# taz.de -- Umtriebe an der Uni: Jura-Studentin stalkt Professoren | |
> Youtube-Videos voller Anzüglichkeiten sorgen an der Uni Hamburg für | |
> Unruhe. Die Urheberin zu stoppen, erweist sich als schwierig. | |
Bild: Ratlosigkeit an der Uni: Eine Studentin sorgt mit Unterstellungen für Un… | |
HAMBURG taz | Die Universität Hamburg tut sich schwer mit einer Studentin, | |
die Professoren und Prominente auf Youtube mit Unterstellungen nicht | |
zuletzt sexueller Art heimsucht. Ihr Treiben zu unterbinden ist schwierig, | |
weil ihr nach Angaben der Hamburger Morgenpost mehrere Gutachter | |
Schuldunfähigkeit bescheinigt haben. Die Hochschule wird deshalb | |
möglicherweise erstmals von dem 2003 eingeführten Instrument der | |
Exmatrikulation Gebrauch machen. | |
Die Jura-Studentin produziert laufend wackelige Videos, meist von sich | |
selbst, zuweilen auch in der Konfrontation mit Bademeistern, Busfahrern | |
oder Uni-Mitarbeitern. In ihren auf Youtube verfügbaren Filmen greift sie | |
vor allem zwei Professoren an. Einem wirft sie vor, er gebe ihr aus einem | |
Unterlegenheitsgefühl heraus willkürlich Noten. Einem anderen Professor – | |
wie auch dem Filmregisseur Tom Tykwer –, unterstellt sie, er wolle Sex mit | |
ihr haben oder sie gar dazu nötigen – wobei sie zugleich Sex in Aussicht | |
stellt. | |
Darüber hinaus gibt sie allgemeine Erklärungen etwa zum Staat ab und tritt | |
in einen imaginären Dialog. „Ich bin seit mehr als 30 Jahren Überfliegerin | |
und ich weiß, wie ich mit den Neidern umgehen muss, weil das bei mir | |
tatsächlich so ist, dass ich immer und überall im Recht bin“, sagt sie in | |
dem Video „Warum Professor Dr. Oeter ein Problem hat“. | |
Der Professor kann sich nicht erinnern, etwas Vergleichbares schon erlebt | |
zu haben. Allenfalls gebe es mal breit gestreute E-Mails mit | |
Verschwörungstheorien. Der Fall sei nur mit einer „ganz spezifischen | |
Situation“ zu erklären. „Man merkt, wie institutionell hilflos man dagegen | |
ist“, sagt der Jura-Professor. Löschungsanträge bei Youtube und Facebook zu | |
stellen, sei wie der Wettlauf von Hase und Igel, weil die Studentin unter | |
anderen Titeln ständig neue Videos hochlade. | |
Mit den Mitteln des Presserechts gegen die Studentin vorzugehen, wäre nach | |
Auskunft einer Fachanwältin jedoch möglich. Das gelte insbesondere bei | |
sexuellen Unterstellungen, weil diese die Privatsphäre verletzten. Zudem | |
verbiete das [1][Strafrecht] Nachstellungen („Stalking“) „unter Verwendung | |
von Telekommunikationsmitteln oder sonstigen Mitteln der Kommunikation oder | |
über Dritte“. Auf dieser Basis gegen Unterstellungen und Nachstellungen | |
vorzugehen, sei jedoch bei psychisch Kranken bisweilen kontraproduktiv, | |
weil sie ja gerade die Aufmerksamkeit suchten. Nichts zu tun, sei in | |
solchen Fällen manchmal besser. | |
Die Universität hat als Dienstherrin der angegriffenen Mitarbeiter schon | |
eine ganze Reihe von Strafanzeigen gegen die Studentin erstattet, ohne dass | |
das einen Effekt gehabt hätte. Der Hamburger Morgenpost sagte eine | |
Sprecherin der Universität in der vergangenen Woche, es würden die | |
Voraussetzungen für die Einleitung eines Verfahrens zu ihrer | |
Exmatrikulation geprüft. | |
Inzwischen will sich das Präsidium „aus datenschutzrechtlichen Gründen“ | |
nicht mehr zu dem konkreten Fall äußern. Es verweist stattdessen auf das | |
[2][Hamburgische Hochschulgesetz], das eine Exmatrikulation ermöglicht, | |
„wenn eine Studierende der Universität durch schweres schuldhaftes | |
Verhalten erheblichen Schaden zugefügt hat“. | |
Der entsprechende Paragraf war 2003 vom Schwarz-Schill-Senat ins | |
Hochschulgesetz eingefügt worden, unter anderem, um Langzeitstudierende der | |
Hochschule verweisen zu können. Nach Auskunft des Präsidiums ist bisher | |
noch niemand mit der Begründung exmatrikuliert worden, er habe der Uni | |
geschadet. | |
Eine Exmatrikulation würde es der Hochschule erleichtern, ihr Hausrecht | |
wahrzunehmen und die Professoren vor Nachstellungen in ihren Räumen | |
bewahren. Oeter würde sie „im Prinzip“ befürworten. „Sie nervt ja auch … | |
anderen Studierenden“, sagt er. Andererseits befürchtet er, dass das | |
letztlich eine „hilflose Geste“ sein könne. „Sie schadet sich primär | |
selber“, sagt der Professor. „Was können Sie da tun?“ | |
Aus dem gleichen Grund ist es fragwürdig, den Fall publizistisch | |
auszuschlachten. Im [3][Pressekodex], der die Berufsethik der | |
JournalistInnen wahren soll, heißt es: „Liegen konkrete Anhaltspunkte für | |
eine Schuldunfähigkeit des Verdächtigen oder Täters vor, soll auf eine | |
identifizierende Berichterstattung verzichtet werden.“ | |
25 Mar 2016 | |
## LINKS | |
[1] https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__238.html | |
[2] http://www.landesrecht-hamburg.de/jportal/portal/page/bshaprod.psml?showdoc… | |
[3] http://www.presserat.de/pressekodex/pressekodex/#panel-ziffer_8__schutz_der… | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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