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# taz.de -- Pläne der Ampel gegen Terror: Abgleich mit allen Fotos der Welt
> Die Ampelregierung will der Polizei biometrische Gesichtserkennung
> erlauben. Wie könnte das konkret gehen?
Bild: Wie die geplante Gesichtserkennung konkret funktionieren soll, lässt die…
Berlin taz | Die Bundesregierung will biometrische Gesichtserkennung auch
beim [1][Kampf gegen Islamismus] und bei der Entscheidung über Asylanträge
nutzen. Das ist Teil des „Sicherheitspakets“, das Innenministerin Nancy
Faeser (SPD) und Justizminister Marco Buschmann (FDP) am vergangenen
Donnerstag vorstellten.
Zum einen soll Gesichtserkennung genutzt werden, um islamistische
Tatverdächtige zu identifizieren. Das passt zu einem Gesetzentwurf Faesers,
[2][der Anfang August bekannt wurde]. Dort wollte sie nicht nur dem BKA zur
Terrorabwehr, sondern auch den Landespolizeien zur Aufklärung erheblicher
Straftaten die Befugnis zum Abgleich von Fahndungsfotos mit öffentlich
zugänglichen Fotos aus dem Internet erlauben. So sollen etwa islamistische
Terroristen identifiziert werden, die auf [3][IS-Hinrichtungs- oder
Foltervideos] zu sehen sind. Neu ist, dass auch Justizminister Buschmann
und die Grünen das Vorhaben mittragen. Es sei ein „Anachronismus“, dass
staatliche Gesichtserkennung noch nicht erlaubt ist, sagte die grüne
Wirtschaftsstaatssekretärin Anja Hajduk am Donnerstag.
Außerdem soll das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) die
Befugnis zum biometrischen Abgleich von Internetdaten erhalten. So sollen
vor allem die Identitäten von Schutzsuchenden festgestellt werden. Dieser
Plan ist neu. So könnte verhindert werden, dass bekannte Terroristen als
Flüchtlinge mit neuer Identität in Europa aufgenommen werden. Gegen die
Radikalisierung bisher unauffälliger Geflüchteter wie beim
Solingen-Attentäter hilft Biometrie jedoch nichts.
Doch wie funktioniert diese Gesichtserkennung eigentlich? Jedes Gesicht hat
charakteristische Merkmale, etwa das Verhältnis der Augen zu anderen
Gesichtsteilen. Diese Merkmale können biometrisch vermessen und in digitale
Daten (ein sogenanntes Template/Muster) übersetzt werden. Bei der
biometrischen Gesichtserkennung werden nicht die Fotos, sondern zwei
Templates miteinander verglichen.
## Zusammenarbeit mit umstrittenen Firmen?
Für den Abgleich mit Fotos aus dem Internet gibt es nun drei Möglichkeiten.
Entweder durchsucht eine Software der Polizei bei jeder Anfrage das ganze
Internet nach Fotos von Personen, fertigt für jedes Foto ein Template an
und vergleicht dieses mit dem Template des Fahndungsfotos. Bei Hunderten
von Milliarden Fotos im Internet und in sozialen Netzwerken wäre das ein
recht aufwändiges Verfahren.
Die Polizei könnte sich aber auch eine Datenbank aller Templates von Fotos
aus dem Internet anlegen. Das Fahndungsfoto würde dann nur noch mit den
Templates dieser Datenbank abgeglichen. Das wäre deutlich einfacher und
schneller. Dies wäre aber eine Vorratsdatenspeicherung der ganzen
Weltbevölkerung, die vermutlich gegen EU-Recht und Grundgesetz verstieße.
Dritte Möglichkeit wäre eine Zusammenarbeit der Polizei mit kommerziellen
Firmen wie Clearview oder PimEyes, die schon gigantische Sammlungen von
Foto-Templates angelegt haben. Allein Clearview hat nach eigenen Angaben
über 50 Milliarden Fotos erfasst. Die Leistungsfähigkeit dieser Datenbanken
zeigte sich, als ein Journalist mit Hilfe von PimEyes die mehr als 30 Jahre
untergetauchte RAF-Terroristin Daniela Klette identifizierte.
Allerdings verstoßen diese privaten Datenbanken nach Ansicht mehrerer
Datenschutzbehörden gegen EU-Datenschutzrecht. Wie die geplante
Gesichtserkennung konkret funktionieren soll, lässt die Bundesregierung
bisher offen. Vermutlich weiß sie es selbst noch nicht und wollte lediglich
vor den Landtagswahlen in Ostdeutschland ein Zeichen der Entschlossenheit
setzen.
3 Sep 2024
## LINKS
[1] /Hilflose-Debatte-nach-Solingen/!6029713
[2] /Gesichtserkennung-im-Internet/!6026767
[3] /Experte-ueber-Angriff-in-Solingen/!6030796
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Datenschutz
Gesichtserkennung
Sicherheitsbehörden
Schwerpunkt Islamistischer Terror
Rüstungsindustrie
BKA
Rote Armee Fraktion / RAF
Solingen
Migration
Islamismus
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