| # taz.de -- Kaffee, Orangensaft, Olivenöl: Klima lässt die Preise steigen | |
| > Dürre, Starkregen, Hurrikans – die Folgen des Klimawandels vernichten | |
| > Ernten weltweit. Die Qualität leidet, und die Preise für Verbraucher | |
| > steigen. | |
| Bild: Kaffeeernte in Braganca Paulista in Brasilien im April: Die Klimakrise ma… | |
| ## Kaffee | |
| Im Supermarkt kostet Kaffee aktuell [1][etwa 12 Prozent mehr als noch vor | |
| einem Jahr]. An den Rohstoffbörsen werden sogar Rekordpreise ausgerufen – | |
| im Februar kostete ein Pfund zwischenzeitlich 4,33 Dollar, im Juni | |
| vergangenen Jahres waren es noch 2,31 Dollar. Dementsprechend wird sich der | |
| Preis in naher Zukunft wohl nicht erholen. Der Grund: Zuerst | |
| außergewöhnlicher Frost und dann überdurchschnittliche Temperaturen haben | |
| in Brasilien den Kaffeepflanzen in der Blütezeit im Herbst vergangenen | |
| Jahres zugesetzt. Brasilien ist das wichtigste Anbauland für Kaffee. Im | |
| zweitwichtigsten, Vietnam, war es ebenfalls zu trocken. | |
| Dazu kommt: Arabica, der wichtigsten Kaffeesorte, wird es in ihrer | |
| klassischen Anbauzone zwischen 1.400 und 2.000 Metern über dem | |
| Meeresspiegel zu warm. Je höher sie angebaut werden muss, desto kleiner | |
| werden aber die Anbauflächen, weil es immer gebirgiger wird. | |
| „Die klassische Lösung ist Züchtung“, sagt Teja Tscharntke, | |
| Biologieprofessor an der Universität Göttingen und Kaffee-Experte. „Aber | |
| das passiert nicht von heute auf morgen.“ Kaffeesträucher ließen sich nicht | |
| so schnell züchten wie die kurzlebigeren Kräuter, „das kann mehr als zehn | |
| Jahre dauern“. | |
| Auch die robustere Sorte, die in Vietnam angebaut und nützlicherweise | |
| „Robusta“ genannt wird, steht vor Problemen: Sie kommt zwar mit höheren | |
| Temperaturen zurecht und wird im Tiefland angebaut, sodass sie nicht wie | |
| Arabica immer höher wandern muss. Dafür ist Robusta deutlich stärker auf | |
| Wildbienen-Bestäubung angewiesen – doch die Insekten leiden ebenfalls unter | |
| dem Klimawandel: „Beim Hochlandkaffee Arabica können bis zu 50 Prozent des | |
| Fruchtansatzes von Bienen-Bestäubung abhängig, beim Tieflandkaffee Robusta | |
| mehr als 90 Prozent“, sagt Tscharntke. Ohne Bestäubung während der | |
| Blütezeit kein Fruchtansatz, und kein Fruchtansatz bedeutet: keine | |
| Kaffeebohne. | |
| ## Orangensaft | |
| Die diesjährige Orangenernte in Brasilien ist immerhin nicht so | |
| katastrophal wie im vergangenen Jahr. „Das könnte zu einer Entspannung der | |
| Preise führen“, sagt Klaus Heitlinger, Geschäftsführer des Verbands der | |
| deutschen Fruchtsaft-Industrie VdF. 80 Prozent des weltweit gehandelten | |
| Orangensafts besteht aus brasilianischen Früchten. | |
| Wenn dort, wie im brasilianischen Sommer 2024/25, die schlechteste Ernte | |
| seit 36 Jahren eingefahren wird, schießen die Saftpreise nach oben: Seit | |
| 2020 ist Orangensaft um 50 Prozent teurer geworden. Hohe Temperaturen und | |
| Wassermangel setzen den Orangenbäumen zu. Hinzu kommt die | |
| Citrus-Greening-Krankheit, die ganze Plantagen vernichten kann und bislang | |
| nicht behandelbar ist. Dem VdF zufolge sind in der größten Anbauregion | |
| Brasiliens zwischen 40 und 80 Prozent der Bäume befallen. | |
| Der Preis ist extrem abhängig von Brasilien, Alternativen gibt es kaum: | |
| „Vor 15 Jahren haben Orangen aus dem US-Bundesstaat Florida noch 10 bis 15 | |
| Prozent des Welthandels ausgemacht, jetzt ist Florida als Exporteur | |
| praktisch nicht mehr existent“, sagt Heitlinger. Denn: Die durch den | |
| Klimawandel heftiger und häufiger werdenden Hurrikans reißen die Früchte | |
| von den Bäumen. Orangensaft werde durch den Klimawandel langfristig teuer | |
| bleiben, sagt Heitlinger – auch, weil die Hersteller als Reaktion auf die | |
| schwankenden Ernten mehr Konzentrat in Tanks lagern. Doch auch das treibt | |
| den Preis. | |
| ## Olivenöl | |
| Hitzewellen, Dürre, nächtlicher Frost. In Spanien, dem weltweit größten | |
| Anbauland von Olivenöl, sah es vor allem in den Jahren 2022 und 2023 nicht | |
| gut aus für die Bäume. In den schlechten Jahren sank der Jahresertrag in | |
| Spanien auf nicht einmal die Hälfte der eigentlich üblichen 1,5 Millionen | |
| Tonnen. | |
| „Der Ölbaum kann einiges aushalten an Hitze und Trockenheit, aber auch | |
| seine Anpassungsfähigkeit hat Grenzen“, sagt Jochen Wettach. Der | |
| Lebensmittelchemiker untersucht bei der Stiftung Warentest immer wieder | |
| Olivenöle. Der Test im vergangenen Jahr schaffte eine breite Aufmerksamkeit | |
| dafür, dass die Produkte klimakrisenbedingt teurer werden – und | |
| schlechter.[2][Im vergangenen Jahr mussten Kund:innen laut dem | |
| Statistischen Bundesamt mehr als doppelt so viel zahlen wie 2020] – | |
| mittlerweile sind es nur noch gute 70 Prozent mehr. | |
| „Schlechte Ernten gab es schon immer, aber in so einem großen Anbaugebiet | |
| zwei Jahre in Folge derartige Einbußen, das gab es mindestens in den | |
| letzten Jahrzehnten nicht“, sagt Wettach. Und auch mit einer Entspannung | |
| der Wetterlage verschwindet die Klimakrise nicht aus dem Olivenöl. Denn | |
| eine neue Bedrohung gewinnt an Bedeutung: Schädlinge. Olivenfliege und | |
| Ölbaumblattfloh mögen die milderen Winter. Beschädigte Oliven aber | |
| verschlechtern den Geschmack des Öls, weil sofort Oxidationsprozesse | |
| einsetzen, erklärt Wettach. | |
| Darüber hinaus beschleunigen höhere Temperaturen die Entwicklung der | |
| Pflanze: Blüht sie früher, kann ein Kälteeinbruch die Ernte zerstören. Sind | |
| die Oliven früher reif, kann es bei der Ernte noch zu warm sein – was die | |
| Qualität schmälert. Lassen die Landwirt:innen die Früchte dagegen länger | |
| am Baum, damit die Temperaturen bei der Ernte stimmen, sind sie länger | |
| Witterung und Schädlingen ausgesetzt. | |
| Derweil versuchen sich erste Mutige daran, in Deutschland Oliven anzubauen. | |
| Große Erträge gibt es bislang nicht – aber zumindest kältere Winter als in | |
| Spanien. Noch. | |
| ## Vanille | |
| Der Zyklon „Enawo“ war es, der im März 2017 über Madagaskar fegte. Dutzen… | |
| Menschen starben, aber international lag die Aufmerksamkeit vor allem bei | |
| den zerstörten Pflanzen im größten Vanille-Anbaugebiet der Welt. Knapp 80 | |
| Prozent der angebauten Vanille kommen von der Insel. Infolge der | |
| Zerstörungen stiegen die Preise auf Rekordniveau. Großhändler berichteten | |
| von bis zu 600 US-Dollar für ein Kilo Schoten, wenige Jahre zuvor waren die | |
| Preise noch zweistellig. | |
| Hinzu kommt ein überhitzter Markt: Die Akzeptanz für künstlich | |
| hergestelltes Vanillearoma geht in Industrieländern zurück – trifft dann | |
| ein Zyklon das Hauptanbaugebiet, starten die großen Konzerne Hamsterkäufe, | |
| um genug Vanille für Eis, Kuchen, Softdrinks und Puddingpulver zu haben. | |
| Der jüngste schwere Zyklon, der die Anbaugebiete traf, ist nur ein gutes | |
| Jahr her. Dem Portal Bloomberg sagte Georges Geeraerts, Präsident von | |
| Madagaskars Vanilleexportverband: [3][„Es sind schlechte Zeiten für | |
| Vanille.“] | |
| 7 Jun 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Wegen-Klima-und-Abwanderung/!6088428 | |
| [2] /Olivenernte-und-Klimakrise/!6004916 | |
| [3] https://www.bloomberg.com/news/articles/2024-03-27/global-vanilla-hub-lashe… | |
| ## AUTOREN | |
| Svenja Bergt | |
| Jonas Waack | |
| ## TAGS | |
| wochentaz | |
| Kaffee | |
| Klima | |
| Olivenöl | |
| Vanille | |
| Lebensmittel | |
| Preise | |
| Social-Auswahl | |
| Kaffee | |
| Schwerpunkt Klimawandel | |
| Tannenbäume | |
| wochentaz | |
| CO2-Emissionen | |
| Kaffee | |
| Kaffee | |
| Kolumne Economy, bitch | |
| Landwirtschaft | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Kosten von Kaffee: Aldi Süd und Tchibo streiten über Preise | |
| Kaffeeröster Tchibo wirft dem Discounter vor, Kaffee zu preiswert zu | |
| verkaufen. Nun prüft das Oberlandesgericht Düsseldorf den Fall. | |
| Entwaldung für Kaffeeanbau: Wenn der Wald stirbt, stirbt der Regen | |
| In Brasilien zerstört Kaffee seine eigene Lebensgrundlage: den Regen. Warum | |
| Kaffee ein kannibalistischer Rohstoff ist. Und wie es auch anders geht. | |
| Tannenbäume werden teurer: Frost, Trockenheit, höhere Kosten | |
| Ein Tannenbaum gehört für viele Menschen zu Weihnachten wie Geschenke und | |
| Festessen. Doch dieses Jahr dürften die Bäumchen vielerorts teurer sein. | |
| Debatte um Mindestlohn: Wer beißt in den sauren Apfel? | |
| Der Mindestlohn für Saisonkräfte gefährde den Anbau von Obst und Gemüse in | |
| Deutschland, sagen Agrarunternehmer. Stimmt das? | |
| Studie zur Klimakrise: Noch 3 Jahre, bis 1,5 Grad unvermeidlich sind | |
| Emittiert die Welt Treibhausgas weiter wie bisher, ist bald so viel CO2 in | |
| der Atmosphäre, dass das Pariser Klimaziel dauerhaft überschritten wird. | |
| Wegen Klima und Abwanderung: Kaffee ist teurer | |
| Bohnenkaffee war im April 12 Prozent teurer als vor einem Jahr. | |
| Ernteausfälle wegen Wetterextremen und der Arbeitskräftemangel treiben die | |
| Preise. | |
| Rekordpreise für Kaffeebohnen: Hohe Preise gefährden Genossenschaften | |
| Um die 4 US-Dollar für ein Pfund Kaffeebohnen ist kleinen Händlern zu | |
| teuer. Kooperativen in Peru fürchten, dass nur die großen Konzerne | |
| profitieren. | |
| Kaffeepreise und Kaffeemänner: Denen sind die Kleinbauern Latte (macchiato) | |
| Rohkaffee ist so teuer wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Klimakrise, Finance | |
| Bros oder peinliche Kaffeemänner – wer ist schuld daran? | |
| Wende an den Rohstoffbörsen: Kaffeebauern bejubeln höhere Preise | |
| Kaffeebohnen sind auf dem Weltmarkt so teuer wie seit Jahren nicht mehr. | |
| Das ist eine gute Nachricht für die Produzenten etwa in Lateinamerika. |