# taz.de -- McDonalds-Klage am VGH Mannheim: Verpackungssteuer ist illegal | |
> Tübingens OB Boris Palmer war wieder einmal Vorreiter und führte eine | |
> Steuer auf Einweg-Verpackungen ein. Doch der Kommune fehlte die | |
> Zuständigkeit. | |
Bild: Aktivistin vor dem baden-württembergischen Verwaltungsgerichtshof am 29.… | |
FREIBURG taz | Die [1][Tübinger Verpackungssteuer] verstößt gegen | |
Bundesrecht. Mit dieser Begründung hat der Verwaltungsgerichthof (VGH) | |
Mannheim das bundesweite Pilotprojekt von OB Boris Palmer (Grüne) gestoppt. | |
Bundes-Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) will der schwäbischen Kommune | |
bisher aber nicht entgegenkommen. | |
Seit 1. Januar 2022 sind in Tübingen 50 Cent Verpackungssteuer fällig für | |
Einwegbecher, Einwegteller und Einwegspeiseverpackungen. 20 Cent kostet | |
jedes Einwegbesteck-Set. Pro Mahlzeit fallen maximal 1,50 Euro an. Dagegen | |
hatte die örtliche MacDonald's-Filiale beim VGH Mannheim geklagt. | |
[2][Ende März hatte der VGH] zunächst nur das Ergebnis der Normenkontrolle | |
mitgeteilt: Die Satzung über die Tübinger Verpackungsverordnung ist | |
„[3][unwirksam]“. Nun liegt auch die Begründung vor. Danach hat der | |
Tübinger Gemeinderat vor allem zwei Fehler gemacht. | |
Im Mittelpunkt steht der Vorwurf, dass Tübingen keine kommunale | |
Verpackungssteuer einführen durfte, weil dies gegen Bundesrecht verstößt. | |
Der Bund habe in seinem Verpackungsgesetz von 2017 detaillierte Regelungen | |
zur Vermeidung und Verwertung von Abfällen vorgesehen, aber eben keine | |
Verpackungssteuer. Da es sich beim Bundesgesetz um ein „geschlossenes | |
System“ handele, so der VGH, seien Zusatzregelungen durch einzelne Städte | |
ausgeschlossen. | |
Hier könnte jedoch der Bundestag Abhilfe schaffen, indem er das | |
Verpackungsgesetz ändert und Kommunen die Einführung von Verpackungssteuern | |
ausdrücklich erlaubt. An eine derartige Option ist bisher aber nicht | |
gedacht, heißt es im Haus von Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne). | |
## Mit dem Capuccino nach Reutlingen | |
Tübingen hatte sich auf seine Befugnis berufen, örtliche Verbrauchssteuern | |
zu beschließen. Doch auch hier hatte der VGH Einwände, weil nicht nur | |
Speisen erfasst werden, die vor Ort gegessen werden, sondern auch Produkte | |
zum Mitnehmen („To go“). Es sei deshalb nicht gewährleistet, dass die | |
Verpackung auf Tübinger Gebiet entsorgt oder weggeworfen wird. | |
OB Palmer fand das wenig überzeugend: „Es entspricht nicht der | |
Lebenswirklichkeit, sich in der Tübinger Fußgängerzone einen Cappuccino to | |
go zu kaufen und damit bis nach Reutlingen zu fahren, um ihn dort zu | |
trinken.“ | |
Der VGH hat die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen. Der | |
Tübinger Gemeinderat will am 28. April entscheiden, ob er Rechtsmittel | |
einlegt. Da das VGH-Urteil noch nicht rechtskräftig ist, wird die Tübinger | |
Verpackungssteuer vorerst weiter erhoben. | |
Umweltministerin Lemke wies unterdessen den Vorwurf zurück, die | |
Bundespoliktik unternehme zu wenig gegen Einwegverpackungen. Sie verwies | |
dabei vor allem auf drei Projekte. Schon seit Juli 2021 sind | |
Wegwerfprodukte aus Plastik wie Einmalbesteck und -teller verboten. Das | |
gleiche gilt für Styropor-Becher, Trinkhalme und Rührstäbchen. | |
Ab Jahreswechsel 2023 müssen Restaurants, Bistros und Imbisse ihre Speisen | |
oder Getränken für unterwegs auch in einer Mehrwegverpackung anbieten. | |
Diese darf nicht teurer sein als eine Einwegverpackung. Ausgenommen sind | |
Betriebe mit weniger als 80 Quadratmeter Fläche und maximal fünf | |
Mitarbeiter:innen. Für die Filialen von Ketten gelten diese Ausnahmen | |
nicht. Schließlich ist derzeit ein Gesetzentwurf Lemkes in der Anhörung, | |
mit dem eine „Plastikabgabe“ (offizieller Name: „Einwegkunststoffabgabe�… | |
eingeführt werden soll. Bezahlen sollen sie unter anderem die Hersteller | |
von To-Go-Lebensmittelbehältnissen aus Plastik und Plastik-Getränkebechern | |
(soweit sie noch erlaubt sind). | |
Die Einnahmen sollen in einen „Einwegkunstofffonds“ fließen, der sie dann | |
an die Kommunen weiterverteilt. Städte und Gemeinden können damit dann das | |
Einsammeln von herumliegendem Plastikmüll auf Straßen und Plätzen | |
finanzieren. Bisher zahlte dies die Allgemeinheit. | |
13 Apr 2022 | |
## LINKS | |
[1] /petition-der-woche/!5807175 | |
[2] /Tuebinger-Einwegsteuer-gekippt/!5841752 | |
[3] /Tuebinger-Einwegsteuer-gekippt/!5841752 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
## TAGS | |
Verpackungen | |
Tübingen | |
Boris Palmer | |
Gerichtsprozess | |
Verpackungsmüll | |
Müll | |
Müll | |
Schwerpunkt Überwachung | |
Gerichtsprozess | |
Müll | |
Bündnis 90/Die Grünen | |
Schwerpunkt Rassismus | |
Schwerpunkt Rassismus | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Verpackungssteuer in Tübingen: Meckes is not lovin' it | |
Tübingen geht mit einer Verpackungssteuer gegen Einwegbecher und | |
Essensverpackungen vor. Darf es auch, hat das Bundesverwaltungsgericht | |
entschieden. | |
Teure Müllentsorgung: Wer vermüllt, soll zahlen | |
Das Umweltministerium will Hersteller von Einwegplastik an den Kosten der | |
Abfallentsorgung beteiligen. Die Gesetzesvorlage soll im Herbst vorliegen. | |
Ausgrabungen am Wochenende: Sisyphos beim Müllsammeln | |
Jedes Jahr machen wir Frühjahrsputz am Ufer der Havel. Jedes Jahr liegt da | |
der gleiche Plastikmüll. Fragen eines auflesenden Müllwerkers. | |
Bayrisches Verfassungsschutzgesetz: Karlsruhe kippt Überwachungsgesetz | |
Laut Bundesverfassungsgericht verstoßen Befugnisse des bayerischen | |
Verfassungsschutzes gegen das Grundgesetz. Dabei geht es insbesondere um | |
Überwachungstechnik. | |
Mord an Frederike von Möhlmann 1981: Wiederaufnahme von Prozess möglich | |
Für einen neuen Prozess im Mordfall von Möhlmann änderte der Bundestag das | |
Gesetz. Richter:innen gaben nun grünes Licht für einen neuen Anlauf. | |
Tübinger Einwegsteuer gekippt: McDonald’s siegt | |
Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim hat die Tübinger Verpackungsabgabe für | |
unwirksam erklärt. Das dortige Experiment ist damit vorerst gescheitert. | |
Boris Palmer bei der Tübinger OB-Wahl: Parteilose Kandidatur | |
Boris Palmer will im Herbst parteilos für das Amt des Oberbürgermeisters | |
kandidieren. Hintergrund: dem Noch-Grünen-Politiker droht der Rauswurf aus | |
der Partei. | |
Umstrittener Bürgermeister Tübingens: Palmer sagt den Grünen ab | |
Der Tübinger OB wird nicht erneut für die Grünen antreten, gegen ihn läuft | |
ein Ausschlussverfahren. Offen bleibt, ob er parteilos kandidiert. | |
Umstrittener Bürgermeister Tübingens: Palmer tritt nicht für Grüne an | |
Boris Palmer will sich nicht mehr um die Spitzenkandidatur der Tübinger | |
Grünen bemühen. Gegen ihn läuft ein Ausschlussverfahren wegen | |
Rassismusvorwürfen. |