| # taz.de -- Merkels Maßnahmenkatalog: Die Kanzlerin macht zu | |
| > Abgeriegelter Schengenraum, mehr Frontex-Einsätze und | |
| > Rücknahmevereinbarungen: Bundeskanzlerin Merkel kommt mit vielen | |
| > Maßnahmen vom EU-Gipfel zurück. | |
| Bild: Merkel präsentiert ein großes Paket an Maßnahmen, jetzt muss Seehofer … | |
| Berlin dpa | Kurz vor der Entscheidung im Asylstreit der Union hat | |
| Kanzlerin Angela Merkel (CDU) eine Reihe von Maßnahmen für einen schärferen | |
| Kurs in der Flüchtlingspolitik präsentiert. Asylbewerber, die bereits in | |
| anderen EU-Ländern registriert wurden, sollen demnach künftig in den | |
| geplanten, speziellen „Ankerzentren“ untergebracht werden. Das geht aus | |
| einem der Deutschen Presse-Agentur in Berlin am Samstag vorliegenden | |
| achtseitigen Schreiben der Kanzlerin an die Partei- und Fraktionschefs der | |
| Koalitionspartner SPD und CSU hervor. Offen war zunächst, wie CSU-Chef | |
| Horst Seehofer auf die Pläne der Kanzlerin reagieren wird. | |
| Die betreffenden Flüchtlinge sollen in den Zentren ein beschleunigtes | |
| Asylverfahren durchlaufen und einer erweiterten „Residenzpflicht“ | |
| unterliegen – die Betroffenen sollen also Auflagen bekommen, die | |
| verhindern, dass sie sich aus den Einrichtungen entfernen. Zudem soll eine | |
| Verteilung auf die Kommunen ausgeschlossen werden. | |
| Nach Informationen der dpa beauftragte Bundesinnenminister Seehofer | |
| Experten seines Hauses damit, die von Merkel vorgestellten Maßnahmen zu | |
| prüfen. Demnach will sich Seehofer im Laufe des Tages nicht öffentlich zu | |
| den Vorschlägen und dem weiteren Vorgehen in dem Streit mit Merkel äußern. | |
| An diesem Sonntagnachmittag kommen die Spitzengremien von CDU und CSU zu | |
| getrennten Sitzungen in Berlin und München zusammen, um über das weitere | |
| Vorgehen zu beraten. | |
| Angesichts der Asyl-Vereinbarungen beim EU-Gipfel verlangt SPD-Chefin | |
| Andrea Nahles von der CSU ein Ende der Eskalation in der Bundesregierung. | |
| Sie fordere die CSU auf, auf Basis dieser Ergebnisse „die | |
| Instrumentalisierung dieses Themas jetzt einzustellen und wieder zur | |
| Vernunft zu kommen“, sagte Nahles am Samstag in Berlin. | |
| ## Strenge Regeln für Visa-Vergabe | |
| Mit Griechenland und Spanien hat Merkel weitergehende | |
| [1][Rückübernahmevereinbarungen getroffen]. Die beiden Länder haben sich | |
| bereiterklärt, Flüchtlinge wieder aufzunehmen, die dort registriert sind, | |
| dann aber an der deutschen Grenze aufgegriffen werden. Dafür kündigte | |
| Merkel in dem Schreiben die Einrichtung „grenznaher Rückkehrmechanismen“ | |
| an. Die Detailverhandlungen darüber könnten noch im Juli die Innenminister | |
| führen und auch beenden. Demnach müsste der Bundesinnenminister, CSU-Chef | |
| Seehofer, selbst die Verhandlungen führen. | |
| Vorgesehen ist dem Papier zufolge auch eine striktere Handhabung bei der | |
| Vergabe von Visa für den Schengen-Raum. Dies solle Visa-Missbrauch begegnen | |
| und so dazu beitragen, die Zahl der Asylanträge in Deutschland weiter zu | |
| verringern. Hintergrund ist demnach, dass mehr als 10.000 Asylsuchende im | |
| vergangenen Jahr einen Eintrag im EU-Visa-Informationssystem hatten. | |
| Merkel kündigte außerdem an, Bundespolizisten zur Verstärkung der | |
| EU-Außengrenze nach Bulgarien entsenden zu wollen. Durch diese Maßnahme | |
| solle in Übereinkunft mit Bulgarien die Zahl der in den grenzkontrollfreien | |
| Schengen-Raum Einreisenden weiter gesenkt werden. | |
| „Wir werden die in Griechenland an den Grenzen zu Mazedonien und Albanien | |
| eingesetzten Frontex-Verbände verstärken“, kündigt die Kanzlerin in dem | |
| Schreiben zudem an. Griechenland und Bulgarien sollten bei der Verstärkung | |
| ihrer Grenzpolizeien unterstützt werden. Diese Maßnahmen will Merkel schon | |
| bis Ende August umsetzen. „Wir müssen auch bereit sein, im Bedarfsfall | |
| Slowenien und Kroatien beim Grenzschutz zu unterstützen“, schreibt die | |
| Kanzlerin weiter. | |
| In dem Schreiben präsentiert Merkel ihre Ergebnisse vom EU-Gipfel in | |
| Brüssel und den parallel von ihr geführten weiteren bilateralen | |
| Verhandlungen mit einzelnen EU-Ländern. Damit will sie offenbar den Streit | |
| mit Seehofer und der CSU über umfassende Zurückweisungen von Migranten an | |
| den Grenzen lösen oder zumindest entschärfen. Seehofer hatte damit gedroht, | |
| notfalls im Alleingang Flüchtlinge zurückzuweisen, die bereits in anderen | |
| EU-Ländern registriert sind. | |
| ## Zusagen für beschleunigte Rückführung | |
| Merkel lehnt ein unilaterales Vorgehen aber weiterhin ab, wie sie in dem | |
| Schreiben noch einmal betont – und schlägt stattdessen nun die | |
| Unterbringung der betreffenden Flüchtlingen in den Ankerzentren vor. Dieses | |
| Verfahren will Merkel bei allen Flüchtlingen anwenden, die nicht in | |
| Griechenland und Spanien registriert sind und die ungeachtet der Kontrollen | |
| an der deutsch-österreichischen Grenze ins Land kommen. Bislang werden nur | |
| drei große Grenzübergänge kontrolliert. | |
| Merkel hat bei ihren Verhandlungen zur besseren Steuerung der Migration von | |
| 14 Ländern Zusagen zur beschleunigten Rückführung von Asylbewerbern | |
| erhalten. Unter den Ländern, von denen es Zusagen auf politischer Ebene | |
| gibt, entsprechende Abkommen abzuschließen, sind auch Länder wie Ungarn und | |
| Polen, die bisher als die schärfsten Kritiker von Merkels | |
| Flüchtlingspolitik galten. Nicht auf der Liste stehen aber weiterhin | |
| Italien und Österreich. | |
| Merkel hatte die Koalitionspartner am Freitagabend in getrennten | |
| Telefonaten über ihre Verhandlungen in Brüssel informiert. | |
| 30 Jun 2018 | |
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