# taz.de -- Strafverfolgung in Europa: Hausdurchsuchung in Berlin für Paris | |
> Die Polizei-Kooperation soll besser werden: Justizminister Maas legt ein | |
> Gesetz zur Europäischen Ermittlungsanordnung vor. | |
Bild: Europäisches Symbolbild | |
FREIBURG taz | Die deutsche Polizei soll auch dann Wohnungen durchsuchen | |
und Telefone abhören können, wenn dies die Staatsanwaltschaft in einem | |
anderen EU-Staat anordnet. Dies sieht ein Gesetzentwurf von Justizminister | |
Heiko Maas (SPD) vor. | |
Er will damit die EU-Richtlinie zur Europäischen Ermittlungsanordnung (EEA) | |
umsetzen. Die EU ist auch ein Binnenmarkt für Straftäter. Sie verüben ihre | |
Straftaten gezielt in anderen EU-Staaten oder flüchten nach der Tat über | |
die Grenze. Bei Internetkriminalität kann der Täter in anderen EU-Staaten | |
sogar dann Schaden anrichten, wenn er noch nie dort war. In all diesen | |
Fällen ist eine enge Zusammenarbeit der Polizeibehörden erforderlich. | |
Das geplante EEA-Gesetz sieht nun vor, dass ein Gericht oder eine | |
Staatsanwaltschaft in einem anderen EU-Staat eine EEA erlassen kann, die | |
die deutsche Polizei so umsetzen muss, als wäre sie aus einem anderen | |
deutschen Bundesland gekommen. | |
Das kann eine Hausdurchsuchung betreffen, eine Beschlagnahmung, die | |
Überwachung von Telefon- und E-Mail-Verkehr, die audiovisuelle Vernehmung | |
von Beschuldigten oder sogar den Einsatz ausländischer verdeckter | |
Ermittler. | |
Fast alle EU-Staaten nehmen am EEA-System teil, nur Dänemark und Irland | |
verzichten darauf. Die deutsche Polizei ist dabei nicht nur Dienstleister | |
für ausländische Staatsanwaltschaften, sondern kann selbst von der | |
Zusammenarbeit profitieren, wenn sich etwa Beschuldigte oder Beweismittel | |
in anderen EU-Staaten befinden. Auch deutsche Beschuldigte können so | |
versuchen, Entlastungsbeweise aus anderen EU-Staaten zu beschaffen. | |
## Einsatz verdeckter Ermittler darf abgelehnt werden | |
Die EEA-Richtlinie geht auf einen belgischen Vorschlag aus dem Jahr 2011 | |
zurück. Deutschland war ursprünglich skeptisch, weil die deutsche Polizei | |
die ausländischen Anordnungen fast automatisch hätte umsetzen müssen. Der | |
Bundestag beschloss deshalb sogar eine ablehnende Stellungnahme. Dann hat | |
die Bundesregierung aber noch Gründe in die Richtlinie hineinverhandelt, | |
die es der Polizei erlauben, eine EEA abzulehnen. Am Ende stimmte deshalb | |
auch Deutschland zu. | |
So sind alle Maßnahmen unzulässig, die die Grundrechte der Betroffenen | |
verletzen. Dazu gehören unverhältnismäßige Maßnahmen wie das Durchsuchen | |
der Wohnung, um einen kleinen Ladendiebstahl aufzuklären. Die Polizei muss | |
auch keine Amtshilfe leisten, wenn die aufzuklärende Tat in Deutschland | |
weder strafbar noch ordnungswidrig wäre. Die meisten Maßnahmen muss die | |
Polizei nur ausführen, wenn sie auch in Deutschland für dasselbe Delikt | |
zulässig wären. So darf beispielsweise in Deutschland kein Telefon abgehört | |
werden, um eine mutmaßliche Beleidigung aufzuklären. | |
Der Einsatz ausländischer verdeckter Ermittler darf abgelehnt werden, wenn | |
mit dem Herkunftsstaat keine Einigung über Dauer und Zweck der Spitzelei | |
möglich ist. Auch Sicherheitsinteressen Deutschlands ermöglichen die | |
Ablehnung von EEAs aus anderen EU-Staaten. Soweit in Deutschland für eine | |
Maßnahme ein Richtervorbehalt besteht, muss zudem die Ausführung der EEA | |
durch einen deutschen Richter genehmigt werden. | |
In der Praxis ist die polizeiliche Zusammenarbeit der EU-Staaten auch jetzt | |
schon recht eng, vor allem in grenznahen Regionen. Die klassische und | |
umständliche Rechtshilfe über die jeweiligen Regierungen ist längst passé; | |
direkte Kontakte zwischen den Staatsanwaltschaften und Polizeibehörden sind | |
üblich. Neu sind insbesondere konkrete Fristen. So muss die deutsche | |
Polizei künftig auf EEA-Aufforderung binnen 24 Stunden ein Beweismittel | |
sichern. Das deutsche EEA-Gesetz muss zum 22. Mai 2017 in Kraft treten. | |
1 Apr 2016 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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