# taz.de -- Joe Bidens Asylpolitik: USA lassen wieder draußen warten | |
> Unter Trump hatten Asylsuchende auf mexikanischer Seite auf ihr Verfahren | |
> warten müssen. Joe Biden stoppte diese Maßnahme – und führt sie jetzt | |
> wieder ein. | |
Bild: Ein US-Grenzschutzbeamter führt mehrere Migranten an der mexikanischen G… | |
BERLIN taz | Nach einer Übereinkunft mit der mexikanischen Regierung hat | |
die US-Regierung unter Präsident Joe Biden die umstrittene Maßnahme wieder | |
eingeführt, nach der Asylsuchende an der US-mexikanischen Grenze den | |
Ausgang des Verfahrens [1][auf der mexikanischen Seite abwarten] müssen. | |
Diese unter dem Titel „Remain in Mexico“ bekannt gewordene Praxis war unter | |
Präsident Donald Trump im Februar 2019 eingeführt und von den damals | |
oppositionellen Demokrat*innen stets kritisiert worden. Folgerichtig | |
hatte Biden sie unmittelbar nach seiner Amtsübernahme [2][abgeschafft]. | |
Doch zwei Bundesstaaten, Texas und Missouri, hatten dagegen geklagt und von | |
einem Bundesrichter recht bekommen. Die Biden-Regierung ging in Berufung, | |
doch der konservativ besetzte Oberste Gerichtshof wies einen entsprechenden | |
Eilantrag ab. | |
So sah sich Bidens Regierung, in diesem Fall repräsentiert durch den | |
Heimatschutzminister Alejandro Mayorkas, gezwungen, die Praxis wieder | |
einzuführen – obwohl Mayorkas selbst noch im Oktober kurz vor der | |
Entscheidung des Obersten Gerichtshofs argumentiert hatte: „Es gibt dem | |
Programm inhärente Probleme, die auch mit noch so vielen Finanzmitteln | |
nicht zu lösen sind.“ | |
Die Praxis war von Trump eingeführt worden, um Asylsuchende und | |
Migrant*innen aus Zentralamerika davon abzuhalten, überhaupt den Weg an | |
die Nordgrenze Mexikos anzutreten. Zeitweise harrten Tausende Menschen über | |
Monate in Zeltstädten an der Grenze aus – unter prekären gesundheitlichen | |
Bedingungen und unter ständiger Bedrohung durch Kriminelle. | |
## Willkürliche Abweisung an der Grenze | |
In Bidens Regierungszeit war anders verfahren worden – allerdings ließ auch | |
die neue Regierung längst nicht alle auf US-amerikanisches Territorium, die | |
sich an der Grenze einfanden. Unter Berufung auf den ebenfalls unter Trump | |
eingeführten „[3][Titel 42]“ wurde im Gegenteil recht willkürlich | |
entschieden, wer ins Land durfte und wer nicht. „Titel 42“ dient offiziell | |
der Bekämpfung der Coronapandemie und erlaubt die Abweisung von Menschen an | |
der Grenze. | |
Berichten zufolge wurden etwa im Oktober rund 57 Prozent der Menschen | |
zurückgewiesen – von denen, die bleiben durften, stammt rund die Hälfte aus | |
Venezuela, Nicaragua, Kuba und Brasilien. | |
Ohne eine Übereinkunft mit Mexiko wäre die vom Gericht verordnete Rückkehr | |
zum „Remain-in-Mexico“-Programm kaum umsetzbar gewesen. Die hat die | |
Biden-Regierung nun erreicht, doch es ist nicht wirklich klar, unter | |
welchen Bedingungen sich Mexikos Regierung darauf eingelassen hat. | |
## Anhaltende Kritik | |
Immerhin startet in dieser Woche ein US-finanziertes Hilfsprogramm für die | |
Länder des Nördlichen Dreiecks, Guatemala, Honduras und El Salvador – | |
Stichwort: Bekämpfung der Fluchtursachen. Das hatte auch Mexikos Regierung | |
unter dem linkspopulistischen Präsidenten Andrés Manuel López Obrador | |
gefordert. | |
Doch die Kritik an der neu-alten Praxis ist nicht verstummt. Zwar hat die | |
Biden-Regierung zugesichert, zumindest die Verfahrensdauer abzukürzen und | |
binnen längstens sechs Monaten über die Asylanträge zu entscheiden – das | |
wäre deutlich kürzer als noch unter Trump. Das UN-Hochkommissariat für | |
Flüchtlinge (UNHCR) verurteilt die Maßnahme dennoch in einer Stellungnahme: | |
„Die vorgestellten Veränderungen reichen nicht aus, um die grundsätzlichen | |
Bedenken gegen diese Politik auszuräumen“, schrieb das UNHCR. | |
Unterdessen hat die Biden-Regierung bereits im Oktober ein weiteres | |
Gerichtsverfahren angestrengt, um das Programm stoppen zu können. Beim | |
Bundesberufungsgericht in New Orleans liegt ein wesentlich detaillierter | |
begründeter Antrag der Regierung zur Entscheidung. Sollte das Gericht dem | |
Folge leisten, heißt es in Washington, würde die Praxis erneut sofort | |
gestoppt. | |
3 Dec 2021 | |
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## AUTOREN | |
Bernd Pickert | |
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