# taz.de -- Kommentar SPD-Wahlprogramm: Gerechtigkeit für die SPD | |
> Der Fehler, auf den die SPD zusteuert, ist nicht dieses Programm. Eher | |
> schon die Neigung, Rot-Rot-Grün ganz von der Tagesordnung zu verbannen. | |
Bild: Wenig Inhalt: Im Programm fehlt Konkretes zur Steuer- und Rentenpolitik | |
Ein Regierungsprogramm ohne die Kernbereiche Steuern und Rente zu | |
präsentieren, [1][wie es die SPD am Montag getan hat], wirkt unsouverän. Es | |
nährt den Verdacht, dass Entscheidendes zurückgehalten wird, womöglich aus | |
Furcht, es werde im Säurebad öffentlicher Kritik zerstört. Sogar für | |
SPD-Verhältnisse ist der derzeitige Mangel an Timing und politischem Gespür | |
außergewöhnlich. Schulz & Co. halten sich sogar die Möglichkeit offen, | |
Steuerpolitik auch noch beim Parteitag Ende Juni auszuklammern. Das verrät | |
eine sonderbare Vorstellung von innerparteilicher Demokratie: Die Partei | |
soll offenbar einen Blankoscheck ausstellen. | |
Der Gewinn dieses Zeitplans ist diffus, der Schaden greifbar. Die | |
SPD-Spitze provoziert eine Debatte über ihr Verhältnis zur Partei. Wahlen | |
gewinnt man mit solch konfusen Manövern nicht. | |
All das lenkt vom Wesentlichen ab – dem Programm. Die Ideen der SPD sind | |
besser als ihr lädierter Ruf. Ja, vieles ist noch zu vage. Es reicht nicht, | |
zu fordern, dass mehr Studierende Bafög bekommen – man muss auch ungefähr | |
ansagen, wie viele es sein sollen. Doch addiert man die oft kleinteiligen | |
Vorschläge von Bildung bis Arbeit, von Familien- bis Gesundheitspolitik, | |
ergibt sich durchaus ein Bild: mehr Regeln für den Arbeitsmarkt, mehr | |
Tarifjobs, weniger Zeitarbeit. Die Unternehmer sollen pro Jahr ein paar | |
Milliarden mehr zahlen für die Krankenkassen, die Arbeiternehmer weniger. | |
Bildung soll von der Kita bis zum Master oder Meisterbrief kostenfrei | |
werden. Und Eltern, die weniger arbeiten wollen, sollen maßvoll unterstützt | |
werden. | |
Nichts davon ist sonderlich spektakulär. All das klingt moderat und darauf | |
geeicht, der sozialen Mitte das Leben ein bisschen angenehmer zu machen. | |
Doch im Ganzen ist dies die Skizze eines aufgeklärten Etatismus, der ein | |
bisschen mehr Staat mit den Bedürfnissen einer individualisierten | |
Gesellschaft auszubalancieren versucht. Angesichts der Sehnsucht der | |
Deutschen nach Stabilität, die bis ins linksliberale Spektrum reicht, wäre | |
ein radikalerer Entwurf zu riskant. | |
Der Fehler, auf den die SPD zusteuert, ist nicht dieses Programm. Eher | |
schon die Neigung, Rot-Rot-Grün ganz von der Tagesordnung zu verbannen. | |
Denn klar ist: Selbst Etatismus light ist mit der schneidig | |
staatskritischen Lindner-FDP nicht zu machen. | |
23 May 2017 | |
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## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
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