| # taz.de -- Kommentar Stalking-Gesetz: Neue Lücken | |
| > Das bisherige Stalking-Gesetz ist kaum wirksam. Die geplante Verschärfung | |
| > ist deshalb sinnvoll, führt aber zu weiteren Unsicherheiten für Opfer. | |
| Bild: Nur 236 Stalker wurden 2013 verurteilt | |
| Stalking ist kein Kavaliersdelikt und auch kein Ausdruck eines | |
| Mimosenstrafrechts. Wer andere hunderte Mal unerwünscht anruft, ihnen | |
| ständig auflauert, sinnlose oder peinliche Waren für sie bestellt, betreibt | |
| Psychoterror und kann Menschen fertigmachen. | |
| Die 2007 eingeführte Strafbarkeit des Stalking läuft derzeit aber noch | |
| weitgehend leer. Im Jahr 2013 wurden nur 236 Täter verurteilt, obwohl es | |
| laut Kriminalstatistik 19.775 Tatverdächtige gab. Das zeigt zum einen, dass | |
| die Strafvorschrift ganz sicher nicht exzessiv angewandt wird, was bei | |
| ihrer Einführung manche unter den Liberalen befürchteten. Eine | |
| Verurteilungsquote von rund einem Prozent ist aber doch so gering, dass es | |
| sich lohnt, den Strafparagrafen näher zu betrachten. | |
| Und tatsächlich scheitert die Verurteilung oft daran, dass das Opfer sich | |
| dem Terror des Täters nicht beugt und sein Verhalten nicht ändert. Das | |
| unbeugsame Opfer leidet damit am Ende oft mehr als derjenige, der ausweicht | |
| und versucht, sich unsichtbar zu machen. | |
| Trotzdem führt die Standhaftigkeit heute dazu, dass der Stalking-Paragraf | |
| nicht greift, weil er einen Erfolg voraussetzt. Der Täter kann sich durch | |
| den Freispruch oder die Einstellung des Verfahrens dann sogar noch ermutigt | |
| fühlen. Gut, wenn das künftig geändert wird. | |
| ## Aufforderung an Stalker | |
| Unverständlich ist aber, dass Justizminister Maas als Ausgleich die | |
| möglichen Tatmodalitäten auf vier ausdrücklich benannte eingrenzen will | |
| (unter anderem das beharrliche Anrufen und Bestellen von Waren). Die | |
| bisherige Generalklausel, die auch „andere vergleichbare Handlungen“ | |
| erfasste, soll entfallen. | |
| Das ist geradezu eine Aufforderung an Stalker, Gesetzeslücken zu suchen. So | |
| wäre etwa das Schalten von Todesanzeigen oder das Beschmieren des Fahrzeugs | |
| mit Kot nicht mehr erfasst. Wer diese Lücke im Gesetz öffnet, meint es mit | |
| dem Schutz der Opfer nicht wirklich ernst. | |
| 30 Mar 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Christian Rath | |
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