# taz.de -- Justizminister will Strafgesetz ändern: Besserer Schutz gegen Stal… | |
> Stalking soll künftig auch dann strafbar sein, wenn das Opfer dem Druck | |
> nicht nachgibt und sein Leben nicht ändert. | |
Bild: StalkerInnen sollen künftig einfacher vor Gericht gestellt werden können | |
FREIBURG taz | Stalker, die ihr Opfer massiv terrorisieren, sollen sich | |
künftig auch dann strafbar machen, wenn das Opfer dem Druck nicht nachgibt. | |
Eine entsprechende Änderung des Stalking-Paragrafen im Strafgesetzbuch | |
sieht ein jüngst veröffentlichter Gesetzentwurf von Justizminister Heiko | |
Maas (SPD) vor. | |
Seit 2007 ist Stalking strafbar. Es kommt also nicht darauf an, dass der | |
Täter Straftaten wie Hausfriedensbruch und Beleidigung begeht, um seinem | |
Opfer nachzustellen. Es genügt, dass er beharrlich und unerwünscht Kontakt | |
sucht, anruft, droht oder Waren bestellt. Wenn dadurch die Lebensgestaltung | |
des Opfers schwerwiegend beeinträchtigt wird, drohen eine Geldstrafe oder | |
Gefängnis bis zu drei Jahren. Laut Rechtsprechung kommt es also darauf an, | |
dass das Opfer zum Beispiel kaum noch die Wohnung verlässt oder sogar | |
umzieht oder den Arbeitsplatz wechselt. | |
Strafbar macht sich der Täter derzeit also nur dann, wenn das Opfer | |
nachweislich auf seinen Psychoterror reagiert, indem es seine | |
Lebensgestaltung massiv einschränkt oder ändert. Damit verlangt die | |
Rechtsordnung dem Opfer ein Verhalten ab, das eigentlich vermieden werden | |
soll. Der Schutz des Strafrechts versagt, wenn das Opfer äußerlich besonnen | |
und standhaft bleibt. Oft kann sich das Opfer einen Umzug oder einen | |
Arbeitsplatzwechsel auch gar nicht leisten. | |
Justizminister Maas will deshalb den Stalking-Paragrafen so ändern, dass es | |
nicht mehr auf einen Erfolg des Täters ankommt. Seine Nachstellungen | |
müssten dann nur noch „geeignet“ sein, die Lebensgestaltung des Opfers | |
schwerwiegend zu beeinträchtigen. | |
Der Vorschlag hat gute Chancen auf Realisierung, denn Maas greift damit ein | |
Thema auf, dass von Landesjustizministern der Union, insbesondere aus | |
Bayern, schon lange gepusht wird. Auch im Koalitionsvertrag ist eine | |
Verschärfung des Stalking-Paragrafen vorgesehen. | |
Als Ausgleich für die Strafrechtsverschärfung will Maas die Handlungsformen | |
des Stalking auf die oben erwähnten Modalitäten (zum Beispiel Anrufe oder | |
Warenbestellungen) einschränken. Die bisherige Generalklausel „oder eine | |
andere vergleichbare Handlung“ soll gestrichen werden. Maas verweist dabei | |
auf das rechtsstaatliche „Bestimmtheitsgebot“. | |
Eine weitere Änderung hat vor allem prozessuale Bedeutung. Das | |
Strafverfahren soll nicht mehr mit der Begründung eingestellt werden | |
können, dass das Opfer ja Privatklage gegen den mutmaßlichen Täter erheben | |
könne. Hier wurde das Opfer bisher dazu gezwungen, im Prozess selbst als | |
Ankläger dem Täter gegenüberzustehen. Dieser bekam dadurch also die | |
Aufmerksamkeit, die er erzwingen wollte. Deshalb wird das Stalking jetzt | |
aus dem Katalog möglicher Privatklage-Delikte gestrichen. | |
Der Gesetzentwurf von Maas soll vor der Sommerpause ins Kabinett und noch | |
in diesem Jahr vom Bundestag beschlossen werden. Eine Zustimmung des | |
Bundesrats ist nicht erforderlich. Eine Evaluierung des Gesetzes ist drei | |
Jahre nach Inkrafttreten vorgesehen. | |
29 Mar 2016 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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