# taz.de -- Verpackungssteuer in Tübingen: Meckes is not lovin' it | |
> Tübingen geht mit einer Verpackungssteuer gegen Einwegbecher und | |
> Essensverpackungen vor. Darf es auch, hat das Bundesverwaltungsgericht | |
> entschieden. | |
Bild: Die Verpackungssteuer in Tübingen muss auch von McDonald's bezahlt werden | |
TÜBINGEN/LEIPZIG dpa | – Die Universitätsstadt [1][Tübingen] will mit einer | |
eigenen Verpackungssteuer gegen Müllberge aus Pommesschachteln und | |
Kaffeebechern vorgehen – und hat dafür jetzt Rückenwind vom | |
Bundesverwaltungsgericht erhalten. Das oberste deutsche Verwaltungsgericht | |
in Leipzig erklärte am Mittwoch die Tübinger Verpackungssteuersatzung im | |
Wesentlichen für rechtmäßig ((Az.: BVerwG 9 CN 1.22). | |
Die Betreiberin einer McDonald's Filiale in Tübingen hatte dagegen geklagt, | |
unterstützt von dem Fast-Food-Konzern. Tübingens Oberbürgermeister Boris | |
Palmer (parteilos) sprach nach der Urteilsverkündung von einem „tollen Tag | |
für Tübingen und für den Klimaschutz allemal“. | |
McDonald's bedauerte die Entscheidung des Gerichts und kündigte an, dass | |
die Franchise-Nehmerin eine Verfassungsbeschwerde prüfen wolle. „Aktuell | |
gilt es nun erst einmal, noch die schriftliche Begründung des Gerichts | |
abzuwarten“, hieß es vom Konzern. | |
Seit Anfang 2022 werden in Tübingen je 50 Cent für Einweggeschirr und | |
Einwegverpackungen sowie 20 Cent für Einwegbesteck fällig. Pro | |
„Einzelmahlzeit“ sollte die Steuer laut Satzung auf höchstens 1,50 Euro | |
beschränkt sein. Zahlen müssen die Verkäufer der Speisen und Getränke – | |
nach Angaben der Stadt rund 440 Betriebe in Tübingen. | |
## In der Vorinstanz hatte McDonald's gewonnen | |
In der Vorinstanz beim Verwaltungsgericht (VGH) in Mannheim hatte | |
[2][McDonald's] gewonnen. Gegen dieses Urteil hatte Tübingen Revision | |
eingelegt, über die jetzt in Leipzig entschieden wurde. | |
Die baden-württembergischen Richter waren davon ausgegangen, dass Tübingen | |
die Kompetenz für die Einführung der Verpackungssteuer fehle. Es handele | |
sich nicht um eine örtliche Steuer. Außerdem sah der VGH die Tübinger | |
Steuer im Widerspruch zum Abfallrecht des Bundes. Dieses schließe | |
zusätzliche Regelungen einzelner Kommunen aus. Der VGH hatte sich stark an | |
einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes orientiert, das 1998 eine sehr | |
ähnliche Verpackungssteuersatzung der Stadt Kassel für nichtig erklärt | |
hatte. | |
Das Bundesverwaltungsgericht wies in der mündlichen Verhandlung wiederholt | |
darauf hin, dass sich das Abfallrecht in den vergangenen 25 Jahren geändert | |
habe. In einem Eingangsstatement betonte die Vorsitzende Richterin Prof. | |
Ulrike Bick zudem die Größe des Problems. Sie zitierte Zahlen der Deutschen | |
Umwelthilfe (DUH), wonach in Deutschland jährlich 2,8 Milliarden | |
Einwegbecher verbraucht würden. „Diese enorme Zahl zeigt, dass es nicht nur | |
ein Abfall-, sondern auch ein Ressourcenproblem ist.“ | |
## Verpackungen bleiben oft im Gemeindegebiet | |
Anders als der VGH gehen die Bundesrichter davon aus, dass Mahlzeiten zum | |
Mitnehmen meist sehr bald gegessen werden, die Verpackungen also | |
„typischerweise“ im Gemeindegebiet bleiben. Dass die Tübinger Satzung auch | |
„to go“-Verpackungen umfasse, spreche also nicht dagegen, dass es eine | |
örtliche Steuer sei. Auch einen Widerspruch zu Abfallregeln des Bundes und | |
der EU erkannte der Senat nicht. Vielmehr verfolgten alle – der Bund, die | |
EU und die Stadt Tübingen – dasselbe Ziel. | |
Die Anwälte von McDonald's hatten vor einem bundesweiten Flickenteppich | |
gewarnt, sollte sich Tübingen durchsetzen. „Es wird mindestens 80 Kommunen | |
geben, die Verpackungssteuersatzungen erlassen“, sagte Anwalt Peter | |
Bachmann. Für bundesweit tätige Unternehmen wie McDonald's sei das kaum zu | |
bewältigen. | |
Die Umwelthilfe forderte Städte und Gemeinden auf, dem „Tübinger | |
Erfolgsmodell“ zu folgen und den Druck auf Bundesumweltministerin Steffi | |
Lemke (Grüne) zu erhöhen, damit eine bundesweite Einweg-Abgabe auf „to | |
go“-Verpackungen eingeführt wird. Von McDonald's forderte sie einen | |
umfassenden Umstieg auf klimafreundliche Mehrweg-Alternativen. Der Verband | |
kommunaler Unternehmen begrüßte, dass Kommunen mit Steuern gegen eine | |
Vermüllung vorgehen können. | |
25 May 2023 | |
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