# taz.de -- Kolumne Dumme weiße Männer: Kartoffelstärke für Deutschland | |
> Die AfD ist eine Parallelgesellschaft weißer Männer. Entsprechend sind | |
> auch ihre Wahlprogramme: quengelig und verschwörungstheoretisch. | |
Bild: Gut aussehen im Weiße-Männer-Ghetto: AfDler beim Bundesparteitag | |
In den AfD-Parteibüros versammelt sich in diesen Tagen ein ganz besonderer | |
Bodensatz der deutschen Gesellschaft: [1][weiße Männer.] 80 Prozent der | |
AfD-Mitglieder sind weiße Männer, 90 Prozent ihrer WählerInnen sind weiße | |
Männer. Wer weiße Männerkultur sucht, wird also dort auch fündig: zwischen | |
[2][Goldverkäufern], [3][Schulden-nicht-Zurückzahlern], [4][mutmaßlichen | |
Scheingehälter-Abrechnern], [5][rassistischen Reproduktionstheoretikern und | |
N-Wort-Sagern]. | |
Die AfD-Wahlprogramme für die Landtagswahlen im März sind ein Konzentrat | |
aus ausgepresster Kartoffelstärke: quengelig, selbstgefällig, | |
verschwörungstheoretisch. Beispielhaft steht jenes [6][für | |
Baden-Württemberg] (eine [7][schöne Zusammenfassung] gibt es von | |
Piratenpolitikerin Katharina Nocun). | |
Dort kämpft die AfD gegen eine übermächtige Gegnerin an, eine vage | |
Koalition aus „etablierten Parteien“ und „gleichgeschalteten Medien“, d… | |
„alle Register der Massenpsychologie und Massensuggestion“ ziehen, die | |
Klimawandel, Gender-Mainstreaming und eine „Überhöhung nicht | |
heterosexueller Menschen“ erfunden haben, um das Volk zu beherrschen. | |
Gottseidank gibt es nun diese Befreiungsbewegung aus weißen Hetero-Männern, | |
die sich im Kampf um die Befreiung des Menschen nicht von „Diffamierungen | |
im Zeichen der ‚politischen Korrektheit‘“ einschüchtern lassen. | |
Aus dem Wahlprogramm sprechen Lebenserfahrungen voller Ungerechtigkeiten. | |
Schulen seien auf Mädchen zugeschnitten, heißt es, und Jungen würden | |
strukturell benachteiligt. Später würden Frauenquoten und | |
Gleichstellungsbeauftragte verhindern, dass Männer die ihnen zustehenden | |
Stellen bekommen. Beides gehört deshalb abgeschafft – damit Männer endlich | |
wieder eine Chance haben. Kinder bräuchten „elterliche Liebe“ heißt es, | |
weshalb – völlig natürlich – Mütter und Hausfrauen mehr geschätzt werden | |
müssten. Väter und Hausmänner gibt es in dieser Welt nicht, die die Partei | |
[8][selbst] [9][eindrücklich] [10][vorlebt]: 107 ihrer | |
LandtagskandidatInnen sind weiße Männer, 14 sind Frauen. | |
Die Idealwelt der AfD findet sich zusammengefasst in ihren Vorstellungen | |
zur Schule wieder: Leistungsorientiert soll es zugehen, mit Lehrern, die | |
„Unterrichtsdisziplin“ konsequent durchsetzen. Behinderte sollen auf | |
Sonderschulen, Migranten auf Förderschulen und Realschüler von Gymnasiasten | |
getrennt bleiben. Gesamtgesellschaftlich sorgt sich die Partei um zu hohe | |
Steuern, mangelnde Rücksicht auf Bauherren und die „Gängelung“ von | |
Hauseigentümern. Arbeitslose dagegen sollen zu gemeinnütziger Arbeit | |
gezwungen werden. | |
Und Einwanderung? „Integration ist unmöglich“ heißt es unmissverständlic… | |
Asylsuchende importierten Konflikte und brächten archaische Sitten und | |
Gebräuche ins Land. Die Konsequenz: Die Einwanderung werde das Ende der | |
„deutschen und europäischen Kultur“ besiegeln. Schuld daran seien | |
„Fehlanreize“, schreibt die Partei der kreativen Buchhalter. | |
## Das eigene Problem bereits erkannt | |
Wie der Quark zum Kartoffelpuffer passt die Klientel, die so ein Programm | |
wählen würde. Eine Analyse des Meinungsforschungsinstituts Forsa zeigt, | |
dass [11][Dummheit nichts mit Bildung oder Wohlstand zu tun hat]: 80 | |
Prozent der AfD-Wähler kommen aus der Ober- und Mittelschicht, mehr als die | |
Hälfte hat Abitur oder studiert. Die [12][Friedrich-Ebert-Stiftung hat | |
zudem festgestellt], dass AfD-Wähler häufiger als die Wähler anderer | |
Parteien – mit Ausnahme der NPD – chauvinistisch, ausländerfeindlich und | |
antisemitisch eingestellt sind, eine Diktatur befürworten oder den | |
Nationalsozialismus verharmlosen. | |
So ist es auch kaum erstaunlich, dass unter Pegidisten besonders viele | |
AfD-Wähler zu finden sind: In einer [13][kürzlich publizierten Umfrage] | |
fanden Forscher des Göttinger Institut für Demokratieforschung, dass 80 | |
Prozent der antwortenden Pegidisten auch die AfD wählen würden. 90 Prozent | |
waren mit der Demokratie in Deutschland unzufrieden, 20 Prozent fanden | |
Demokratie grundsätzlich schlecht. 60 Prozent hatten Verständnis für Gewalt | |
und konnten Minderheitenschutz, Gleichstellung und Vielfalt „nichts | |
abgewinnen“. Auch hier fanden sich kaum „prekarisierte Schichten“. | |
Ein homogenes Umfeld, das Gewalt befürwortet, Demokratie ablehnt und | |
kriminalitäts- und extremismusfördernd ist? Irgendwo, in den Tiefen des | |
Wahlprogramms verborgen (auf Seite 23), hat die AfD ihr eigenes Problem | |
schon erkannt. Dort warnt sie weise vor dem „Entstehen problematischer | |
Parallelgesellschaften, die unsere Demokratie ablehnen“ und aus denen | |
kriminelle Banden hervorgehen. | |
Eine Lösung hat sie auch: abschieben. Wohin ist ihr nicht so wichtig. | |
3 Feb 2016 | |
## LINKS | |
[1] /Frauenmangel-bei-der-AfD/!5270261 | |
[2] /AfD-will-in-Goldhandel-einsteigen/!5035446 | |
[3] http://www.faz.net/aktuell/politik/finanzskandal-belastet-afd-kandidat-andr… | |
[4] http://www.spiegel.de/politik/deutschland/thueringen-immunitaet-von-afd-fra… | |
[5] http://www.daserste.de/information/politik-weltgeschehen/monitor/videosexte… | |
[6] http://www.donotlink.com/afd-bw.de/wahlprogramm/ | |
[7] http://kattascha.de/?p=1923 | |
[8] http://www.donotlink.com/www.afd-lsa.de/start/landtagswahl/ | |
[9] http://www.donotlink.com/afd-bw.de/landtagskandidaten/ | |
[10] http://www.donotlink.com/issuu.com/afd_rlp/docs/wahlprogramm_kurz_ansicht | |
[11] http://www.stern.de/politik/deutschland/forsa-analyse-wer-die-afd-waehlt-3… | |
[12] http://www.fes-gegen-rechtsextremismus.de/pdf_14/FragileMitte-FeindseligeZ… | |
[13] http://www.demokratie-goettingen.de/blog/pegida-2016-studie | |
## AUTOREN | |
Lalon Sander | |
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