# taz.de -- Rekordpreise für Kaffeebohnen: Hohe Preise gefährden Genossenscha… | |
> Um die 4 US-Dollar für ein Pfund Kaffeebohnen ist kleinen Händlern zu | |
> teuer. Kooperativen in Peru fürchten, dass nur die großen Konzerne | |
> profitieren. | |
Bild: Fürchtet die hohen Preise: Kaffeebäuerin María Isabel Gutiérrez von d… | |
Pichanaki taz |Sorgfältig verteilen Männer die Kaffeebohnen auf den | |
riesigen Betonflächen vor dem Hallentrakt der Genossenschaft ACPC Pichanaki | |
zum Trocknen. Pedro Rodríguez, 67-jährige Geschäftsführer der | |
[1][peruanischen Kooperative], zieht die Augenbrauen hoch. „Wir sind früh | |
dran“, sagt er. „Das sind die allerersten Bohnen aus den unteren Lagen von | |
900 bis 1.000 Metern über dem Meeresspiegel.“ | |
Rodríguez stammt aus Pichanaki, einer Kleinstadt rund zehn Fahrtstunden von | |
Lima entfernt. Ein hagerer Typ mit graumeliertem Haar und glattrasiertem | |
Gesicht. Mehr als vierzig Jahre ist er im Kaffeebusiness. Doch eine | |
Situation wie derzeit, wo extrem hohen Kaffeepreisen eine quasi inexistente | |
Nachfrage gegenübersteht, ist ihm neu. | |
„Hier läuft die Ernte an – und unsere Kunden ordern nicht, weil ihnen die | |
Weltmarktpreise zu hoch sind. So hat es das noch nicht gegeben“, sagt | |
Rodríguez und blickt aus seinem Büro durch die Scheiben auf den | |
weitläufigen Platz. Dort taucht ein weiterer Pick-up mit rund einem Dutzend | |
Kaffeesäcken auf. | |
Ein paar Meter entfernt wenden ein paar Männer die Kaffeebohnen in | |
regelmäßigen Abständen mit hölzernen Harken. „So trocknen die Bohnen | |
gleichmäßig, bis sie die 11 bis 12 Prozent Feuchtigkeit enthalten, die wir | |
akzeptieren“, erklärt Rodríguez das Procedere. Heute oder spätestens morgen | |
werden die Kollegen unten in der Halle, wo das Schild mit dem Wort acopio, | |
Ankauf, hängt, die Säcke wiegen, den Ankaufpreis der Genossenschaft | |
auszahlen und den Mitgliedern – knapp ein Drittel Frauen – weiterhin eine | |
gute Ernte wünschen. | |
## Ernteeinbußen treiben die Preise | |
In drei bis vier Durchläufen werden die dicken roten oder auch gelben | |
Kaffeekirschen geerntet, die derzeit an den Kaffeesträuchern rund um | |
Pichanaki hängen. Normal bis gut werde die Ernte ausfallen, kalkulieren | |
Bauern wie Víctor Gutíerrez und Bäuerinnen wie Lidia Orellana González. | |
Beide engagieren sich in der Genossenschaft ACPC Pichanaki und haben heute | |
in der Zentrale zu tun. „Wir sind 108 Frauen unter 376 Genossen, haben | |
unser eigenes Frauenkomitee und eine eigene Kaffeemarke. Wir machen | |
Fortschritte, die Perspektiven sind da“, so die 38-jährige. | |
Wie so viele andere hat sie die guten Ernteaussichten [2][und den hohen | |
Börsenpreis im Kopf]. Die vollen Kaffeebüsche haben die Bäuer:innen ihrer | |
eigenen Arbeit, dem einigermaßen stabilen Klima und dem weitgehenden | |
Ausbleiben der Schädlinge zu verdanken. | |
Die hohen Kaffeepreise auf dem Weltmarkt sind hingegen eine Folge der | |
Ernteeinbußen bei den beiden wichtigsten Anbieterländern: Brasilien und | |
Vietnam. In beiden Staaten haben Dürren dafür gesorgt, dass die Erwartungen | |
an die Erntemengen schlecht sind, Kaffee könnte knapp werden. Hinzu kommt | |
die Spekulation, die die Preise weiter nach oben treibt und für Gewinne bei | |
Tradern sorgt. | |
Gemeinsam sorgt das für Rekordpreise – und die setzen die Kaffeehändler, | |
große und kleine Röster, aber eben auch die Genossenschaften von | |
Kleinbäuer:innen unter Druck setzt. | |
## Großkunden kaufen nicht | |
„Wir befürchten, dass die großen Aufkäufer, die Coyotes, hier in Pichanaki | |
über Land fahren und kaufen, was sie bekommen können – eventuell auch von | |
unseren Mitgliedern“, erklärt Víctor Gutíerrez. Der 59-Jährige arbeitet | |
nebenbei in der Verwaltung der Genossenschaft, er weiß genau, dass | |
Geschäftsführer Pedro Rodríguez gerade genug Kapital hat, um den Ankauf von | |
Kaffee im Gegenwert von drei bis vier Containern zu finanzieren. Doch eine | |
normale Ernte der 377 kleinbäuerlichen Produzent:innen beläuft sich auf | |
rund achtzig Container. | |
Entsprechend nervös ist Pedro Rodríguez. Händeringend wartet er auf | |
Kauforder großer Kunden wie der Hamburger Neumann-Gruppe, Benecke Coffee | |
oder Interamerican Coffee. Er braucht die unterschriebenen Kaufverträge, | |
wenn er bei den Banken Kredite bekommen will, um den Ankauf des Kaffees zu | |
finanzieren. Denn [3][nur einige wenige Kleinröstereien] zahlen bis zu 60 | |
Prozent ihrer Ordermenge vor der Ernte. | |
Doch genau da benötigt Pedro Rodríguez Kapital, um die Kaffeebohnen | |
anzukaufen, die dann ein paar Wochen später per Container nach Hamburg, | |
Liverpool oder Melbourne gehen. Sollte Pedro Rodríguez in ein, zwei Monaten | |
nicht genug Geld haben, um den Kaffee der Genoss:innen zu einem Preis | |
einzukaufen, der zumindest nahe am Weltmarktpreis liegt, werden die | |
Kaffeebäuer:innen an andere verkaufen – und zwar an die Aufkäufer der | |
großen Importeure. | |
Für die im Jahr 2000 gegründete Genossenschaft, die auch die Fairtrade | |
Company Gepa beliefert, wäre das ein Desaster. „Das könnte unsere Existenz | |
gefährden“, sagt Rodríguez und schiebt den Gedanken gleich mit einer | |
Handbewegung wieder weg. Er plant, mit Víctor Gutiérrez auf die großen | |
Kaffeemessen in Kopenhagen und Genf zu reisen. | |
Dort wollen sie ihre Kaffeeproben an die Kunden geben. „Uns bleibt kaum | |
etwas anderes übrig, um den Kaffee unserer Genossen:innen in den Markt | |
zu bringen“, erklärt Pedro Rodríguez etwas hilflos. Für ihn war der Verkauf | |
der Säcke mit dem Logo der ACPC Pichanaki noch nie so schwierig – trotz | |
oder gerade wegen der extrem hohen Preise auf dem Weltmarkt. | |
14 Apr 2025 | |
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## AUTOREN | |
Knut Henkel | |
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