Parteien von Grün bis
Schwarz zeigen, dass sie auch etwas gegen Ausländer haben. Asylbewerbern,
für die nach den Dublin-Regeln ein anderer Staat zuständig ist, sollen die
finanziellen Leistungen komplett gestrichen werden.
Ob das legal ist? Mal sehen. Bett, Brot, Seife – so wird das Prinzip
genannt. Das ist genial, weil man mit einem Stück Seife keinen Menschen
abstechen kann und allgemein bekannt ist, dass politische
Perspektivlosigkeit die beste Prävention gegen Islamismus darstellt.
## Erwartungen können nicht erfüllt werden
Es ist verständlich, dass die Bevölkerung nicht nachvollziehen kann, dass
der Staat geltendes Recht, in diesem Fall Abschiebungen nach Bulgarien,
nicht umsetzt. Dass Deutschland vom Dublin-System eigentlich profitiert,
spielt dabei keine Rolle. Wenn der Staat seine eigenen Regeln nicht
anwendet, führt das zu einem Vertrauensverlust. Das gilt nicht nur in der
Asylpolitik.
Doch statt bestehende Gesetze anzuwenden, werden neue gemacht. Auch die
erneute Verschärfung wird nichts daran ändern, was alle wissen: Härtere
Asylpolitik hilft nicht gegen islamistischen Terror. Indem beides
miteinander verbunden wird, schafft der Staat Erwartungen, die er in der
europäischen Realität nicht erfüllen kann, stärkt die Frustration und den
Populismus.
Und die Grünen? Verweisen auf die Gefahr durch Islamismus und tragen dann
jede asylpolitische Verschärfung mit, selbst [4][Abschiebungen nach
Afghanistan]. Die Taliban werden sich ihre Zustimmung etwas kosten lassen
haben. Unterstützung des internationalen Terrorismus, auch so eine Form der
Prävention.
Dann nimmt [5][Robert Habeck] noch ein pastorales Video auf. Nichts
dagegen, dass Politiker ihr Handeln erklären. Aber fortschrittliche
Kommunikation bei rückschrittlicher Politik, das hinterlässt einen
Geschmack. Habeck sagt: „Für Integration, Sprachkurse und gute
Bildungsarbeit muss genügend Geld vorhanden sein“ – also das, woran seine
Regierung massiv spart.
Am politischen und moralischen Ende dieser Koalition wird es Geflüchteten
schlechter gehen, sie werden weniger integriert und mit einem wachsenden
Rassismus konfrontiert, der von dieser Fortschrittskoalition noch verstärkt
wird.
So sehr wie in dieser Woche habe ich eine starke Linke lange nicht
vermisst.
31 Aug 2024
## LINKS
[1] /Angriff-in-Solingen/!6032069
[2] /Neues-Asylpaket/!6029267
[3] /Analyse-der-Demos-gegen-Rechtsextreme/!5995645
[4] /Abschiebungen-nach-Afghanistan/!6013110
[5] /Gruene-im-Sachsen-Wahlkampf/!6033270
## AUTOREN
Kersten Augustin
## TAGS
Migration
Asylpolitik
Abschiebung
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Datenschutz
Schwerpunkt Islamistischer Terror
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